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Rainer Reusch erhielt den Figurensatz der „Geschichte vom Soldaten“ als Schenkung für die Schattentheater-​Sammlung

Der Aufbau des Schattentheater-​Museums ruht derzeit, so lange im Freudental die Investorenfrage noch in der Schwebe ist. Doch Schattentheater-​Macher Rainer Reusch hat wieder einen Grund zur Freude: Seine Sammlung ist um eine wertvolle Ergänzung reicher.

Mittwoch, 19. Mai 2010
Rems-Zeitung, Redaktion
1 Minute 57 Sekunden Lesedauer

SCHATTENTHEATER (rw). Rainer Reusch durfte vor einigen Tagen in Gauting bei München eine große Schenkung in Empfang nehmen — den kompletten Figurensatz zur Inszenierung „Die Geschichte vom Soldaten.“ Die Aufführung dieses Stücks durch die „Puppet Players“ ist Legende: Sie war beim zweiten Schattentheater-​Festival 1991 — so lange ist das schon her — ein überaus großer Erfolg, wer das Stück seinerzeit gesehen hatte, dem blieb es unauslöschlich im Gedächtnis.
Igor Strawinsky schrieb die „Geschichte vom Soldaten“ unter dem Eindruck des Ersten Weltkrieges im Schweizer Exil in den Jahren 1917/​18. Die Auswirkungen des Krieges diktierten auch die Sparsamkeit im Einsatz der szenischen und musikalischen Mittel. Sie kam auch dem Verlangen nach einer zeitgemäßeren Form entgegen. Textvorlage Strawinskys war das russische Volksmärchen vom „Soldaten und der Geige.“ Der geschichtliche Zusammenhang bildete in der Inszenierung den Hintergrund, von dem das musikalische Märchen seinen Ausgang nimmt und in dem es am Ende auch mündet: der Krieg als verheerende Wirklichkeit. Es zeigt den einfachen Soldaten, der 1914 mit „Hurra“ ins Feld zog und der vier Jahre später abgerissen und ohne alle Illusionen zurück kehrte. In der Folge Umbruch überall — auch in der Musik, wofür Strawinskys Komposition ein Beispiel ist. „Zugleich aber wird das Märchen selbst nicht aktualisiert, sondern bleibt mit seinen zeitlosen, archetypischen Bildern märchenhaft. Dabei berufen wir uns neben dem Libretto auf die russischen Volksmärchen, vor allem auf jenes, das als Vorlage diente“, schrieben Puppet Players über ihr Spiel. „Das Zusammenwirken von zeitgeschichtlichem Hintergrund und zeitlosem Märchen bildet die dramatische Grundlage dieser Inszenierung.“ Das Märchen hat die Qualität eines (Alp-)Traums, der Soldat geht einen Pakt mit dem Teufel ein und auf Wanderschaft, seine Erinnerungen werden ihm zum Verhängnis. Dabei wurde ein großer weißer und lichtdurchlässiger Schirm mit unregelmäßigen Ecken und Kanten ähnlich einem Segel in einem Rahmen befestigt und auf der Bühne aufgespannt. Zur einen Seite dieses Schirms saßen die Musiker — die Münchener Philharmoniker -, zur anderen Seite die Sprecher.
Auf dem Schirm entstanden bewegte Bilder, Mischformen von Figurenspiel, Projektionen und Schatten in Licht und Farbe. Drei Puppenspieler und ein Beleuchter, die hinter dem Schirm arbeiteten und nicht in Erscheinung traten, manipulierten diese Bilder. Traditionelles Schattentheater verband sich mit modernen optischen Mitteln zu einer gleichsam cinematischen Wirkung: Überblendungen, Schnitte, Montage, Großaufnahmen wie im Kino. Dieses Lichtspiel kam jedoch ohne technische Perfektion aus — es setzte auf die Unmittelbarkeit und Spontaneität der lebendigen Theateraufführung. Die drei Elemente des Stücks, die in der originalfassung voneinander getrennt erschienen, wurden in dieser Inszenierung miteinander verschmolzen. Sprecher und einzelne Musiker waren nicht auf der Bühne sichtbar, sondern wurden bisweilen durch Projektion ihrer Schatten auf den Spielschirm in das Bildgeschehen integriert. Dies geschah in einer unvergesslichen Eindringlichkeit.

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