Blick auf die Woellwarths und die Lauterburg

Ostalb

Rems-Zeitung

Im 16. Jahrhundert sah es so aus, als ob Heubach als die einzige Stadt im Bereich der woellwarthischen Territorien deren Regierungssitz werden könnte. Aber es kam anders.

Freitag, 06. Mai 2011
Rems-Zeitung, Redaktion
278 Sekunden Lesedauer


Von Hans-​Wolfgang Bächle
ESSINGEN-​LAUTERBURG. Georg VII. von Woellwarth verließ um 1524/​25 die Burg Rosenstein und zog nach Heubach, wo er sich ein stattliches Herrenhaus, das sog. Heubacher Schloss, errichten ließ. Von Kaiser Karl V. erhielt er den Blutbann für alle seine Güter. Sein Sohn Georg Reinhard, dessen farbenprächtiges Renaissance-​Epitaph im Chor der Heubacher evangelischen Stadtkirche zu bewundern ist, führte 1556 die Reformation in seinen Gebieten ein. Er beerbte seine kinderlosen Brüder und seinen Vetter auf Lauterburg und Essingen, so dass schließlich sein zweitgeborener Sohn Georg Wolf, dessen Bruder Sebastian II. auf Hohenroden 1601 ebenfalls ohne Nachkommen gestorben war, den ganzen beachtlichen Besitz der Lauterburger Linie besaß.
Die Lauterburg, einst
Sitz von Pfalzgrafen
Georg Wolf von Woellwarth (1563 — 1612) wohnte zunächst noch im Heubacher Schloss. Als jedoch wider Erwarten Württemberg die Pfandschaft Rosenstein /​Heubach trotz Widerspruchs 1579/​94 einlöste, verblieben ihm dort nur noch das Schloss, eine Mühle und einige Grundstücke. Folglich entschloss er sich, seinen Hauptsitz nach Lauterburg zu verlegen, das seine Vorfahren wie z.B. auch Essingen oder Hohenroden längst käuflich erworben hatten.
Die Anfänge der Lauterburg sind etwas kompliziert. Die Burg wird erstmals 1128 urkundlich bezeugt. Manegold, ein Sohn Friedrichs von Büren (um 1020 — 54) und der Hildegard von Egisheim, wird 1070 und 1075 als Pfalzgraf in Schwaben genannt. Seine Söhne waren ebenfalls Pfalzgrafen in Schwaben und übten damit Stellvertreterfunktionen für Herzog Friedrich II. von Hohenstaufen (1105 — 47) aus, so Manegold d. J. (gen. 1113) und dann sein Bruder Adalbert von Lauterburg (1125 — 43). Auch die Grafen von Dillingen hatten Beziehungen bis in den Raum Rosenstein /​Heubach und Lauterburg /​Essingen.
Über die Staufer kamen diese Herrschaften an die Hacken von Wöllstein und im 14. Jh. in den Besitz der Grafen von Oettingen. Diese verpfändeten Rosenstein /​Heubach, Lauterburg /​Essingen sowie Aalen an Graf Eberhard von Württemberg, der diese Besitzungen jedoch 1360 an Kaiser Karl IV. abtreten musste. Aalen erhielt darauf die Reichsfreiheit, während Württemberg die beiden Herrschaften Lauterburg /​Essingen und Rosenstein /​Heubach zurückbekam.
Graf Eberhard III. von Württemberg verpfändete Lauterburg mit Essingen 1413 an die schon seit 1405 als württembergische Vögte auf der Lauterburg gesessenen Herren von Woellwarth, hier Georg III., dessen Enkel Rennwart I. 1479 Lauterburg und Essingen kaufte. Georg I. war wohl schon um 1385 Ortsherr von Heubach, erwarb u.a. 1401 das Reichslehen Hohenroden, und so bildete sich um 1400 um die Lauterburg mit einem Teil von Lautern und Essingen, mit Rosenstein und Heubach der Kern der Lauterburger Linie, die Georg III. begründete und die bis heute fortlebt.
Nach dem Verlust der Stadt Heubach entschloss sich Georg Wolf, die mittelalterliche Burg Lauterburg weitgehend abbrechen und durch einen Neubau ersetzen zu lassen. Diese Arbeiten begannen um 1594. Der Rohbau des neuen Schlosses stand 1597. Bezugsfertig war das Schloss 1601, und Georg Wolf zog mit seiner Familie von Heubach in seine neue Residenz, zumal ihm in diesem Jahr der stattliche Gesamtbesitz der Lauterburger Linie zufiel. Da mit dem Abbruch des alten Palas auch die Burgkapelle verloren ging, wurde nun der Neubau einer Schlosskirche erforderlich. Diese wurde um 1607 erbaut und zwar in der Weise, dass die Kirche mit dem neuen Burgschloss eine wehrhafte Einheit bildete.
