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Georg VII. von Woellwarth war der letzte Bewohner der Burg. Er ließ 1524 den Adelssitz in der Stadt errichten, der heute ein einzigartiges Kulturdenkmal ist

Der Rosenstein, die Felsenburg und das Schloss sind Wahrzeichen Heubachs. Die letzten Bewohner oben auf dem Felsen gehörten dem Geschlecht der Woellwarth an. Sie bauten auch den Adelssitz unten in der Stadt. Von Hans-​Wolfgang Bächle

Samstag, 12. März 2011
Rems-Zeitung, Redaktion
5 Minuten Lesedauer

HEUBACH. Der Rosenstein ist eine knapp zwei Kilometer lange und bis 735 Meter hohe Berghalbinsel. Mit steilen, oft felsigen Abhängen überragt der Berg in markanter Weise das Albvorland. Graben– und Wallsysteme aus der späten Hallstatt– und frühen La-​Tène-​Zeit, also vom 6. und 5. Jh. vor Chr., sind schon beim Parkplatz an der Nahtstelle zum Albhinterland zu beobachten; weitere Abschnittswälle folgen. Zu allen Zeiten hat der Rosenstein als große Fluchtburg in Notzeiten gedient. Auch die Alamannen nutzten ihn als Höhenburg. Die heutige Felsenburg im Westen des Berges stammt erst vom späten 12. und 13. Jh. und ist die jüngste Befestigung.
Von der ehemaligen Burg blieben nur relativ bescheidene Reste erhalten. Die Anlagen der Burgruine begnügen sich mit dem Areal des Burgfelsens. Eine natürliche Felsspalte wurde im Mittelalter zu einem tiefen, praktisch unüberwindbaren Burggraben vergrößert. Heute überbrückt diesen ein eiserner Steg. Über einen Vorhof gelangt man zum eigentlichen Burghof, den verschiedene Gebäude umgaben. Vor allem steht der Besucher hier vor den Resten des stattlichen Palas, dessen starke Westmauer große Fenster und steinerne Bänke mit einer prächtigen Aussicht auszeichnen. Von Heubach aus erscheint gerade diese Mauer, die sich auf einem mächtigen, schroff abfallenden Felsblock erhebt, als Burg Rosenstein schlechthin hoch über der Stadt.
Eine strategische Bedeutung war zu Beginn des 16. Jh. nicht mehr gegeben. Die Versorgung auch eines romantischen Burgschlosses in dieser Höhenlage war überaus schwierig. Wahrscheinlich war die Bausubstanz bereits vernachlässigt worden. Die Forstkarte der Freien Reichsstadt Gmünd von 1572 zeigt die Burg bereits als Ruine.
Bis zum 15. Jh. hatte die Burg Rosenstein, die stets vor Heubach genannt wurde, große Bedeutung, wenngleich in enger Beziehung zur Lauterburg, die einst von Pfalzgrafen genutzt wurde. Im Jahr 1191 ging der Rosenstein als Lehen der Staufer an die Hacken von Wöllstein. Die Westmauer des Palas stammt aus der frühen Regierungszeit Kaiser Friedrichs II. (1212 — 50) und seines Sohnes König Heinrich VII. (um 1220 — 35). Graf Eberhard III. belieh 1413 Georg III. von Woellwarth mit der Burg Rosenstein und Heubach, allerdings unter dem Vorbehalt des Rückkaufs. Schon um 1385 war vermutlich sein Vater Georg I. Ortsherr von Heubach. Georg VI. verewigte sich 1473 am Block– oder Jörgenturm anlässlich eines Um– oder Ausbaus. Georg VII., der am 11.2.1551 starb und der in zweiter Ehe seit 1514 mit Anna Warbeck, der Tochter des Gmünder Bürgermeisters Thomas Warbeck verheiratet war, residierte als letzter Woellwarth auf dem Rosenstein.
