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Hedge-​Fonds? — „Hättsch net dürfa“, die Bedeutung sei doch klar gewesen, meint Christoph Sonntag im Stadtgarten

„Drin, was drauf steht“, hieß das Motto der Soloshow des Stuttgarter Kabarettisten Christoph Sonntag , der am Donnerstagabend im ausverkauften Parler-​Saal des Stadtgarten auftrat. Von Christine Lakner

Dienstag, 02. November 2010
Rems-Zeitung, Redaktion
1 Minute 51 Sekunden Lesedauer

KABARETT. Der Inhalt hielt, was die Verpackung versprach und was folgte, war ein fast zweistündiger Angriff auf die Lachmuskeln der Besucher.
Seine bissige Reise durch den Lebensalltag begann der diplomierte Landschaftsplaner jedoch in Gmünd. Seit dem Nachmittag sei er in der Stadt. Was bleibt einem auch anderes übrig, da ein Fort– und Durchkommen mit dem Auto zur Zeit dank der vielen Tunnelbaustellen sowieso nicht möglich ist.
Dann war Christoph Sonntag aber gleich beim Motto seiner Show: „Drin, was drauf steht“. Humorvoll und rhetorisch perfekt beleuchtete er den Trend zu immer mehr Mogel– und Scheinverpackungen auf den politischen, beruflichen und gesellschaftlichen Ebenen. So bekamen Stuttgart 21, die Finanz– und Bankenkrise, die schwarz-​gelbe Koalition mit Biene Merkel und Wester-​Willy oder auch der ehemalige baden-​württembergische Ministerpräsident Oettinger (in Kürze erscheint sein Buch „Schwänglisch für Anfänger“ ) und sein Nachfolger Mappus („Der ist doch harmlos, wenn er satt ist“) ordentlich ihr Fett ab.
Apropos Stuttgart 21: Sonntag fordert gleich noch eine Demo für die Unentschlossenen. Oder noch besser wäre, wenn die EnBW heimlich ein Kernkraftwerk hinter dem Planetarium errichten würde. Dann würde die ganzen demonstrierenden Menschenmassen 500 Meter weiter rücken und die Bagger hätten am Bahnhof wieder Platz. Verwundert ist Christoph Sonntag beispielsweise auch, dass bei Stuttgart 21 alle auf der Straße zu finden sind, aber gegen die Machenschaften der Regierung oder der Banken rührt keiner einen Finger.
Aber auch die aktuelle Wirtschaftslage lieferte ihm mehr als genügend Steilvorlagen für seine real-​satirischen Analysen. Heutzutage ein Investmentbanker zu sein ist gar nicht mehr so begehrenswert, denn auch die Hedge-​Fonds kommen ja ursprünglich aus Schwaben und bedeuten nichts anderes als „Hättsch net dürfa“. Und dann noch die bundesweite Debatte über eine Pkw-​Maut auf deutschen Autobahnen. Warum eigentlich? Die Autobahnen seien vom Steuerzahler bezahlt und für Eigentum muss man ja schließlich nicht mehr extra zahlen!
Eine zusätzliche Belastung wäre diese Maut allerdings für die Niederländer auf dem Weg nach Italien: Die haben es sowieso schon schwer genug, einen Führerschein zu bekommen. Wer dort dreimal durch die Führerscheinprüfung fällt, bekommt ein gelbes Kennzeichen. Dann kommt der Aufkleber NL, wobei dies für „New Learning“ steht. Beim vierten Mal Nichtbestehens muss sich der Niederländer einen Wohnwagen ans Auto hängen.
Dass der schwäbische Solokünstler aber nicht nur mit dem Mund sehr forsch ist, bewies er dann als Geigenvirtuose. Mit einer Parodie auf den Hit „Lemon Tree“ von Fools’ Garden begeisterte er einmal mehr das Publikum.
Die Gmünder Zuschauer liebten ihn und seine schlagfertige, freche Verspottung ohne Bloßstellung und dankten für die exzellente Verpackung und besten Inhalt mit tosendem Applaus. Wirklich keine Mogelpackung.

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