Heuchlinger helfen im „Heimwehland“ Indien

Ostalb

Rems-Zeitung

Hermann Hesse sagte einmal: „Wer einmal nicht nur mit den Augen, sondern mit dem Herzen in Indien gewesen ist, dem bleibt es ein Heimwehland.“ Dass Doris Klingenmaier wirklich mit dem Herzen dort war, konnten die Besucher ihrer beiden Bildervorträge im Heuchlinger Feuerwehrhaus spüren.

Samstag, 05. Mai 2012
Rems-Zeitung, Redaktion
267 Sekunden Lesedauer


HEUCHLINGEN (pm). Der Schulungsraum des Feuerwehrhauses war beides Mal bis auf den letzten Platz belegt und die Mitglieder von ASHA, dem Heuchlinger Helferkreis für Indien, freuten sich über dieses große Interesse. Denn in dem Vortrag ging es nicht nur um eine Reise in ein beeindruckendes und buntes Land, sondern auch um den Besuch der Missionsstationen der Erzdiözese Patna. Diese unterstützt der Verein schon seit Jahren und man merkte es Doris Klingenmaier sofort an, dass sie die Arbeit des Vereins ungemein schätzt und froh ist über den Kontakt, den sie durch ASHA nach Indien knüpfen konnte.
Sie machte zu Beginn ihrer Vorträge deutlich, dass es in der Beziehung zum Erzbischof von Patna, seinen Mitarbeitern und zu den Missionsstationen um mehr als ein Hilfsprojekt geht, nämlich um eine tiefe Freundschaft, die von beiden Seiten gepflegt und geschätzt wird. „Ich habe erfahren und gespürt, dass Bischof William die Hilfe nicht für selbstverständlich hält und dass er dankbar für das große Engagement des Heuchlinger ASHA-​Teams ist,“ schilderte Klingenmaier bevor sie auf sehr liebevolle und persönliche Art die Bilder ihrer Reise zeigte. Begleitet wurde sie dabei entweder vom Bischof persönlich oder seinem Sekretär und es kamen so viele Begegnungen zustande, die sie, wie sie selbst sagt, „tief berührten“.
So hat sie das Land nicht nur von seinen Sonnenseiten kennengelernt, sondern auch die Armut gesehen, die dort vorherrscht. „Ich dachte, ich wüsste, wie es in Indien aussieht, wie arm dieses Land ist – ich wusste es nicht,“ erklärte sie den Zuhörern nachdenklich und ihre Bilder zeigten deutlich, was sie meinte. Bei zwei Grad ohne Heizung zu leben war schon unvorstellbar, aber dann noch zu sehen, dass die Menschen dort bei dieser Kälte oft nicht einmal Schuhe haben, dass überall bettelnde Kinder anzutreffen sind, die sie mit großen, traurigen Augen anschauten, dass Frauen getrocknete Kuhfladen als Brennmaterial durch die Straßen tragen, weil sie sich das Holz bei einem Preis von etwa 10 Cent pro Kilogramm bei einem monatlichen Haushaltseinkommen von umgerechnet 30 Euro nicht leisten können, stimmte die Zuhörer nachdenklich und man spürte die Betroffenheit der Anwesenden.
Dass es Menschen gibt, die in all diesem Leid das Lachen nicht verlernt haben, ist fast unvorstellbar, doch gerade das zeigte die Heuchlingerin mit ihren Bildern auch. Viele strahlende Kinderaugen blickten den Besuchern des Vortrages genauso entgegen wie die zufrieden wirkenden Gesichter alter Menschen, die neben der Armut noch mit den Gebrechen des Alters zu kämpfen haben. Stattdessen tanzte eine 89-​Jährige ausgelassen mit dem Bischof und für eine 99-​Jährige schien es, als sei der Besuch aus Deutschland die größte Freude, die man ihr in ihrem hohen Alter machen konnte.
Für europäische Augen waren so manche Bilder erschreckend
Auch in Momente tiefsten Leids nahm Bischof William Doris Klingenmaier mit. So besuchte sie eine Familie, die gerade am Totenbett um die verstorbene Mutter weinte und die Angehörigen bedankten sich bei ihr für ihren Besuch und dass sie mit ihnen gemeinsam um die verstorbene Mutter geweint hatte.
