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Dinge, die eine Seele haben

„Massenproduktion führt zur Seelenlosigkeit“, sagt Reiner Moll. Er muss es wissen, schließlich ist er einer der erfolgreichsten Industriedesigner Deutschlands und seit vier Jahrzehnten im Geschäft. Jetzt macht er einen alten Traum wahr: Er geht in Richtung Kunst. Seine Objekte sind frei, ohne ihre Wurzeln zu verleugnen.

Samstag, 27. November 2010
Rems-Zeitung, Redaktion
1 Minute 36 Sekunden Lesedauer

Komplette Büromöblierungen, Stühle, Maschinen und immer wieder Sanitärobjekte, alles rund ums Bad – das ist das Feld, das Molldesign seit Jahrzehnten erfolgreich beackert. Molls Designsprache zeichnet sich meist durch eine raffinierte Schlichtheit aus.
Form und Funktion verbinden sich zu einer schönen Klarheit, deren Anspruch auf Gediegenheit und Hochwertigkeit unverkennbar ist. Die haptische und optische Perfektion kennzeichnet auch seine bislang sieben Objekte, die er unter dem Label „Designkunst“ zusammenfasst und unter dem eigenen Namen, Pünktchen vorn und hinten, laufen lässt.
Der 63-​Jährige hatte immer eine Seite, die zur Kunst tendierte. Während seines Studiums an der Gmünder Fachhochschule belegte er Bildhauer-​Kurse bei Prof. Fritz Nuss. Es hat ihn nie ganz losgelassen, und ein paar „Ausflüge in die Welt der Kunst“ hat er schon hinter sich: die Lichtskulptur „Alexander“ etwa, die an Calders Mobiles denken lässt, aber auch eine ironische „Barbie“-Hommage. „Man ist freier Designer, aber man steckt halt in einem Korsett“, sagt er. Es geht um hohe Stückzahlen, um Effektivität und um die Produktkosten. Wenn die Wirtschaft einbricht, spüren es die Designer zuerst, „dann wird eben das Billigste produziert“ – und die ganzen guten Vorsätze aus dem Bauhaus und der Ulmer Schule gehen zumindest zeitweise über Bord.
Der Mensch aber will Individualität. Er will Wertigkeit, die er auch als Ausdruck seiner Würde begreifen kann. Er will etwas, das er schätzen kann und das ihm etwas wert ist. Etwas, was nicht an einen Nutzen gebunden ist. Man kann Luxus dazu sagen, man kann es als Kunst bezeichnen. Das ist der Ansatzpunkt der „Designkunst“ von Reiner Moll.
Zu seinen Objekten, hergestellt in streng limitierter Zahl und zum Teil in der eigenen Werkstätte, gehört das große Holzobjekt „oval stradivari“ (die Geige klingt an) wie der zierliche und geniale „falcon“, Reminiszenz an einen Turmfalken, der seine Schwingen aus Flugzeug-​Sperrholz ausbreitet. Es gibt ein Glas– und Porzellanobjekt, einen Leuchter („annapurna“, klüftig wie eine Felswand) und eine Lichtskulptur, die zum Spielen einlädt. Dem Alltag am nächsten steht ein Sektflöten-​Sextett auf schwarzer Eiche. Ein conversation piece, wie es im Buche steht. Das kann wirklich nützlich sein.

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