Langzeitarbeitslosigkeit ist Problem der Region

Ostalb

Rems-Zeitung

Mit rund 15 000 Euro ist der finanzielle Ertrag der Predigt– und Kollektenaktion für das Regionale Bündnis für Arbeit nicht so gut ausgefallen wie erhofft. Das hat der Vorsitzende, Dekan Dr. Pius Angstenberger, bei der jüngstenMitgliederversammlung eingeräumt.

Samstag, 18. Februar 2012
Rems-Zeitung, Redaktion
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OSTALBKREIS (tu). Mit Landrat Klaus Pavel war er sich jedoch einig, dass die Aktion das Bewusstsein der Öffentlichkeit dafür geschärft hat, dass es allen positiven Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt zum Trotz das Problem der Langzeitarbeitslosigkeit gibt. Und dies hat sich sogar verfestigt, wie der Bereichsleiter der Aalener Agentur für Arbeit, Ralf Steeg, unterstrich. Die Kollekte, hieß es, hat daher einen Grundstock für ein Projekt zur Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit gelegt, das zurzeit entwickelt wird.
An der Aktion im Herbst, bilanzierte Angstenberger, haben sich 71 Kirchengemeinden im Kreis beteiligt. 54 Frauen und Männer predigten in 88 Gottesdiensten und machten auf das Problem aufmerksam. „Ich finde die Aktion vorbildlich und sehr gelungen“, sagte der Vorsitzende.
Wo der Hase im Pfeffer liegt auf dem Arbeitsmarkt auf der Ostalb, machte Ralf Steeg deutlich. Die Arbeitslosigkeit steigt seit November saisonal bedingt leicht an, die Arbeitslosenquote liegt bei 3,8 Prozent. Somit sind rund 6000 Menschen im Ostalbkreis ohne Arbeit. Aber: 2000, also jeder Dritte von ihnen, gelten als langzeitarbeitslos, davon sind wiederum 1500 Hartz-​IV-​Bezieher. 40 Prozent der Arbeitslosen sind älter als 50 Jahre, fast jeder zweite jugendliche Erwerbslose hat keine abgeschlossene oder auf dem Arbeitsmarkt verwertbare Ausbildung. Sie könnten also nicht von der guten wirtschaftlichen Entwicklung profitieren. Und die zeige sich beispielsweise daran, dass die Nachfrage nach Fachkräften sehr hoch sei. Die Betriebe müssten jetzt schon Personalplanung betreiben, denn bis 2020 sinken die Schülerentlasszahlen um 20 Prozent, außerdem schieden viele ältere Mitarbeiter aus.
Der Langzeitarbeitslosigkeit will die Agentur für Arbeit in Aalen nun deutlich den Kampf ansagen, kündigte Steeg an. So werde ein Team von zwölf Beratern gebildet, das sich zum Ziel setzt, Langzeitarbeitslose wieder in Arbeit zu bringen. Diese Personengruppe werde intensiv betreut, wozu beispielsweise auch Schuldner– oder Suchtberatung gehören könne, man mache ihr aber auch Qualifizierungsangebote. Sie werde sogar in der ersten Zeit einer neuen Beschäftigung begleitet. Steeg: „Das wird eine Begleitung von A bis Z.“
In den kommenden beiden Jahren sei ihm um die jungen Menschen nicht bange, sagte Landrat Pavel. Die Ausbildungsplatzmesse am vergangenen Wochenende in Aalen habe gezeigt, dass sich die Firmen wie noch nie um den Nachwuchs bemühen. Pavel: „Wir aber müssen uns um die kümmern, die jetzt schon Probleme haben.“ Konkret bedeute dies, nicht weiterhin die Passivität zu finanzieren, sondern Arbeit. Hier liege der Kreis auf einer Linie mit der Landesregierung.
Dem Landrat schweben beispielsweise Trainingscenter in den Betrieben vor, außerdem sollen weitere Ein-​Euro-​Jobs geschaffen werden, um das Arbeiten zu trainieren. Und schließlich soll eine Kinderbetreuung für Alleinerziehende organisiert werden, um dieser Personengruppe das Arbeiten zu ermöglichen. Ideen seien gefragt, um etwas zu produzieren, das sich vermarkten lässt. Faktisch wäre dies alles der Einstieg in einen zweiten Arbeitsmarkt. Pavel: „Aber dafür werden wir ordentlich Geld brauchen, einen sechsstelligen Betrag.“
Kassierer Dieter Sorg legte einen zufriedenstellenden Kassenbericht vor. Im Amt bestätigt wurden als zweite Vorsitzende die Wasseralfinger Pfarrerin Ursula Richter und als Schriftführerin Hildegard Seibold.
Das Bündnis für Arbeit fördert
seit zehn Jahren die Jobbörse
Bisher schon fördert das Bündnis die seit elf Jahren bestehende Jobbörse der Katholischen Betriebsseelsorge Ostwürttemberg in Aalen. Betriebsseelsorger Dr. Rolf Siedler berichtete bei der Mitgliederversammlung, der wirtschaftliche Aufschwung gehe an seiner Klientel vorüber. Zwar habe man im vergangenen Jahr auch Erfolge verzeichnen können, als etwa ein 56-​Jähriger wieder in eine feste Arbeitsstelle habe vermittelt werden können. Es habe aber auch Rückschläge gegeben, so als derselbe 56-​Jährige wegen gesundheitlicher Probleme seine Arbeit habe wieder aufgeben müssen. Insgesamt seien bei der Jobbörse 50 Leute registriert, davon seien fünf Frauen und 20 Männer ständig im Einsatz. Ihnen wolle man eine Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ermöglichen.
Man habe 71 feste Kunden, für die man 850 Einsätze absolviert habe. Ein „Kind“ des Regionalen Bündnisses ist das Projekt Ausbildungsvermittlung junger Menschen“, bekannt als Kümmerer-​I-​Projekt. Es wird betreut von Herbert Mayer. Er sprach von einer erfolgreichen Bilanz, denn der „Kümmerer“ habe im Schuljahr 2010/​11 insgesamt 294 Schülerinnen und Schüler beraten und unterstützt. 123 Jugendliche seien in Ausbildung oder Arbeit vermittelt worden, 59 Schüler seien in weiterführenden Schulen, 72 in berufsvorbereitenden Maßnahmen der Agentur für Arbeit untergekommen. In der bisherigen Gesamtlaufzeit des Projekts, also seit 1998, wurden 4233 junge Menschen beraten und unterstützt. Von ihnen wurden 1490 Jugendliche in Ausbildung und Arbeit vermittelt, 838 gingen auf weiterführende Schulen, 1369 in berufsvorbereitende Maßnahmen. Somit wurden fast 90 Prozent in eine berufliche Maßnahme vermittelt.
Im laufenden Schuljahr 2011/​12 wurden 227 Jugendliche in das Projekt aufgenommen. Künftig will man sich besonders um Jugendliche mit ausländischen Wurzeln und jugendliche Hartz-​IV-​Bezieher kümmern, um Langzeitarbeitslosigkeit vorzubeugen. Das Bündnis für Arbeit hat es seit 1998 mit über 140 000 Euro gefördert.