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Festival Europäische Kirchenmusik: Das Ensemble Liber un Usualis sang Werke aus der Renaissance

In der prächtigen Afra-​Kirche in Täferrot fand das zweite Vokalkonzert mit Musik der (frühen) Renaissance statt: Mit dem Ensemble Liber un Usualis aus den USA — also nicht nur Europäische, sondern Internationale Kirchenmusik.

Dienstag, 28. Juli 2009
Rems-Zeitung, Redaktion
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KONZERT (ry). Mit Elise Figa (Sopran), Alicia McCarther (Mezzosopran) und William Hudson (Tenor) als Leiter präsentierten sich drei „Senkrechtstarter“ seit 1996, die neben dem als selbstverständlich erachteten, äußerst gründlichen Studium ihres Metiers ihr ganzes Können in den Dienst der „emotionalen Aussage der Musik“ stellen. Das ist umso interessanter, als z. B. Josquin Capella (einen Tag vorher) dies auch für sich reklamiert.
Also historische Aufführungspraxis alio modo? Am Samstag gab es eine völlig glatte Stimmführung, am Sonntag mit Liber un Usualis dagegen ein bewusstes Vibrato des gar nicht zimperlichen Timbres! Jedenfalls war die Grundlautstärke der Vorträge ein Forte, das eher selten einem zurückhaltenden Piano wich. Dies ging im kleinen Gotteshaus oft an die Empfindlichkeits-​Obergrenze des Hörens. Auch die Intonation litt öfter kurzzeitig Mängel.
Neben diesen negativen Erfahrungen überwogen naturgemäß die positiven. Das fing bereits mit dem Repertoire an. Vieles war eher nur dem Namen nach bekannt: Guillaume Dufay, Johannes Ciconia, Antonius de Civitate Austrie, Guillaume de Machaut, Matteo de Perugia, Byttering, Walter Frye oder Richard Loqueville. Zudem zeugten die vielen Anonymi von der unglaublichen Vielfalt musikalischer Praxis jener Zeit.
Inhaltlich war das Programm eine einzige Heiligenverehrung: Apostel, Märtyrer beiderlei Geschlechts und Bekenner. Das war das reinste musikalische Heiligenbuch — Zeichen des Glaubens an die Gemeinschaft der Heiligen. William Hudson las denn auch Prosa zu Petrus, Laurentius und Katharina. So wurde der biografisch-​religiöse Bezug lebendig vertieft. Klaus Eilhoff hatte die Texte ins Deutsche übersetzt. Trotzdem brauchte es eine Weile, bis man begriffen hatte, dass die Texte der drei Sänger oft übereinandergeschichtet und synchron zu singen waren. Kunstvoll verwoben, offenbart sich in der dreistimmigen Polyphonie, oft auch zweistimmig über einem vokalen Orgelpunkt, eine Dichte der Musik, welche die bestaunenswerte Reife solcher Kultur hörbar macht.
Selbst die wenigen Soli belegten die hohe Kunst frühmittelalterlichen Gesangs. Zugleich ist man erstaunt über die Heiligenkenntnis der Zeit und den daraus folgenden Umfang an Betrachtungen.
Knappe siebzig Minuten konzentrierten Gesangs, der keineswegs so leicht zu bewältigen war, wie er wirkte, zeigten drei überaus engagierte Vokalisten, die zu Recht Gotteshaus und Publikum lobten. So eine „liebliche Kirche“ gebe es in den USA nicht. Es war ja so: Ambiente und Musik wurden als Glücksfall wahrgenommen. Die heilige Afra „dient“ einer wunderbaren Kirche als Patronin, die so voller Leben steckt und dies inmitten eines nicht weniger schönen Gartens. All das muss das Herz erheben, und man spürte das den vielen Gästen wie auch den Akteuren an.

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