Die Herren von Woellwarth
zu Heubach
Georg VII. von Woellwarth verließ mit seiner Familie spätestens 1525 die Burg Rosenstein, um ein stattliches Herrenhaus in Heubach zu beziehen, das er 1524/​25 hatte errichten lassen. Es wird heute allgemein als Heubacher Schloss bezeichnet, nachdem in den Jahren 1991 – 97 eine aufwendige Sanierung gelang. Dem Heerführer der protestantischen Truppen, Kurfürst Johann Friedrich von Sachsen, gewährte Georg VII. während der Belagerung und Beschießung der katholischen Freien Reichsstadt Gmünd Unterkunft im Heubacher Schloss. Er sympathisierte zwar mit dem Protestantismus, ohne allerdings sich zu ihm zu bekennen. Wie seine ritterlichen Vorfahren wollte er im Kloster Lorch beigesetzt werden. Dank seinem neuen Herrensitz in der Stadt Heubach nannte er sich nicht mehr Ritter von Rosenstein, sondern Georg von Woellwarth zu Heubach.
Georg Reinhard, der Sohn Georgs VII., trat zum evangelischen Glauben über und führte auch in Heubach 1556 die Reformation ein. Hierbei spielte sicher auch die Verwandtschaft zu Martin Luther eine Rolle, dessen Sohn Dr. Paul Luther mit einer Tochter des Bruders von Georgs VII. Frau Anna Warbeck aus Gmünd verheiratet war. Auch wollten Georg Reinhard und seine Frau Barbara Eckbrecht von Türkheim nicht mehr in Lorch, sondern in der Ulrichs-​Pfarrkirche zu Heubach bestattet werden. Ihr farbenprächtiges Renaissance-​Epitaph mit dem Allianzwappen der Verstorbenen (er 1569, sie 1609) kann im Chor bewundert werden. Georg Reinhard blieb Heubach eng verbunden. Er beerbte seine Brüder und den Vetter Hans Konrad († 1567), den einzigen Sohn seines Bruders Georg Heinrich zu Lauterburg und Essingen, wodurch großer Besitz zusammen kam. Heubach als einziger Stadt der Woellwarth’schen Territorien winkte die Residenzfunktion.
Doch seit 1579 forderte Württemberg die Pfandschaft Rosenstein/​Heubach mit allen Lehen zurück, sodass das Heubacher Schloss seine Bedeutung als Herrschaftsmittelpunkt verlor. Der Sohn Georg Wolf verlagerte die Residenz wieder nach Lauterburg und in der Folge davon nach Essingen.
Als Georg VII. sich zum Bau eines Herrenhauses in Heubach entschloss, nutzte er offenbar den Unterbau eines Vorgängerbaus. Darauf weisen die beiden massiven Untergeschosse hin. Nicht exakt aufgesetzt wurde das Fachwerkobergeschoss. Es entstand ein großer recht geräumiger Bau mit einer Firsthöhe von knapp 20 Meter. An der Westseite stand ursprünglich ein Treppenturm, über dessen Türe sich ein Wappenstein mit der Jahreszahl 1525 befand. Die Fassade zum Schlossplatz prägen im Übrigen die großformatigen gemalten Quader der Gebäudekanten. Auch die symmetrisch angeordneten Fenster des ersten Geschosses erhielten eine feine Quaderung und betonen den Renaissancecharakter des Schlosses. Das Balkenwerk des Fachwerkobergeschosses und des Giebels erhielt wieder eine rote Farbe; die Fensterfronten dort erscheinen etwas unregelmäßig. Hinter der durchlaufenden Fensterreihe übereck verbirgt sich die große Bohlenstube, die heute als Trauzimmer genutzt wird.
Die Innenausstattung der Renaissancezeit des Heubacher Schlosses mit den Holzvertäfelungen der Stuben und der weitgehend farbigen Gestaltung der Räume gilt als einmalig in Süddeutschland. Eine bemalte Bohlenwand, die den Nordteil des ersten Geschosses in zwei ähnliche Räume teilt, ist etwa 5,40 m breit und 3,65 m hoch. Die hölzerne Rahmenkonstruktion ist in verschiedene Felder aufgeteilt. Links einer Türe erscheinen die heiligen Florian und Christophorus, rechts eine Madonna, gefolgt von schmalen dekorierten Feldern. Die Sockel unter diesen Hauptfeldern sind ebenfalls ornamentiert. Über dem Türsturz werden Tiere dargestellt, ein Affe und ein Eichhörnchen. Ein längsliegender Streifen darüber zeigt Jagdszenen.
