Feiern ja, aber Trinken nein! SERIE: Rund um Verkehr und Führerschein

Ostalb

Rems-Zeitung

Unachtsamkeiten, Unkenntnis oder manchmal auch Rücksichtslosigkeit führen meist zu Unfällen im Straßenverkehr. Mit einer kleinen Serie rund um den Verkehr und den Führerschein wollen wir bei unseren Leserinnen und Lesern das Bewusstsein für dieses Thema schärfen. Heute geht es um das Thema Alkohol im Verkehr

Mittwoch, 22. Dezember 2010
Rems-Zeitung, Redaktion
147 Sekunden Lesedauer

OSTALBKREIS. Seit dem 1. August 2007 ist es gesetzlich vorgeschrieben: Für Fahranfänger in der Probezeit und unter 21-​Jährige gilt ein absolutes Verbot von Alkohol am Steuer. Damit hatte der Bundesgesetzgeber darauf reagiert, dass gerade junge Fahrer besonders gefährdet sind, unter Alkoholeinfluss schwere Verkehrsunfälle mit Personenschaden zu verursachen. Die Bundesanstalt für Straßenwesen stellt fest, dass seit Einführung dieses strikten Verbotes Alkoholfahrten bei jungen Fahrern massiv zurückgegangen sind. Doch nicht nur beim Kraftverkehr wird besonders sensibel auf das Verhalten der Jüngeren geachtet: Auch wenn es um Alkoholmissbrauch geht, stehen Jugendliche häufig im Zentrum des Interesses.
Bei all diesen Berichterstattungen wird häufig übersehen, dass der Anteil der über 21-​Jährigen bei diesen Entwicklungen deutlich höher liegt als der der Jugendlichen und Heranwachsenden.
Gerade die Zeit vor Weihnachten bietet sich als Paradebeispiel für den „vorbildhaften“ Alkoholkonsum beim Feiern und auch beim Autofahren an. Ist doch jetzt Zeit der Weihnachtsfeiern in Betrieben, Vereinen oder anderen Freizeitveranstaltungen, bei denen es dazu gehört, ein gutes Glas Wein oder einen kleinen Verdauungsschnaps zu konsumieren, von den Glühweinen auf den Weihnachtsmärkten ganz abgesehen.
„Die Vorschrift mag uns den Weg weisen, aber das stille, fortwährende Beispiel bringt uns vorwärts.“ Samuel Smiles
Das Verhalten der „vorbildlichen“ Erwachsenen dient hier vielfach nicht als Beispiel. Für junge Menschen zeigt dieser Alkoholumgang viel zu häufig, dass Feiern ohne Bier, Wein oder Schnaps offensichtlich nicht möglich ist. Leider zeigen die Alkoholkontrollen der Polizei auch, dass bei aller weihnachtlichen Stimmung nicht vergessen werden darf, dass Auto fahren und Alkoholkonsum nicht zusammen passen.
Dieses Wegschauen, wenn es um das Verhalten Erwachsener geht, stellt für den Suchtbeauftragten des Landkreises, Berthold Weiß, eine der zentralen Ursachen für Alkoholmissbrauch bei Kindern und Jugendlichen dar. „Wir Erwachsene neigen dazu, jeden Splitter im Auge der Jugendlichen wahrzunehmen. Aber die Balken, die wir mit uns herum tragen, die sehen wir nicht mehr.“
Dabei stelle es eine sprachliche Meisterleistung dar, ein Alkoholverbot für Fahranfänger zu rechtfertigen und es für sich selber auszuschließen, so Weiß. Gerade bei den bekannten Folgen von Alkohol am Steuer sei es nicht nachvollziehbar, weshalb das Null-​Promille-​Gebot nur bei Fahranfängern und nicht grundsätzlich im Straßenverkehr für alle gelte.
Aber auch in vielen anderen Bereichen ist der Alkoholkonsum der Erwachsenen ein Vorbild für das Konsumverhalten von Jüngeren. So ist es heute noch an vielen Kinder(garten)- und Schulfesten üblich, dass Alkohol für die Erwachsenen bereitgestellt werde.
Für die Kinder und Jugendlichen ist diese Botschaft eindeutig: Wenn Erwachsene feiern ist Alkohol immer mit dabei. Erwachsen sein und Alkoholkonsum wird damit gleichgestellt und selbstverständlich auch für sich selber reklamiert – wenn man sich mit 13 zum Beispiel schon als richtig erwachsen fühle.
Auch im familiären Kontext sieht Weiß Handlungsbedarf. Werde beispielsweise Alkohol von den Eltern als vermeintlicher Problemlöser oder zur Stressbewältigung eingesetzt, lernen die Kinder nicht, dass diese Themen an den Wurzeln angepackt werden müssen. Dafür aber lernen sie, dass man jedes Problem herunterspülen kann.
Dem entsprechend wichtig ist für die Suchtprävention des Landkreises die Arbeit mit Erwachsenen. Dabei geht es nicht darum, dass diese als Vorbilder für Kinder und Jugendliche abstinent leben müssen. Vielmehr gehe es um Glaubwürdigkeit – und diese sei wesentlich größer, wenn von Jungendlichen nicht ein Verhalten verlangt wird, zu welchem Erwachsene nicht bereit sind.
Null Promille sollte deshalb für alle verantwortungsbewussten Verkehrsteilnehmer eine Selbstverständlichkeit sein und nicht nur ein Muss für Fahranfänger.