Wie Bartholomä mit seiner ländlichen Idylle trotz des Trends zum urbanen Wohnen attraktiv bleibt

Ostalb

Rems-Zeitung

Der Trend geht eindeutig zum urbanen Wohnen. Je näher ein Baugebiet am Stadtzentrum liegt, desto größer ist die Nachfrage, während Immobilien auf dem Land immer öfter zu Ladenhütern werden. Nicht so in Bartholomä, wo Plätze im „Hirschrain-​Nord“ noch nicht erschlossen, aber schon verkauft sind.

Donnerstag, 26. September 2013
Rems-Zeitung, Redaktion
168 Sekunden Lesedauer


Von Gerold Bauer
BARTHOLOMÄ. Die Tiefbauarbeiten für die zehn neuen Plätze im ersten Bauabschnitt des Gebiets „Hirschrain-​Nord“ sind seit einigen Wochen voll im Gange und werden bis Ende Oktober abgeschlossen sein. Noch viel schneller ging der Verkauf dieser Fläche über die Bühne, freut sich Bürgermeister Thomas Kuhn. Denn von diesen zehn Bauplätzen ist nur noch der kleinste (mit knapp 500 Quadratmetern) zu haben. „Wir werden demnächst im Gemeinderat die Weichen für den zweiten Bauabschnitt stellen, damit wir über den Winter die Arbeiten ausschreiben und im Frühjahr damit beginnen können“. Und auch für die zwölf weiteren Plätze gibt es schon Reservierungen. Dabei zeigt sich, dass die „Bauherren“ — in der Regel handelt es sich dabei um junge Familien — meistens aus Bartholomä stammen oder dort bereits wohnen. Ungeachtet der nicht gerade verkehrsgünstigen Lage ist die Albuchgemeinde aber auch für Auswärtige ein attraktives Fleckchen Erde.
Dass Bauland in Bartholomä voll erschlossen noch für unter hundert Euro pro Quadratmeter zu haben ist, spielt dabei sicherlich auch eine Rolle. „Bei uns kann man sich noch ein relativ großes Grundstück leisten – und viele der Häuslesbauer fragen auch ganz gezielt danach“, sagt Bürgermeister Kuhn. Dennoch werde beim Zuschnitt der Baugebiete auf eine gesunde Mischung aus größeren und kleineren Grundstücken geachtet, um auch Familien mit schmalerem Budget den Traum vom Eigenheim auf dem Albuch möglich zu machen.
Es gibt neben günstigen Grundstückspreisen aber weiterere Gründe dafür, dass Bauplätze in Bartholomä offensichtlich weg gehen, wie die berühmten „warmen Wecken“: Da wäre zum einen die für eine kleine Landgemeinde außergewöhnlich gute Infrastruktur – mit Schule, Hallenbad, mehreren Läden und Gasthäusern. Zum anderen sucht die landschaftliche Idylle ihresgleichen. Bartholomä ist mit seinem ländlichen Charme quasi der Gegenentwurf zum heute sehr erfolgreich vermarkteten „urbanen Wohnen“.
Eine wunderschöne Natur ist gottgegeben – die gut entwickelte Infrastruktur und ein gepflegtes Ortsbild sind es hingegen nicht. Dafür muss eine Gemeinde etwas tun und entsprechend investieren. Zum Beispiel zur Zeit in der Gaisgasse, wo ein dorfgerechter Ausbau der Fahrbahn mit Pflasterbändern erfolgt. Weil die hohen Straßenlampen höchstens in ein Industriegebiet, nicht aber zu Bauern– und Wohnhäusern mit gepflegten Vorgärten passen, werden sie durch dorfgerechte Lampen mit energiesparender LED-​Technik ersetzt. Vor der Fahrbahnsanierung hat man die komplette Wasserleitung erneuert und den Abwasserkanal punktuell in Ordnung gebracht. Auch Leerrohre für den Einbau leistungsfähiger Datenleitungen wurde in diesem Zuge gleich mitverlegt. Das es dies alles nicht zum Nulltarif geben kann, liegt auf der Hand. Die Gesamtkosten summieren sich auf über eine Million Euro; rund 180 000 Euro davon werden durch einen Zuschuss aus dem Entwicklungsprogramm für den ländlichen Raum abgedeckt, und 140 000 Euro steuert der kommunale Ausgleichsstock als Fördergeld bei.
Angesichts der nicht gerade üppigen Einnahmen musste die 2100-​Einwohner-​Gemeinde für den Eigenanteil bei dieser Investition längerfristig Rücklagen bilden und darüber hinaus die Ausgaben auf zwei Haushaltsjahre verteilen. Auch die Aufnahme eines Darlehens wurde erforderlich. „Eine Netto-​Neuverschuldung ist zwar nicht erwünscht, aber in diesem Fall leider unumgänglich“, macht der Schultes im Gespräch mit der Rems-​Zeitung deutlich. „Im Hinblick darauf, dass unsere Pro-​Kopf-​Verschuldung von nur 60 Euro, also zehn bis zwölf Prozent des Landesdurchschnitts vergleichbarer Gemeinden aufweist, können wir uns diese überschaubare Kreditaufnahme aber ohne schlechtes Gewissen leisten“, machte Kuhn deutlich. „Zumal wir dieses Geld ja nicht verprassen, sondern damit nachhaltige Werte für unser Dorf schaffen“.
Der Bürgermeister verweist in diesem Zusammenhang darauf, dass es eine nachweisliche Wechselwirkung von öffentlichen und privaten Bemühungen um die Ortsverschönerung gebe. Anhand von Fotos sei dies zum Beispiel für die Beckengasse überzeugend dokumentiert. „Wenn die Gemeinde ein Gebiet schön richtet, dann animiert dies auch die Anwohner dazu, ihre Anwesen noch mehr heraus zu putzen.“ Und wenn eine Straße einen gepflegten Eindruck macht, dann lassen sich dort auch frei werdende Immobilien leichter verkaufen oder vermieten – und damit der triste Eindruck von verwaisten und ungepflegten Häusern und Gärten vermeiden.