Das langgestreckte dreigeschossige Schloss war auf dem Areal der Kernburg an der Nordostseite eines Bergsporns über dem Wäschbach anstelle des Palas errichtet worden. Auf der anderen Seite des Schlosshofs befanden sich ein Gebäudetrakt für die Dienerschaft und Pferdestallungen sowie ein Ziehbrunnen bis zur Quelle unterm Bergvorsprung. Diese Bauten sind bei einer Brandkatastrophe 1732 niedergebrannt. Nur die hoch aufragenden Pfeiler, Wände und Fensterhöhlen stehen noch, zum Teil auch die Säulen und Gewölbe, die einst das mittlere Geschoss trugen. Zur Landseite hin erhebt sich das innere Torhaus, das Wolf Freiherr von Woellwarth heute bewohnt.
Die Ausstattung der
ehemaligen Schlosskirche
Vor dem Torhaus befindet sich der innere Burggraben, den runde Streichwehrtürme sicherten mit Zwingermauern rund um das ehemalige Burgschloss. Die Vorburg mit weiteren Wohn– und Wirtschaftsgebäuden sowie einem Torturm schützte ein weiterer Graben, der bis zur ehemaligen Schlosskirche reichte. Dieser etwa 25 m lange Kirchenbau zeigt sich recht ansehnlich, zumal auch der wehrhaft wirkende Glockenturm an der Südseite des Chors 25 Meter hoch ist. Nur kleine Rechteckfenster besitzt der quadratische Unterbau, der im oberen Teil ins Achteck umsetzt mit gekuppelten Rundbogenfenstern. Wie bei den Woellwarth-​Türmen üblich, krönt ihn eine welsche Haube. Die Kirche steht zur Talseite hin auf gewaltigen Substruktionen, die einen Gewölbebau bilden, der fast bis zum Schloss reicht. Es war dies eine Kasematte mit Luken und Schießscharten zum Schutz des Burgschlosses. Darüber befand sich ein Gang vom Schloss bis zur Kirche, damit die Herrschaft bequem zur Westempore der Kirche gelangen konnte.
Ein Rundbogenportal auf der Südseite führt ins rechteckige Kirchenschiff. Dieses und das Chorpolygon erhellen Rundfenster. Das schlichte Kirchenschiff besitzt eine flache, einfach kassettierte Holzdecke, West– und Südempore, Kirchenbänke und eine etwas aufwändiger gestaltete Kanzel mit Ornamenten. Anbei erinnert eine Schrifttafel an Pfarrer Weng, den die Soldateska während der Sonntagspredigt 1634 von der Kanzel in Bartholomä herunterholte und am Eingang zum Wental erschoss, weil er sich für die notleidende Bevölkerung seiner beiden Pfarreien auf dem Albuch eingesetzt hatte. Natürlich fehlen nicht Gedenktafeln für die Gefallenen der Weltkriege und das Stifterbild. Der Blick soll primär dem eingezogenen Chor gelten, dessen Chorbogen reich verziert ist. Engelsköpfe schmücken das Gesims des Bogenansatzes, ebenso die Konsolen des stuckierten Kreuzrippengewölbes. Der Altar steht im Mittelpunkt des Chors, dahinter erhebt sich das Kreuz mit der fast lebensgroßen, farbigen Christusfigur. Zwischen den Rundfenstern des Chorpolygons befindet sich die moderne Orgel. In den Zwickeln zwischen den Rippenansätzen des Chorschlusses sieht man die Inschrift des Bauherrn Georg Wolf, flankiert vom Woellwarth-​Wappen und dem seiner Frau Anna von Fleckenstein.
Beachtenswert ist vor allem das Stifterbild. Eine Renaissance-​Umrahmung birgt drei Ölgemälde. Das Hauptbild zeigt die Verklärung Christi auf dem Berg Tabor. Vor dem Beginn seines Leidensweges erscheint der Herr in einer glanzvollen Gloriole zwischen Elias und Moses, zu seinen Füßen erschauern die vom hellen Licht geblendeten Jünger Petrus, Jakobus und Johannes. Im kleinen Rundbogenbild des Auszugs ist Gottvater mit Segegestus zu erkennen.
Im Bild unten präsentiert sich die Stifterfamilie: Georg Wolf von Woellwarth und seine Gemahlin Anna von Fleckenstein mit ihren zehn Kindern. Der Vater und zwei schon erwachsene Söhne in schwarzer, goldverzierter Rüstung knien betend in der Bildmitte, davor liegen ein prunkvoller Helm und die Wappen der Eltern. Bei der Mutter steht eine erwachsene Tochter; typisch für die Zeit sind die Halskrausen. Drei kleine Kinder tragen auf ihren Häuptern winzige gekippte Kreuze und in ihren Händen halten sie Totenköpfe; sie sind früh verstorben.
Eine unterm Sockel angebrachte Schrifttafel verweist auf die Lebensdaten der Nachkommen und spätere familiäre Ereignisse.