Die „Kirche auf Rädern“ für den evangelischen Distrikt Schwäbischer Wald wird in der Höniger Mühle gebaut

Ostalb

Rems-Zeitung

Die Kirche sollte man im Dorf lassen? In den Kirchengemeinden im Distrikt Schwäbischer Wald sieht man dies ganz anders. Dort soll ein evangelisches Gotteshaus hinaus in Grüne rollen. Dazu wird eine „Kirche auf Rädern“ gebaut, und ein Versuchsmodell gibt es schon.

Freitag, 22. November 2013
Rems-Zeitung, Redaktion
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Von Gerold Bauer
RUPPERTSHOFEN. Die Idee dazu brachte Pfarrer Stephan Schiek – evangelischer Ortsgeistlicher von Ruppertshofen und vertretungsweise auch von Täferrot – aus dem Urlaub von der fränkischen Seenplatte mit. „Im Dekanat Gunzenhausen gibt es die so genannte Schäferwagen-​Kirche“. Ein restaurierter Schäferwagen, mit gut sichtbaren Kreuzen an den Türen, wird dort für Urlauber-​Gottesdienste am Brombach– und am Altmühlsee eingesetzt. So wie der Berg manchmal zum Propheten kommen muss, kommt dort eben die Kirche zu den Menschen.
„Ich musste da nicht lange nachdenken — es war schnell klar, dass ich so etwas auch im Schwäbischen Wald haben möchte“, erläuterte Schiek das Konzept. Nicht zuletzt durch die Erweiterung des Naturparks, zu dem nun auch die Gemeinden Ruppertshofen und Eschach sowie Spraitbach mit der gesamten Gemarkungsfläche gehören, werde die „Kirche im Grünen“ gut in das Tourismuskonzept passen. „Gottesdienste im Grünen sind immer gut besucht“, pflichtet ihm Pfarrerin Elfi Bauer aus Eschach bei — auch im Namen ihres Ehemanns Uwe, der die Pfarrstelle in Göggingen-​Leinzell innehat. Auf der Landesgartenschau soll dieses besondere Gotteshaus ebenfalls präsent sein. „Kirche soll in die Öffentlichkeit hinauswirken“, machten die drei evangelischen Geistlichen, Stephan Schiek, Elfi Bauer und Reiner Kaupp deutlich, als sie sich gestern Abend in der Höniger Mühle mit der Familie Russ trafen. Carmen und Michael Russ haben schon die Gemeinde Ruppertshofen beim Bau von Weihnachtsmarktständen unterstützt – und auch beim Bau der „Kirche auf Rädern“ bringt sich der Holztechnik-​Betrieb ehrenamtlich ein. Denn mit dem Zusammennageln von ein paar Spanplatten ist es bei diesem Projekt bei weitem nicht getan. Schließlich soll die „Kirche auf Rädern“ auch auf öffentlichen Straßen unterwegs sein und braucht daher den Segen vom TÜV.
„Die Breite ist darf aus verkehrsrechtlichen Gründen eine Breite von 2,50 Meter sowie ein Gewicht von zweieinhalb Tonnen nicht überschreiten“, erläuterte Michael Russ die Rahmendaten für das Bauwerk, das von der Gestaltung her der Nikolauskapelle nachempfunden werden soll. Die „Fassade“ – im Original teilweise verputzt, teilweise aus Sandstein – wird aufgemalt. Um keine Probleme mit niedrigen Durchfahrten (zum Beispiel unter Brücken) zu bekommen, will Russ den Kirchturm so bauen, dass er zum Transport abmontiert werden kann. Eine Sandwichbauweise (zum Beispiel dünne Platten, die mit einem leichten Schaumkern ausgesteift sind) soll Gewicht sparen. Schließlich müssen ja auch noch Sitzbänke für bis zu 100 Gottesdienstbesucher mitgenommen werden.
Feste „Kirchenbänke“ wird es auch im Innern geben – um sich zum Beispiel dort im Rahmen der Jugendarbeit oder für ein Seelsorge-​Gespräch vor Ort aufhalten zu können. Die Türen des Kirchenportals werden auf der Innenseite so gestaltet, dass sie aufgeklappt wie ein Flügelaltar aussehen.Als Fahrgestell dient ein speziell dafür gebauter Anhänger mit fünf Metern Länge und verstellbaren Stützen, die (ähnlich wie bei Wohnwagen) für einen stabilen Stand auch auf unebenem Untergrund sorgen. Selbst an eine Feststellbremse hat man gedacht. „Wir wollen ja nicht, dass sich die Kirche mitten im Gottesdienst plötzlich selbstständig macht“, erläuterte Russ schmunzelnd.
Es liegt auf der Hand, dass eine solche „Kirche auf Rädern“ den Gegenwert eines teuren Mittelklassewagens erreicht. Allein der Anhänger und das Material werden mindestens 20 000 Euro kosten. Entsprechend hoffen die Kirchengemeinden im Distrikt auf großzügige Spenden. Ein Mini-​Modell der „Kirche auf Rädern“ wird daher als mobile Spendenkasse auf Tour gehen. Auch direkte Spenden nehmen die Pfarrer natürlich gerne entgegen und freuen sich über „Bauhelfer“.