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Landrat entwirft ein Zehn-​Punkte-​Programm, mit dem er den Ostalbkreis im Wettbewerb der Regionen fit halten will

„Wir leben in einer kuriosen Zeit“ lautete Klaus Pavels erster Satz, als er gestern den Haushalt des Ostalbkreises für 2011 im Kreistag einbrachte. Der Landrat spielte damit auf den atemberaubenden Wandel der Wirtschaftsprognosen an – der jedoch 2011 noch keine Geldwogen in die Kreiskasse spült. Von Manfred Laduch

Mittwoch, 10. November 2010
Rems-Zeitung, Redaktion
3 Minuten Lesedauer

OSTALBKREIS. Als er sich zu seiner traditionellen persönlichen Klausur zurückgezogen habe, um an seiner Haushaltsrede zu arbeiten, sei er eigentlich der Meinung gewesen: „Fünf A 4-​Blätter, dann bin ich fertig“, erläuterte Pavel in einem Pressegespräch im Vorfeld der Kreistagssitzung. Schließlich waren die Pflöcke eingerammt: Das Maßnahmenpaket zur Umsetzung von Einspar– und Optimierungspotenzialen war umgesetzt, der Verwaltungshaushalt um zehn Millionen Euro reduziert, wodurch die Mindestzuführung an den Vermögenshaushalt gerade so geschafft wird. „Die Investitionsrate dagegen liegt bei Null Euro“, machte der Landrat den Kreisräten deutlich.
Doch Pavel wäre nicht Pavel, wenn er nun ein Jahr lang unter dem Schreibtisch die Füße hochlegen würde. „In der Not fällt einem so viel ein“, stellte er fest – und entwickelte ein Zehn-​Punkte-​Programm (Bericht auf dieser Seite), mit dem er die Position des Ostalbkreises im „gnadenlos harten Wettbewerb der Regionen“ für die Zukunft fit machen – oder besser halten – will. Denn die Ausgangslage ist so schlecht nicht: Das Manager-​Magazin sieht die Ostalb bei Bewertung von 25 Standortfaktoren unter mehr als 1000 EU-​Regionen auf Platz 67, Focus Money weist ihr in der bundesweiten Tabelle unter 415 Kreisen Rang 50 zu.
Das ändert freilich nichts an der prekären Finanzlage 2011: Die Kreisumlage liegt trotz einer Anhebung des Berechnungssatzes von 34,5 auf 37 Punkte um 16,2 Millionen Euro niedriger, als im Jahr 2010. Ihr liegt die 2009, dem Höhepunkt der Wirtschaftskrise, um 68 Millionen Euro gesunkene Steuerkraft der Ostalb-​Kommunen zugrunde. Der Kreis benötigt 10,4 Millionen Euro neue Kredite, was (nach Abzug der Tilgungen) einer Netto-​Neuverschuldung von 7,4 Millionen Euro entspricht. Eine Belastung für später, denn der Kreistag hat beschlossen, dass diese Kredite ab 2013 innerhalb von fünf Jahren wieder getilgt werden müssen.
Klar, dass dieser „Haushalt der Ernüchterungen“, wie Pavel ihn nannte, keinen Spielraum für Investitionen lässt. Ausnahme ist der Neubau der Frauenklinik in Aalen, der mit 9,5 Millionen Euro zu Buche schlägt.
Die im Haushalt vorgesehene Pauschale Kürzung des Personaletats um zwei Millionen Euro stelle eine große Herausforderung dar. Das gelte sowohl für die 1689 Mitarbeiter des Kreises als auch für die Mitglieder des Kreistags: Manche Dienstleistungen würden dann eben etwas länger dauern. Außerdem dürfe die Unterbesetzung nicht zum Dauerzustand werden, weil „kein Motor auf Dauer im roten Bereich betrieben werden kann.“
Ein großer Erfolg seien die EU-​Förderprogramme. Sie hätten im laufenden Jahr 350 Arbeitsplätze gesichert und 84 neue geschaffen. Großartig auch, dass unter neun ausgewählten aus 22 landesweit eingereichten EU-​Leuchtturmprojekten zwei auf den Ostalbkreis entfielen, darunter das „Forschungs– und Qualifizierungszentrum für den Nachwuchs“ in Schwäbisch Gmünd.
In diesem Zusammenhang formulierte Pavel seine Sorgen bei den Kreis-​Berufsschulen. 31 Lehrerdeputate seien mangels geeigneter Bewerber unbesetzt. Für ihn sei es nicht akzeptabel, wenn Pflichtunterricht ausfallen müsse. Das gelte auch für die allgemeinbildenden Schulen. Deshalb fordere er, die im Kreis bestehenden Seminare für Grund-​, Haupt-​, Real– und Sonderschullehrer um ein solches für Gymnasiallehrer zu ergänzen. Für die Neubauplanung der Klosterbergschule in Gmünd stehen weitere 50 000 Euro im Kreishaushalt.
Bei den Kliniken des Kreises blickt Pavel skeptisch auf die Auswirkungen der Gesundheitsreform. Beim Stauferklinikum Gmünd/​Mutlangen seien 2011 der Start der „Ambulanten Rehabilitation“ und die Aufnahme der „Speziellen Ambulanten Palliativversorgung“ geplant. Das „Haus der Gesundheit“ im früheren Margaritenheim werde zu Beginn des Jahres zu 90 Prozent belegt sein. Die ärztliche Versorgung in der Fläche dürfe nicht den Kräften des allgemeinen Wettbewerbs überlassen bleiben.
Eine Herausforderung sei der Öffentliche Personennahverkehr, wo sich für den Ostalbkreis 28,99 Euro pro Einwohner auf 9,1 Millionen Euro Defizit summieren. Der Landesdurchschnitt liege nur bei 20,24 Euro. Die geplante Reduzierung des Defizits um zwei Millionen sei angesichts 21 beteiligter Unternehmen („Die müssen sich mehr einbringen“) ein harter Brocken für die neue Erste Landesbeamtin Gabriele Seefried. Eigenanteile in der Schülerbeförderung würden wohl ebenso steigen müssen, wie die Fahrpreise.
Die Abfallgebühren blieben nach der Senkung 2009 im dritten Jahr unverändert. Grundlegend Neues könnte die Umsetzung der europäischen Abfallrahmenrichtlinie bringen. Die Bundesregierung erwäge die Einführung einer Wertstofftonne, wie sie ähnlich bereits in zwei Gmünder Sammelbezirken getestet werde. Die GOA wird sich 2011 an einer Biogasanlage auf dem Ellert beteiligen, um aus Grünabfall elektrische und thermische Energie zu gewinnen.
Um wichtige Kulturlandschaften zu erhalten, würde Pavel gern Schulen und Klassen für Pflegepatenschaften gewinnen. Der Landrat wies darauf hin, dass derzeit in 23 Flurneuordnungsverfahren mit einem Gesamtumfang von rund 21 700 Hektar mit 5700 Eigentümern Bodenwerte von über einer halben Milliarde Euro neu geordnet werden.

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