Lautern — ein Dorf das aufgrund des bewussten Miteinanders Zukunft hat

Ostalb

Rems-Zeitung

Durch den guten Eindruck, den Lautern beim Kreis– und Bezirksentscheid im Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft“ gemacht hat, konnte sich der Stadtteil gestern auf Landesebene präsentieren. Dabei stand das bürgerschaftliche Engagement und das bewusst gelebte Zusammengehörigkeitsgefühl ganz besonders im Blickpunkt.

Freitag, 14. September 2012
Rems-Zeitung, Redaktion
179 Sekunden Lesedauer


Von Gerold Bauer
HEUBACH-​LAUTERN. Der Brotkorb hängt für den Stadtteil Lautern nun ein gutes Stück höher als in den ersten beiden Runden des Wettbewerbs. Entsprechend haben die Repräsentanten des Gärtnerdorfs bei der gestrigen Präsentation auch noch mal „nachgelegt“. Wesentlich länger dauerte die Rundfahrt, verbunden mit zwei Spaziergängen. Und den Mitgliedern wurde ein richtiges Buch in die Hand gegeben, in dem wichtige Fakten über Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft von Lautern zusammen gestellt sowie reich illustriert wurden.
Natürlich stand im Mittelpunkt des Besuchs das persönliche Gespräch. Assistiert von Vertretern verschiedener örtlicher Arbeitskreise stellte Ortsvorsteher Bernhard Deininger nach der Begrüßung im Sitzungssaal vor, was den Heubacher Stadtteil so besonders macht. Immer wieder tauchte dabei das Wort „miteinander“ als prägendes Element des Lebens im Dorf auf. Dazu gehört, dass man in Lautern viel investiert hat, um die Schule im Dorf zu halten und den Kindern damit in Sachen Bildung einen guten Start in einem gesunden sozialen Umfeld zu bieten. Denn schon in der Schule zeige sich in Lautern, dass man dort nicht nur über Integration oder Inklusion spricht, sondern dies seit vielen Jahren praktiziert.
Eine Ausgrenzung von ethnischen und religiösen Minderheiten oder Menschen mit einer Behinderung findet nicht statt — vielmehr ist das genaue Gegenteil der Fall — zum Beispiel in der „Schule im Dorf“. Es kommt nicht von ungefähr, dass Lautern eiine Keimzelle für das „Deutsch-​türkische Netzwerk im Ostalbkreis“ war. Aufgrund ihrer selbst erlebten guten Aufnahme im Dorf hat die junge türkische Mutter Gülden Ses vor einigen Jahren dieses Projekt mit in die Wege geleitet und viele Mitstreiter gefunden.
Miteinander Leben im Dorf bedeutet in Lautern nicht zuletzt auch miteinander feiern — zum Beispiel bei der Inszenierung von ortsgeschichtlichen Theaterstücken oder beim „Historischen Markt“, der regelmäßig das Leben im Bauerndorf anno 1900 vor Augen führt und immer wieder Tausende von Besuchern, teils von weit her, anzieht. Diese Großveranstaltung werde aber nicht „eingekauft“ (sprich von einer Agentur und von auswärtigen Akteuren realisiert), sondern von den Einwohnern des Stadtteils unter Federführung der Vereine selbst inszeniert.
Auch die Vereine untereinander sehen sich laut Ortsvorsteher nicht als Konkurrenz, sondern als Ergänzung und arbeiten bei Veranstaltungen gerne zusammen. Und — wen wundert’s ? — die Kooperation zwischen Schule und Vereinen ist sehr intensiv und macht in Lautern Angebote möglich, die weit über den Lehrplan hinaus reichen. Als Beispiel hierfür berichtete die Vorsitzende des Fördervereins „Schule im Dorf“, Marie-​Luise Zürn-​Frey, vom Apfelsaftprojekt. Bürger aus Lautern stellen ihre Streuobstwiesen den Kindern zum Ernteeinsatz zur Verfügung; anschließend wird daraus unter Mitwirkung der Kinder Apfelsaft hergestellt und verkauft. Der Erlös ermöglicht eine Teilnahme am Schulfrucht-​Projekt. „Wir möchten als Ergänzung zum Schulgarten auch noch eine Obstwiese pachten, um die Kinder in die Pflanzung und Pflege von Streuobstwiesen einzubinden“, stellte Zürn-​Frey in Aussicht.
Miteinander leben heißt in Lautern auch, dass es keine speziellen Gewerbegebiete gibt, sondern die vielen örtlichen Firmen — von der Nahversorgung mit Lebensmitteln über Handwerker und Betriebe mit dem Fokus auf moderne Technik — getreu der Mischgebietsstruktur traditioneller Dörfer in die Wohnbebauung eingebettet sind. Der überregional aktive Gemüsebetrieb „Primalat“ zum Beispiel beschäftigt rund 130 Mitarbeiter, befindet sich aber mitten im Dorf und fällt auf den ersten Blick überhaupt nicht auf. Auch die vielen anderen Gartenbaubetriebe, die Lautern zum renommierten „Gärtnerdorf“ gemacht haben, sind über die gesamte Siedlungsfläche des Stadtteils verteilt. Manche liegen am Rand, andere im Zentrum.
Im Zentrum, so betonte Ortsvorsteher Deininger, möchte man auch die Mehrzweckhalle behalten. Deshalb wurde eine Erweiterung und Sanierung der bestehenden Halle neben der Schule klar favorisiert gegenüber einem Neubau auf der grünen Wiese. Kirche, Dorfhaus, Schule, Halle und Dorfplatz bilden zusammen ein echtes Zentrum. Und da dort auch noch ein Bach verläuft, wurde der einst kanalisierte Wasserlauf vor einigen Jahren wieder aufgeweitet und als Erlebnislandschaft für Kinder zugänglich gemacht. Senioren machen gerne zu allen möglichen Tageszeiten von den Bänken und Tischen am Bach Gebrauch. Es ist immer wieder ein völlig ungezwungenes Miteinander der Generationen zu beobachten.
Dies, so betonte der Ortsvorsteher, sei letztlich auch ein Resultat einer behutsamen Baulandpolitik. „Wir sind ein Wachstumsort mit einer bewusst gedrosselten Entwicklung!“. Denn nur so sei es möglich, dass neue Bürger im Nu in die Dorfgemeinschaft integriert werden.