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Wildtiere werden im Winter zu oft gestört

Bei geschlossener Schneedecke bricht regelmäßig das Wintersportfieber aus: Jeder holt aus einer Ecke des Dachbodens Schlitten oder Ski, und ab geht es querfeldein durch die Natur. Was deren Bewohner dazu sagen, ist egal

Dienstag, 05. Februar 2013
Rems-Zeitung, Redaktion
1 Minute 36 Sekunden Lesedauer

OSTALBKREIS (pm). Im Winter, insbesondere wenn die Natur tief verschneit ist, ist es wichtiger denn je, den Wildtieren ihre Ruhe zu lassen. Ihr Kreislauf ist in dieser Zeit auf Sparflamme geschaltet, und jede Störung zwingt sie zu einer Flucht, die in lebensgefährlicher Weise an ihren Kraftreserven zehrt. Werner Rupp, Pressesprecher der KJV GD, erklärt, warum Ruhe in der kalten Jahreszeit in ihren Einständen fürs Wild so wichtig ist.
Rehe legen sich im Winter zum Schutz vor der Kälte einen Echthaar-​Mantel zu. Die einzelnen Haare des Winterfells sind hohl und gewellt und sorgen so für ein Luftpolster, das isoliert. Das reicht einem Vegetarier aber nicht; sie müssen auf Energiesparmodus umstellen und senken Herzschlag und Körpertemperatur, auch wegen des geringeren Nahrungsangebotes ab.
Rehe wirken im Winterhalbjahr, besonders bei Schnee, oftmals zutraulich. In Wirklichkeit sind die Tiere in wenigen Sekunden fluchtbereit, wenn sich Menschen und besonders Hunde abseits der Wege nähern, der Herzschlag rast. Die Flucht wird nur bis zum letzten Moment hinausgezögert, um Energie zu sparen. Die Flucht vor frei laufenden Hunden verbraucht wertvolle Fettreserven, die eigentlich bis zum Frühjahr reichen müssten. Erst vor kurzer Zeit ergab zum Beispiel eine Studie, dass in den Alpen Störungen durch Wintersport die Bestände des seltenen Birkhuhns um 30 bis 50 Prozent reduzieren. Die gestörten Tiere produzieren bis zu 60 Prozent mehr Stresshormone. Das beeinträchtigt ihren Gesundheitszustand nachhaltig. Zudem werden sie häufiger Opfer von Beutegreifern, wenn sie aus ihren Verstecken vertrieben werden. Auch eine Studie im Schwarzwald hat eine stressbedingte Veränderung des Hormonspiegels von Auerhühnern nachgewiesen, deren letzte Bestände äußersten Schutz dringend nötig haben.
Deshalb appellieren die Kreisjägervereinigung Schwäbisch Gmünd und der Landesjagdverband an alle Erholungssuchenden: „Bitte bleiben Sie unbedingt auf den Wegen und halten Sie Hunde an der Leine!“ Konsequenterweise erwägt der Landesjagdverband, die Bejagung von wiederkäuenden Wildarten (in unserer Region Rehwild, das von der Ernährungsumstellung am stärksten betroffen ist), mit dem Einsetzen von Notzeiten zu beenden. Diese Forderung will er derzeit auch in das Beteiligungsverfahren zur Novellierung des Landesjagdgesetzes einbringen. Gleichzeitig setzt er sich dafür ein, dass eine artgerechte Erhaltungsfütterung bei witterungsbedingter Nahrungsknappheit aus Gründen des Tierschutzes zulässig bleibt, um ein qualvolles Verhungern von Wildtieren zu vermeiden.

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