Wichtig war Doris Klingenmaier bei ihren Vorträgen aber vor allem, zu zeigen, wie es auf den Missionsstationen aussieht, die der Heuchlinger Verein unterstützt. Für europäische Augen waren auch diese Bilder zunächst erschreckend, vor allem von der Mission Jehanabad, wo Doris Klingenmaier selbst zwei Patenkinder hat: Nur der Blitz des Fotoapparates erhellte die etwa zehn Quadratmeter großen Zimmer, in denen bis zu zehn Mädchen auf Holzpritschen liegen, gekocht wird auf dem Boden und gegessen auf den Treppenstufen, da es keinen Speisesaal bzw. Tische und Bänke zum Sitzen gibt. Die Toilettentüren sind nur noch angelehnt, da die Türangeln fehlen und die Fenster bestehen nur noch aus Gitterstäben, weil die Scheiben längst kaputt sind. An eine Heizung ist nicht zu denken und Strom gibt es hier auch keinen, nur manchmal wird ein alter Generator angeworfen.
Manch einem Besucher des Vortrages standen bei diesem Anblick die Tränen in den Augen und auch Doris Klingenmaier war anzumerken, wie sehr sie diese Zustände dort beschäftigen. Doch auch hier wirken die Kinder glücklich, sie haben – oft im Gegensatz zu daheim – ein Dach über dem Kopf, bekommen etwas zu essen und mittlerweile sogar Schuhe und Kleidung, die den Temperaturen im Dezember, wo es in Nordindien durchaus auch sehr kalt werden kann, einigermaßen angepasst ist.
Etwas anders sieht es auf Basauni aus, der Mission, die ASHA hauptsächlich unterstützt. Hier konnte die Heuchlingerin mit strahlenden Augen von den Fortschritten berichten, die hier dank ASHA ermöglicht wurden. Die Kinder sitzen nicht auf dem blanken Boden, sondern haben Teppiche, die hygienischen Verhältnisse sind auf einem höheren Stand als noch vor ein paar Jahren und mittlerweile können hier über 250 Kinder wohnen und etwa 400 Kinder zur Schule gehen. Dank der Spende einer Luxemburger Firma gibt es hier sogar eine Photovoltaikanlage und somit Strom. Doch auch hier gibt es noch einiges zu tun und so arbeitet ASHA gerade dafür, den Kindern Betten zu finanzieren, da sie bisher auf Holzpritschen und Reissstroh liegen und auch Schulbänke wollen die Heuchlinger mitfinanzieren, damit die Kinder nicht mehr auf dem Teppichboden, sondern an richtigen Tischen und Bänken sitzen und lernen können.
Doris Klingenmaier nahm ihre Zuhörer in einem sehr persönlichen und liebevoll gehaltenen Vortrag mit auf ihre ganz besondere Reise nach Indien, die trotz all des Elends, was sie dort zu sehen bekam, für sie eine „Traumreise“ war, die ihr zeigte, dass es oft nicht viel braucht, um im Leben glücklich zu sein. In ihrem Gepäck hatte sie aber nicht nur Erinnerungen an viele Begegnungen, schöne und traurige Momente, sondern ebenfalls Bilder von Kindern der Mission Basauni, für die ASHA Paten vermittelt. Viele der Anwesenden haben sich nach den Vorträgen entweder sofort entschieden, einem Kind mit nur 15 Euro monatlich eine Zukunft durch Schulausbildung zu ermöglichen und eine Patenschaft abgeschlossen, andere haben sich Infomaterial mitgenommen und mittlerweile wurden beinahe 20 Patenschaften vermittelt und für fast noch einmal so viele besteht Interesse, was nicht nur Doris Klingenmaier, sondern das gesamte ASHA-​Team riesig freut.
Dieses ruht sich aber deshalb nicht aus und die Vorbereitungen für das Spargelfest am 20. Mai in der Heuchlinger Gemeindehalle laufen bereits auf Hochtouren, denn „die Menschen dort brauchen unsere Hilfe und die Kinder eine Schulausbildung, um eine Chance auf eine menschenwürdige Zukunft zu haben,“ so der Tenor des Heuchlinger Helferkreises ASHA.