Festkonzert für die Partnerschaft von Bouxières-​Aux-​Dames und Mutlangen

Ostalb

Rems-Zeitung

Es war ein wahrhaft großes Geschenk, das fast 100 Akteure aus derPartnergemeinde Bouxières-​Aux-​Dames zum 50-​Jahr-​Jubiläum den Mutlangern mitgebracht hatten:Die Aufführung von Mendelssohn-​Bartholdys Oratorium „Paulus“ .

Montag, 03. November 2014
Rems-Zeitung, Redaktion
153 Sekunden Lesedauer

MUTLANGEN. Robert Schumann hatte von diesem Werk als „Juwel der Gegenwart“ geschwärmt. Große und wertvolle Geschenke sind auch Zeichen von gewachsenen Beziehungen zwischen den Menschen. Dass diese in beiden Gemeinden lebendig bleiben und die „jumelage“ nicht nur den Buchstaben nach besteht, dafür setzte und setzt sich Margitta Cromer aus Bouxières-​Aux-​Dames seit vielen Jahren ein. Aus den Händen von Landrat Klaus Pavel durfte sie nun im Rahmen dieser Festveranstaltung die Staufermedaille für besondere Verdienste um das Land Baden-​Württemberg im Namen von Ministerpräsident Winfried Kretschmann entgegen nehmen.
„Mehr als man verlangen kann“ habe sie freudig und mit Herzblut geleistet, so ihr Laudator Klaus Pavel. Viele gegenseitige Jugendfreizeiten und ganz aktuell auch Praktika zeigten ihre Handschrift.
Anreise, Probe und Konzert und das alles an einem Tag, davon berichtete Franz Sickert bei seiner musikalischen Einführung, der als Chorleiter des Gesangvereins „Germania“ ebenfalls seit Jahrzehnten am Austausch beteiligt ist. Er machte neugierig auf die vielen „Spannungsklänge“ und Kontraste des auf 80 Minuten gekürzten Oratoriums und auf das hintergründige, seelische Geschehen um die Wandlung vom Pharisäer Saulus zum missionierenden Christen Paulus.
„Wachet auf ruft uns die Stimme“, die gleichnamige Bachkantate um das alte Kirchenlied von 1599 klang schon in der Ouvertüre mächtig an und bildete später im ersten Teil einen Höhepunkt zusammen mit der Chorfuge: „Mache dich auf und werde Licht“. Der Chor als Stimme der Christenheit, als Volksmenge der Juden und Heiden und als Gemeinde von Ephesus leistete als Laienchor in dem akustisch nicht entgegenkommenden Mutlanger Forum wirklich Großes. Vor allem die zahlenmäßig wenigen Männerstimmen hielten bei den vielen, schwierigen Fugen selbstbewusst durch. Der in deutscher Sprache gesungene Text und Mendelssohns höchst anspruchsvolle Stimmführung wurden beeindruckend gemeistert. Besonders zu Herzen gingen die ganz langsam und meditativ interpretierten Choräle im Stile Bachs, den Mendelssohn ganz besonders verehrte und dessen Matthäuspassion er wieder zu Gehör gebracht hatte.
Die Solisten Dorothée Muller, Sopran, Akeo Hasegawa, Tenor, und Marco Gemini, Bass, sorgten für weitere Glanzlichter der Aufführung und das Orchester wurde von seinem erfahrenen Dirigenten Daniel Colombat sicher und engagiert durch das schwierige Werk geführt. Es war ein besonders berührender Moment, als dieser am Schluss an Diakon Edwin Caspar erinnerte, der immer wieder in seinem Elternhaus zu Gast gewesen sei und ihm als Zehnjährigem deutsche Musik nahe gebracht hätte.
Damit sei der Grundstein für seine große Liebe und Leidenschaft für seinen späteren Beruf als Musiklehrer gelegt worden. „Diese Werke sind in meinem musikalischen Pantheon!“ Und mit seinem Bekenntnis „Wir sind Mutlangen“ hatte er natürlich nach dem Beifall im Stehen für das Gesamtwerk noch einmal extra großen Applaus ernten können.
„Der Staat muss danken können“, an diesen Satz von Theodor Heuss hatte Landrat Pavel bei seiner Laudatio für Margitta Cromer erinnert. Auch Bürgermeister Peter Seyfried dankte als Mutlanger Oberhaupt am Ende allen Beteiligten und hoffte auf eine große Spendensumme für dieses Benefizkonzert, damit auch in Zukunft der Jugendaustausch unterstützt werden könne.
Dieser Abend mit dem Paulus– Oratorium war nicht nur ein großes, sondern auch ein beispielhaftes Geschenk. Der Komponist Mendelssohn-​Bartholdy mit seinem bewusst jüdisch-​christlicher Doppelnamen hatte seine Wurzeln in zwei Religionen gesehen. Und die Aufführung mit Daniel Colombat und seinem „Choeur et Orchestre Gaston Stoltz“ in der nicht leicht zu singenden deutschen Sprache ist nicht hoch genug einzuschätzen in Zeiten, in denen der Begriff des „Kalten Krieges“ wieder ins aktuelle Zeitgeschehen Einzug gehalten hat und in denen der europäische Gedanke von vielen angezweifelt oder mit Gleichgültigkeit besetzt ist.
Dieser Jubiläumsbeitrag hätte mehr Besucher verdient gehabt, und ein bisschen schade war es, dass kein Wort auf Französisch, kein „Bon jour“ und kein „Merci“ zu vernehmen war.