Blick auf die bäuerliche Lebenswelt der Kelten im Raum Iggingen

Ostalb

Rems-Zeitung

„Nicht die glanzvollen Zeugnisse der Mächtigen und Reichen stehen hier im Mittelpunkt, sondern die eher bescheidenen Spuren der bäuerlichen keltischen Bevölkerung in der Gegend um Iggingen“. Mit diesem Worten stellt der Igginger Heimatforscher Wolfgang Wilhelm klar, was die Besucher der Kelten-​Ausstellung im Rathaus-​Museum erwartet. Die Exponate sind am Samstag, 22. September, von 14 bis 17 Uhr sowie am Sonntag, 23. September, von 10 bis 17 Uhr zu sehen. Der Eintritt ist frei, und bei Bedarf werden Führungen stattfinden.

Freitag, 21. September 2012
Rems-Zeitung, Redaktion
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IGGINGEN (gbr). Auch wenn Wolfgang Wilhelm — unterstützt vom Igginger Werbefachmann Joachim Feustel — von einer „kleinen Ausstellung“ spricht, so darf sich der Besucher dennoch auf eine durchaus bemerkenswerte Zusammenstellung von vielen Funden, Rekonstruktionen und Schaubildern freuen. Denn nicht nur die Stammesführer, sondern auch die ganz normalen Menschen in der Keltenzeit hinterließen beeindruckende Spuren, die von Wolfgang Wilhelm in mühevoller Kleinarbeit und mit dem Spürsinn eines Detektivs aus der Erde geholt wurden. Denn der mittlerweile pensionierte Lehrer, dem das Vermitteln der Heimatkunde auf unterhaltsame und ansprechende Weise schon immer ein großes Anliegen war, kennt die Ortsgeschichte wie kein anderer — und er weiß, wo er hinschauen und suchen muss. Und was für den Laien auf den ersten Blick wie wertlose Scherben aussehen mag, erkennt der Fachmann als aufschlussreiche Zeugnisse über ein Volk, über das man nur wenig aus zeitgenössischen schriftlichen Quellen weiß.
Für den engagierten Igginger Heimatforscher Wilhelm war es keine große Überraschung, als der Pilot und Luftbild-​Archäologe Otto Brasch anno 2004 aus dem Flugzeug heraus in der Nähe des Teilorts Schönhardt die Umrisse einer keltischen Viereckschanze (Befestigungsanlage für die Residenz eines lokalen Keltenführers) entdeckte und fotographierte.
Von den Menschen, die damals in dieser „Schanze“ und in weiteren keltischen Siedlungen auf der Igginger Gemarkung lebten, hat die Erde viele materielle Spuren bewahrt und im Laufe der Zeit Zug um Zug auch wieder ans Tageslicht gebracht.
Zu den Dingen, die als so genannte „Überreste“ interessante Einblicke in die Lebenswelt der keltischen Bauern gewähren, gehören Bruckstücke aus Glas und Keramik. Zum Beispiel die aus buntem Glas hergestellten und dekorativ verzierten Armreifen als Schmuck der Frauen; aber auch Glasperlen und „Fibeln“ („Sicherheitsnadeln“, mit denen anstelle von Knöpfen die Gewänder zusammen gehalten wurden).
Unter den vielen Keramik-​Bruchstücken befinden sich auch zwei relativ kleine Teile aus Graphitton. Anhand von Vergleichen mit größeren Funden aus anderen Orten gibt der Radius dieser Scherben aber einen recht genauen Hinweis darauf, wie groß das Gefäß ursprünglich war und wie es ausgesehen hat. Die Ausstellung führt den Besuchern eine Rekonstruktion vor Augen. Aus Graphitton, einem besonders hitzebeständigen Material, wurden „Schnellkochtöpfe“ hergestellt, die man direkt ins Feuer stellen konnte. Spinnwirbel und Webgewichte künden von der anspruchsvollen Textilverarbeitung in der Kultur der Kelten.
Eines der attraktivsten Fundstücke ist das „Keltenschwert von Leinzell“, das nur einen halben Kilometer von der Keltensiedlung bei Brainkofen ausgegraben wurde. Es ist als Nachbildung in der Ausstellung zu sehen. Es ist einer der wenigen Funde von Gegenständen aus Metall, denn die gut durchlüfteten und sauren Böden im Raum Iggingen haben den Zerfall von Metallen beschleunigt.