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Nachrichten Ostalb

Eine Einschätzung von Carl Trinkl, Vorstandsvorsitzender der Kreissparkasse Ostalb

Während des globalen Konjunktureinbruchs litt der industrielastige Export-​Vizeweltmeister stärker als die meisten anderen Volkswirtschaften. Nun, in der Erholung, kehrt sich dies um und die deutsche Volkswirtschaft zeigt sich derzeit von ihrer besten Seite.

Freitag, 10. September 2010
Rems-Zeitung, Redaktion
2 Minuten 7 Sekunden Lesedauer

OSTALBKREIS (pm). Im Jahre 2010 ist ein gesamtdeutsches Rekordwachstum von 3,4 % möglich und selbst die für das kommende Jahr erwartete konjunkturelle Abkühlung würde aktuellen Prognosen zufolge immer noch angenehme 1,8 % Wachstum bringen.
Der deutsche Erfolg ist aber nicht vom Himmel gefallen. Lange Jahre der Lohnzurückhaltung, eine attraktive Produktpalette, das Ausnützen der globalen Arbeitsteilung und eine zunehmende Ausrichtung auf Wachstumsmärkte sichern Deutschlands Stärke auf den Weltmärkten ab. Die strukturellen Erfolgsfaktoren sind also vorhanden — in Deutschland wie auch auf der Ostalb — letztendlich muss aber auch eine entsprechende globale Nachfrage vorhanden sein. In diesem Jahr war dies dank der staatlichen Konjunkturpakete und dank des Wiederaufstockens der in der Krise geräumten Lager der Fall. 2011 werden diese Impulse jedoch deutlich geringer, denn die Konjunkturstimuli und der Lagerzyklus laufen aus und die Weltwirtschaft muss dann wieder auf eigenen — wohl noch wackeligen — Beinen stehen. Hinzu kommt, dass zahlreiche deutsche Handelspartner ihre Staatsfinanzen in Ordnung bringen müssen. Rückenwind für Deutschland könnte von der Geldpolitik kommen. Über viele Jahre war die paneuropäische Geldpolitik für Deutschland, dessen Preisniveauentwicklung relativ stabil war, zu restriktiv. Nun muss die Geldpolitik die Aufräumarbeiten der Finanzmarktkrise und die Konsolidierung in der Eurozone begleiten, was die Zinsen auf niedrigen Niveaus hält. Das hilft perspektivisch, die lahmende deutsche Binnennachfrage etwas zu beleben.
Die Lohnabschlüsse werden in den kommenden Jahren etwas üppiger ausfallen und ebenfalls der Binnenwirtschaft helfen. Dabei ist darauf zu achten, dass der Verteilungsspielraum nicht überzogen wird, denn sonst läuft man Gefahr, die mühsam zurückgewonnene Wettbewerbsfähigkeit auf den Weltmärkten wieder zu verspielen. Da der Arbeitsmarkt sich aber weiter als widerstandsfähig erweist, würden auch moderate Lohnsteigerungen den deutschen privaten Konsum tendenziell stärken.
Ein Teil dieser Kaufkraft wird über steigende Sozialbeiträge allerdings wieder abgeschöpft, so dass es bei einer moderaten Konsumentwicklung bleibt. Weiterer positiver Faktor ist die geringe Arbeitslosigkeit, die auf Bundesebene im Durchschnitt aktuell bei deutlich unter 8% liegt und sich auf der Ostalb bereits seit Monaten bei nur rd. 5% bewegt. Ein sicherer Arbeitsplatz und ein verlässliches Einkommen waren schon immer wichtige Konsumanreger.
Auch fiskalische Bremsspuren sind in Deutschland nicht zu erwarten. Konsolidierung hat derzeit zwar Vorrang, sie kann und wird aber so gestaltet werden, dass sie die Erholung nicht gefährdet. Für umfangreiche Steuersenkungen gibt es dabei derzeit keinen Spielraum. In zahlreichen deutschen Handelspartnerländern ist die fiskalische Lage allerdings eine ganz andere. Dort müssen nach Jahren der üppigen Haushaltsführung die Gürtel enger geschnallt werden. Das lastet auf der dortigen konjunkturellen Entwicklung und wird sich über ein geringeres Exportwachstum auch in Deutschland bemerkbar machen.
Auch wenn das kommende Jahr voraussichtlich ein moderateres Wachstum bringen wird, so fällt es für deutsche Verhältnisse doch recht stark aus. Man muss sich daran erinnern, dass in den Jahren vor der Krise, also bis 2007, ein durchschnittlicher Anstieg des Bruttoinlandsprodukts von lediglich 1,5 % zu verzeichnen war. Nimmt man die Zeit vor der Finanzmarktkrise als Messlatte, dann schneidet Deutschland im europäischen Vergleich auch 2011 weiterhin hervorragend ab.

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