Umstrittener Schweinestall

Ostalb

Rems-Zeitung

Die Sitzung des Gemeinderats am Montag in Eschach glich einer großen Bürgerversammlung. Es ging um das heftig umstrittene Projekt eines Schweinemastbetriebs an der Straße nach Vellbach. Der Gemeinderat erteilte zwiegespalten Einvernehmen zum Bau — mit strenger Bedingung.

Montag, 20. Juni 2011
Rems-Zeitung, Redaktion
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Bürgermeister Jochen König ahnte den Ansturm der interessierten und vor allem auch besorgten Bürgerschaft auf diese Gemeinderatssitzung. Schon zum dritten Mal befasste sich das Gremium mit dem Vorhaben. Weil es im Vorfeld mehr Fragen als Antworten gab, war Dr. Otto Reiß als zuständiger Sachgebietsleiter Landwirtschaft des Landratsamtes eingeladen. Er wurde mit Fragen und Kritik regelrecht bombardiert, hatte indirekt als Vertreter der Ostalb-​Baugenehmigungsbehörde keinen leichten Stand. Sowohl Eschacher als auch Bürger aus dem Teilort Vellbach brachten ihren Protest zum Ausdruck, legten dem Bürgermeister und den Gemeinderäten auch entsprechende Unterschriftenlisten auf den Beratungstisch. Die Hauptsorge der Bevölkerung gilt der Geruchsbelästigung, die von dem Schweinemastbetrieb mit seinen 1500 Tieren ausgehen wird. Die protestierenden Bürger hatten sogleich auch einen Rechtsanwalt zu der „Bürgerfragestunde“ mitgebracht, die ob des Andrangs vom Rathaus in den Saal des evangelischen Gemeindehauses verlegt worden war. Der Saal konnte die vielen Bürger kaum fassen.
Dr. Otto Reiß beschrieb anhand von Landkarten, Computersimulationen und Windprognosen, dass der Bauplatz für den Schweinemastbetrieb eigentlich ideal gelegen sei, um unzumutbare Belästigungen von den beiden Orten fernzuhalten: 800 Meter außerhalb von Vellbach und vom Ortsrand von Eschach sogar 1000 Meter entfernt. Der Mindestabstand werde nicht nur eingehalten, sondern in dieser Position um das bis zu Dreifache überschritten. Auch in den zumeist vorherrschenden Windrichtungen südwestlich bis nordöstlich seien unzumutbare Belastungen auszuschließen. Selbst bei so genannten Inversionswetterlagen sorge das Landschaftsprofil für einen Luftstrom, der sich von der Bebauung weg– und eher in Richtung Götzenbachtal bewege. Die Größe mit knapp 1500 Tieren bewege sich auch unterhalb der Schwelle, die strengere Lüftungs– und Filtertechniken notwendig machen würden. Bürgermeister König beschrieb dann mehrfach die Crux, wonach es im Prinzip keinen Grund gebe, diesem Projekt das Einvernehmen zu verweigern. Baurechtlich sei alles gewährleistet, so seine offizielle Position als Bürgermeister, wobei er jedoch eingestand, dass er als Hausbesitzer am betroffenen Ortsrand durchaus auch eine andere persönliche Meinung zu diesem Vorhaben vertrete.
Aus den Reihen der Bürgerschaft hagelte es dann Kritik und vor allem Zweifel an den Darstellungen und Windsimulationen des Landratsamtes. Aus Erfahrung mit anderen Schweineställen wisse man sehr wohl um die Unerträglichkeit des Gestanks auch in größeren Distanzen. Die Befürchtung wurde sogar formuliert, dass die ganze Gemeinde Schaden nehmen könnte, wenn Bauplätze nicht mehr verkauft werden und der Wert von vorhandenen Immobilien sinken könnten. Von einem Schweinestall oder Mastbetrieb könne man bei diesem Vorhaben eh nicht mehr reden; das sei doch vielmehr eine „industrielle Tierhaltung“.
Ein schwieriges Problem, so urteilte Bürgermeister König und beschrieb: „Niemand will einen solchen Betrieb direkt vor seiner Nase, aber jeder will sein Schnitzel auf dem Tisch.“
Gemeinderat Volker Gehlhaar baute eine Brücke für eine knappe Abstimmung nach gut zweistündiger Debatte: Einvernehmen des Gemeinderats, aber nur unter der Bedingung, dass das Landratsamt nachhaltig dafür sorge und garantiere, dass in Folge der Baugenehmigung auf die Eschacher und Vellbacher keine Geruchsbelästigungen zukommen.