Ein einzigartiges Bauwerk,
einmalig in Süddeutschland
Als Hauptfigur in der Reihe der lebensgroßen Heiligen ist, zudem im Erhaltungszustand am besten, die reich gewandete Muttergottes zu sehen. Sie steht auf der Mondsichel, umgeben von einem Strahlenkranz und ist dem Betrachter zugewandt. Mit der Rechten hält sie das nackte Jesuskind, in der Linken das Lilienzepter. Beide Gestalten tragen einen Heiligenschein, Maria als Reif über dem gekrönten Haupt, Jesus einen Scheibennimbus. Die Malweise wirkt im Ganzen etwas schwerfällig. Der Künstler hatte Probleme, zweifellos vorhandene Vorbilder in die großformatige Tafelmalerei umzusetzen. Er arbeitete mit dunklen Linien und modellierte mit Grautönen Wölbungen bzw. Körperformen. Die Tafelmalerein des nicht allzu begabten Künstlers sind der frühen Renaissance zuzuordnen im Gegensatz zu den farbigen Wandmalereien etwa einer Gruppe von Musikantinnen in den Räumen des Miedermuseums, die erst anfangs des 17. Jh. entstanden sind.
Durch die Sanierung von 1991 – 97 wurde der Stadt Heubach und ihren Bürgern ein Ensemble von Schloss und ehemaligen Ökonomiegebäuden samt einer Neugestaltung der gesamten Umgebung wieder geschenkt. Nachdem Johann von Wessem, der zwei Mal mit Witwen aus der Familie von Woellwarth verheiratet war, um 1715 starb und seine zweite Gemahlin das Schloss 1726 mit Zubehör verkaufte, hatte es als adliges Herrenhaus nach 200 Jahren ausgedient. In der Folge kam es in den Besitz vieler Bürger, die das Gebäude in kleine Wohneinheiten aufteilten und nach ihren Bedürfnissen umbauten. Zuletzt diente es gar als Bauernhaus mit Stallungen und Lagern im EG und Heuboden im OG und DG. Unter diesen Verhältnissen geriet das „Schloss“ in einen Verfallszustand, auf den der Verfasser in der Rems-​Zeitung erstmals 1972 hinwies: „Lässt man das Heubacher Schloss verwahrlosen?“ Die öffentliche Reaktion hierauf zeugte von Unverständnis und forderte einen Abriss des „alten Kastens“. Die Heubacher besannen sich Jahre später eines Besseren. Tatsächlich befinden sich heute im renovierten Heubacher Schloss die städtische Bibliothek, ein historisches Klassenzimmer, das Heubacher Miedermuseum, die Anfänge eines Heimatmuseums und das Trauzimmer.
Der Heubacher Stadtarchivar Gerhard Kolb konnte im Jahre 2001 nach der Sanierung, die 6,4 Mio. DM kostete, festhalten: Das Heubacher Schloss ist eines der überaus seltenen Bauwerke aus dem Anfang des 16. Jh., das eine Vorstellung von der Wohn– und Lebensweise eines niederadeligen Rittergeschlechts dieser Zeit vermittelt.
Das Schloss war wenigstens 55 Jahre lang Regierungssitz der jüngeren Linie der Woellwarth, die nach dem Urteil des Heubacher Rechtshistorikers Raimund J. Weber zu den bedeutendsten ritterschaftlichen Familien in unserem Land gehören. Die Woellwarth haben in dem heute baulich einförmig gestalteten Ortsbild Heubachs die einzigen sehenswerten Bau– und Kunstwerke hinterlassen: die spätgotische Ulrichskirche mit dem Blockturm und das Schloss. Sie förderten die Pfarrei und unter der Herrschaft der Woellwarth wurde Heubach Zufluchtsort für Protestanten der katholischen Umgebung. Die traditionell guten Beziehungen der Woellwarth zum Hause Württemberg trugen bei zum Fortbestand des kleinen Heubach als württembergische Land– und Amtsstadt im reichsstädtischen Umfeld bis 1806.

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