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Urban Priol findet, dass ihm die schwarz-​gelbe Koalition das Kabarettprogramm schon selbst schreibt

Mit Beifallsstürmen begrüßten rund 800 Zuschauer am Mittwochabend den Politsatiriker Urban Priol auf der Bühne im Stadtgarten. Unter dem Motto „Wie im Film“ sezierte Priol drei Stunden lang die aktuelle Lage der Nation.

Freitag, 21. Mai 2010
Rems-Zeitung, Redaktion
1 Minute 51 Sekunden Lesedauer

COMEDY (cl). Deutsche Politiker sind es, die Priol gekonnt parodiert – insbesondere die schwarz-​gelbe Tigerenten-​Koalition, auch Chaoscombo genannt, hält immer wieder Überraschungen bereit. Ja noch mehr: „Mit ihrem Handeln schreiben die mir mein Programm ja selbst.“ Er drückt stets einen zynischen und sarkastischen Finger in die „Wunde Deutschland“. Präzise, wortgewandt und zielsicher startet er einen Angriff auf die Oberen des Landes.
Seine bevorzugten Opfer sind Angela Merkel, die das Land „blutleer ins Koma“ regiert obwohl sie doch als promovierte Physikerin wissen müsste „wie man träge Masse in Energie verwandelt“.
Aber auch vor dem Koalitionspartner FDP mit Guido Westerwelle oder Verteidungsschönling Karl-​Theodor zu Guttenberg, „dem Lothar Matthäus mit Brille, in schön und edel“ macht er keinen Halt.
Zu seinen Lieblingsfeinden zählt Horst Köhler, der Bundespräsident, der sich in der Minibar seines Berliner Dienstsitzes versteckt halte. Wem würde es auffallen wenn er nicht mehr da wäre? Nach einem plötzlichen Ableben des Präsidenten „wäre eigentlich alles wie immer“.
Der Kabarettist mit dem wirren grauen Haar hat erstaunliche Kondition und Bühnenpräsenz. Fast permanent ist er in Bewegung, gestikuliert wild mit den Händen wobei es ihm wieder einmal unsere Kanzlerin und ihr Vizekanzler besonders angetan haben. Priol verzieht gekonnt das Gesicht und hält nur kurz inne, wenn sein Handy klingelt und er eine verflossene Bekanntschaft trösten muss oder der Tochter bei einer schwierigen Hausaufgabe helfen will. Die Realität nämlich, das was in unserem Land alles so aus dem Ruder läuft, macht ihn zornig, empört oder aber auch einfach nur fassungslos. Und je mehr Äußerungen der Regierung er aus der Gedächtniskiste kramt, desto fassungsloser wird er. Die nächste Krise kommt bestimmt!
Priol zeigte drei Stunden lang Satire vom Feinsten. Er agiert auch als Anwalt der kleinen Leute, wenn er das Wegbrechen der Mittelschicht beklagt oder wenn er sich schützend vor den Mann von Bofrost stellt und ihm das gesamte Tiefkühlsortiment abkaufen will, damit dieser in Zeiten der Finanzkrise von seiner Arbeit überhaupt leben kann.
Dann klärt er uns auf, warum wir uns vor neumodischen Begriffen kaum noch retten können und warum der Sachbearbeiter des Arbeitsamtes nur noch noch mit Fallmanager angesprochen wird. Zwischendurch rechnet er noch mit der katholischen Kirche und deren Missbrauchsskandalen ab. „Die Kirchenväter haben gesagt: Asche auf unser Haupt. Da hat sich der Vulkan auf Island gedacht: Könnt ihr haben!“
Alles in allem erlebte das Publikum einen tollen Abend, bei dem wahrscheinlich kaum ein Auge trocken blieb. Hochintelligent und megakomisch. So kann es eben nur Priol.

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