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Nachrichten Kultur

Ökumene mit Pauken und Trompeten

chon nach den ersten Takten in der Konradskirche war klar: Das ist der Höhepunkt von drei Monaten Chorarbeit als konfessions– und chorübergreifendes Projekt.

Freitag, 18. November 2011
Rems-Zeitung, Redaktion
2 Minuten 45 Sekunden Lesedauer

KONZERT (bth). 60 Sänger und Orchestermitglieder drängten sich dicht an dicht auf der Empore und bildeten einen gewaltigen Klangkörper, der auch Mozart so begeistert hätte, wie es die Musikschaffenden am Sonntag selbst waren.
Diese Begeisterung war deshalb auch sofort im Kyrie zu spüren. Weniger eine Vergebungsbitte, eher die mitreißende Begrüßung des einen Herrn. Und dann sofort die Steigerung im Gloria als ausgewogenes Wechselspiel zwischen Chor und Solisten, geführt, gestützt und buchstäblich unter“strichen“ vom Orchester.
Harald Elser hatte seine Instrumentalisten gut vorbereitet, so dass er sich auf den Chor konzentrieren konnte, immer im Bewusstsein, dass fast ausschließlich Laien im Chor am Werk waren. Wenn auch der Stammchor der katholischen Gemeinde Lorch 22 Sänger umfasst, so waren doch 21 Projektler zu integrieren, was Elser hervorragend gelungen ist. Die Altersspanne von 11 Jahren (Julia Müller im Sopran) bis 81 Jahre (Heinz Harr im Bass) ist wohl in einem Chor einmalig. Die Gunst der Stunde nutzend wurde von den Männern der Psalm 84 zwischen den Lesungen in monastischer Manier intoniert, wo man dann doch einen Hauch von Unsicherheit spüren konnte, die aber bei der gewaltigen Halleluja-​Coda von Colin Mawby sofort wieder vergessen war. Hier durfte, bis jetzt „nur“ begleitend musizierend, Jörg Steinheil an der „Queen of Instruments“, der nachfolgenden „Frohen Botschaft“ gewiss, zum ersten Mal so richtig „abrocken“.
Intoniert vom Bassisten nach der Predigt ein Credo, das nicht überzeugender hätte sein können. „Ich glaube an den einen Gott“ singend zu beten fällt leicht, angesichts dieser Mozartschen Vertonung. Das Orchester hier die solistischen Mittelstimmen zeitweise etwas zudeckend, was aber auch am Platz des Rezensenten gelegen haben kann. Der wohltuend temperierten Altstimme von Birgit Steding und dem erstaunlich frisch klingenden Tenor Günter Mezger standen der sonore kräftige Bass Stefan Boschert und die sehr gut hörbare und deutlich artikulierende und doch immer weich klingende Sopranistin Susanne Walcher gegenüber. Auch hier zeigte sich die glückliche Hand des Dirigenten Harald Elser wieder in der gelungenen Auswahl seiner Solostimmen. Dass im Chor der eine oder andere Einsatz der Männer etwas zaghaft kam, war wohl der innigen Darbietung der Solisten zu verdanken, in deren typisch „mozärtlichen“ Stimmverflechtungen man sich auch hätte total vergessen können.
Den Schlusspunkt der „Missa brevis et solemnis in C“ setzte, noch einmal unter Aufbietung aller musikalischer Möglichkeiten, das „Agnus Dei“. Wenn es auch am Ende desselben heißt: „Dona nobis pacem“, so will man doch alles andere, als von dieser göttlichen Musik in Frieden gelassen zu werden.
Wie im richtigen Leben, so spielte auch im Orchester die erste Geige eine Frau, Monika Böhm, und wer denkt, man müsse als „Pauker“ ein ergrauter Lehrer sein, der konnte sich von dem jungen und souverän wirbelnden Paukisten Jakob Michael Benz eines Besseren belehren lassen. Was nun im „Laudate Dominum“ von W.A. Mozart als Danksagung folgte war ein von Bärbel Junker passenderweise zunächst angenehm zurückhaltend gesungenes Gotteslob, das vom Chor nochmals einfühlsam bestätigt wurde.
„Großer Gott wir loben Dich“: Es soll Gemeinden geben, bei denen das Volk die Kirche an hohen Feiertagen nicht verlässt, bevor dieses Lied gesungen worden ist. Dem entsprechend spielte tatsächlich der Organist Strophe Eins an. Zur Überraschung und Freude des Auditoriums stimmte das „zufällig“ anwesende Orchester mit in diesen Hymnus ein, was in Strophe 9 und 11 allerdings nochmals durch die Überstimmen des Chores gesteigert wurde. Und weil fast alles im Leben ein Nachspiel hat, wurde von Jörg Steinheil als Rausschmeißer noch aus der Orgelsinfonie No.1 von Louis Vierne der „Finale“ Satz interpretiert. Funktioniert hat es nicht. Ein großer Teil der Gottesdienstbesucher blieb trotzdem bis zum letzten Ton sitzen — und wurde dafür belohnt. Nach dem Motto „egal, wenn das Mittagessen kalt wird“ brillierte er noch geschlagene acht Minuten an der Orgel.
Und die „Frohe Botschaft“ für den katholischen Kirchenchor in Lorch: Dieser wird sich nun über ein paar feste Mitglieder mehr freuen. So kann also auch eine „Kurze Messe“ eine lang anhaltende Wirkung erzielen.

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