Domizil des türkisch-​islamischen Kulturvereins wird saniert und zum Teil neu gebaut

Ostalb

Rems-Zeitung

Eine Fabrik bleibt eine Fabrik, auch wenn man ihr kulturelles undreligiöses Leben einhaucht. Dies gilt auch für den türkisch-​islamischenKulturverein in Heubach. Ein starker Hagelschaden hat den Willen reifen lassen, an der Beiswanger Straße ein neues Domizil zu schaffen.

Freitag, 25. April 2014
Rems-Zeitung, Redaktion
173 Sekunden Lesedauer


Von Alfred Pradel
HEUBACH. Transparenz und die unmittelbare Einbindung der Heubacher Bürgerschaft ist das oberste Ziel des Kulturvereines und der Ulu-​Moschee in Heubach, wenn es um die Umsetzung der Planungen für einen teilweisen Rückbau der alten Fensterfabrik sowie für die Sanierungen und einen neu zu bauenden Teil des Kulturzentrums mit Moschee geht. Aus diesem Grund hatten die Vorstandsmitglieder gestern in die Räumlichkeiten an der Beiswanger Straße eingeladen, um die bisherigen Planungen vorzustellen.
Bei der Begehung der Räumlichkeiten mit Bürgermeister Frederick Brütting, Stadträten und Interessenten aus der nachbarschaftlichen Umgebung fiel schnell auf, dass große Teile des Gebäudes – zum Beispiel die alte Verleimhalle und die Lackiererei der früheren Fensterfabrik – nahezu baufällig sind. Insbesondere der jüngste Hagelschaden mit großem Wassereinbruch hat deutliche Spuren hinterlassen.
Isa Keles, der Vorsitzende des Kulturvereines berichtete bei der gestrigen Informationsveranstaltung von einer ersten Begehung mit den Architekten Matthias Schmid und Helmuth Braun, bei der es zunächst nur um die Sanierung der beschädigten Dachteile gehen sollte. Schnell wurde jedoch klar, dass man bei einer solchen Sanierung nur gutes Geld in schlechte Substanz stecken würde.
Keles betonte, dass sich die in über 50 Jahren entstandene Verwurzelung mit Heubach vertieft und verändert hat. Kam die erste Generation nur mit dem Gedanken nach Deutschland, hier einige Jahre zu arbeiten, gut zu verdienen und dann wieder in Heimat zurückzukehren, so hat sich dies meist schnell in Richtung Familiennachzug verlagert. Und heute fühlen sich die meisten einstigen Gastarbeiter, deren Kinder und Enkel wohl in der neuen Heimat und sind vielfach Deutsche Staatsbürger geworden. In ihrer neuen Heimat möchten die sehr gut integrierten Mitbürger nun auch ihrer Herkunft, ihrer Kultur und ihrer Religion Rechnung tragen — und zwar in angemessenen Räumen, was in den derzeit vorhandenen nicht möglich ist.
Seit 1997 gibt es den türkisch-​islamischen Kulturverein in Heubach als Glaubensgemeinschaft. Er hat viel zur Integration beigetragen und ist ein wichtiger Bestandteil des öffentlichen Lebens in der Stadt. Zehn türkischstämmige Mitbürger leisten zum Beispiel Dienst in der freiwilligen Feuerwehr – ein überdurchschnittlicher Wert im Vergleich zu anderen Städten und Gemeinden, wie Bürgermeister Frederick Brütting nicht ohne Stolz vermerkte (die RZ berichtete darüber ausführlich in der Samstag-​Ausgabe).
Auch Brütting sah gestern Abend in den vorhandenen Räumen keinen geeigneten Ort für Glauben und Kultur. Er verwies auf den von der Stadtverwaltung und vom Gemeinderat begleiteten öffentlichen Prozess hin zu einem neuen Kulturzentrum mit Moschee. Brütting sieht in dem weitgehend baulich veränderten Gebäude auch eine Aufwertungschance für das früher stark gewerblich geprägte Stadtgebiet.
Architekt Matthias Schmid stellte auch im Namen seines Partners Helmuth Braun die ersten Planungen vor. So sollen das Fabrikdach und der über 20 Meter hohe Schornstein fallen und Teile des in mehreren Bauabschnitten entstandenen Gebäudes zurückgebaut werden. Ein Tonnendach mit Kuppel und ein angesetztes Minarett sollen den Charakter des Bauwerkes als islamisches Gotteshaus und Kulturzentrum betonen. Architekt Schmid erläuterte, dass nach dem Rückbau und dem Neubau eine Nutzfläche zwischen 400 und 800 Quadratmeter entstehen soll; für größere Veranstaltungen wie das Freitagsgebet und die Kermes sollen zwischen 40 und 50 Parkplätze direkt am Zentrum entstehen. Der geplante Baukörper soll sich in die Umgebung einfügen.
Ayyildiz Bahri erläuterte den Anwesenden, dass der Verein derzeit aus 150 Mitgliedern bestehe, dies aber meistens Familienmitgliedschaften seien, so dass von einer Gemeinde in der Beiswanger Straße mit 600 Personen ausgegangen werden könne. Adem Cicigül (Pressesprecher des Vereines und Kandidat für den nächsten Gemeinderat in Heubach) betonte, dass in der Ulu-​Moschee in Heubach nicht nur türkischstämmige Gläubige eine religiöse Heimat finden, sondern auch Mitbürger aus Bosnien, Albanien sowie Ländern aus dem arabischen und afrikanischen Raum. Die Pläne sowie die Finanzierung möglichst mit einer in Heubach beheimateten Bank sollen bis August stehen, bis dahin will man die Bevölkerung über jeden Schritt unterrichten. Bei der Kermes am 10./11. Mai werden die Pläne vorgestellt und die Vereinsmitglieder hoffen auf viel Besuch aus der Heubacher Nachbarschaft. Denn das Kulturzentrum, so die einhellige Meinung aller, solle im guten Einvernehmen zwischen den Mitbürgern muslimischen und christlichen Glaubens entstehen.