Jahresausflug des Heubacher Kirchenchores St. Bernhard nach Augsburg, wo Jakob Fugger „persönlich“ die Gäste begrüßte

Ostalb

Rems-Zeitung

„Mein Name ist Fugger, Jakob Fugger. Man nennt mich den ‚Reichen’.“Mit diesen Worten stellte sich der bedeutende Augsburger, verkörpert von einem Schauspieler in historischem Gewand, den Mitgliedern undAngehörigen des Heubacher Kirchenchores St. Bernhard vor.Von Stefanie Hartmann-​Kohnle

Freitag, 15. Oktober 2010
Rems-Zeitung, Redaktion
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HEUBACH. Die Heubacher hatten sich in einem der Innenhöfe des imposanten Fuggerschen Stadtpalastes versammelt. Eine Station auf dem Rundgang durch Augsburg, der den Heubachern bei ihrem Jahresausflug die Geschichte Augsburgs zur Fuggerzeit (16. Jh.) vergegenwärtigte.
Jakob Fugger erzählte, wie er es, anfänglich aus ärmlichen Verhältnissen kommend, mit Glück und kaufmännischem Geschick zum reichsten und bedeutendsten weltweit agierenden Geschäftsmann und Bankier seiner Zeit brachte – nicht ohne augenzwinkernde Anspielungen auf heutige „Machenschaften“ in Weltfinanz und Wirtschaft.
Dass er, seiner Zeit weit voraus, auch soziale Verantwortung praktizierte, konnten die Heubacher in der „Fuggerei“ besichtigen, der ältesten Sozialsiedlung der Welt, die bis heute erhalten bzw. wieder hergestellt ist und als solche genutzt wird. Wo gibt es das schon: in 500 Jahren keine Mieterhöhung? Der von Fugger festgesetzte Jahreszins von 1 Gulden gilt bis heute und beträgt umgerechnet 88 ct! Allerdings gelten bis heute auch die nämlichen Auflagen, wenn man dort wohnen will: nur fleißige, schuldlos verarmte Augsburger Bürger katholischen Glaubens finden dort eine Bleibe, und nur, wenn sie jeden Tag ein Vater Unser, ein Glaubensbekenntnis und ein Ave Maria beten. Sein Seelenheil war dem Fugger schon auch ein Anliegen.
Eine weitere Station auf dem Stadtrundgang war das Rathaus (17. Jh.), Wahrzeichen Augsburgs; es gilt als bedeutendster Profanbau der Renaissance nördlich der Alpen. Mit schon etwas müden Füßen erklommen die Heubacher die vielen Stufen, um in den prachtvollen Goldenen Saal im dritten Obergeschoss zu gelangen. Angesichts seiner Dimensionen (17 m Höhe, 32 Meter Länge) und der prächtigen Ausstattung mit viel Blattgold haben sich die Besucher sicher nicht nur in früheren Zeiten ziemlich klein gefühlt.
Prächtiges gab es auch schon am Morgen zu besichtigen: das Parktheater im Kurhaus Göggingen. Das einzige in Europa erhaltene Multifunktionstheater aus der Gründerzeit, ein architektonisches Kleinod aus Glas und Eisen, das erst seit wenigen Jahren nach vollständiger Sanierung in altem, neuem Glanz erstrahlt. Hier konnten die Kirchenchörler mit ein paar Liedern auch die Akustik testen und genießen. Zum Glück gab es neben all der Geschichte und Geschichten auch Platz fürs leibliche Wohl — bei einem zünftigen Weißwurstfrühschoppen, der rechtzeitig am Vormittag angeboten wurde, oder bei der Einkehr zum Abschluss des Ausflugstages in einem bayrischen Brauereigasthof. Der Augsburgaufenthalt endete besinnlich in der Kirche St. Peter am Perlach, wo die Sängerinnen und Sänger mit geistlichen Liedern die Zuhörer erfreuen konnten. Eine Besonderheit in dieser Kirche ist die einzigartige Darstellung der Mutter Gottes als „Maria Knotenlöserin“. Das Wallfahrtsbild zeigt, wie Maria die verwickelten Knoten in einem langen Band löst und zugleich mit einem Fuß den Kopf der Schlange (= das Böse) zertritt. Angesichts dieser Symbolik fragt sich der Betrachter, ob Maria wohl auch bei aktuellen Konflikten und unlösbar scheinenden Verknotungen zu einer Lösung beitragen könnte.