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Die Württembergische Landesbühne gastierte mit Büchners Revolutionsdrama „Dantons Tod“ im Stadtgarten

Die Württembergische Landesbühne Esslingen wagte ein Stück, das lange Zeit als unspielbar galt. „Dantons Tod“ von Georg Büchner komprimiert einen blutigen Ausschnitt der Französischen Revolution auf wenige Tage und gibt Einblick in die Motive ihrer Träger.

Freitag, 08. April 2011
Rems-Zeitung, Redaktion
1 Minute 55 Sekunden Lesedauer

THEATER (ww). Die WLB brachte das Stück im Stadtgarten auf die Bühne. man braucht ein paar historische Informationen, Dramaturgin Katrin Enders gab sie. Die Französische Revolution befand sich im vierten Jahr, der König war bereits geköpft — und das Volk hungerte immer noch. Viele der wichtigsten Träger der Revolution waren ihrer bereits müde und hatten darüber hinaus ihr Schäfchen ins Trockene gebracht.
Die bei Büchner anklingende leise Anklage vermittelt das Bild eines ehemaligen Heroen der Revolution, der seinen Frieden zu machen versucht, nachdem er sich bereits einem gewissen Wohlleben hingegeben hat. Danton steht im Ruch, sich bestimmte Dienste gut bezahlen zu lassen, sozusagen als Lobbyist tätig zu sein. Inzwischen resignierender Bohemien mit Gewissensbissen, sucht er das blutige Werk Robespierres zu stoppen. Sehr glaubwürdig bringt Nikolaos Eleftheriadis diesen an sich und seinen Taten zweifelnden Danton auf die Bühne. Büchners Text liefert dazu die passende Vorlage. Büchners Stück ist deklamatorisch angelegt und fordert hohe Konzentration vom Theatergänger. Um es spielbar zu machen, fasste die Landesbühne den Entschluss, die Protagonisten auf vier männliche und zwei weibliche zu beschränken. Ihr Verdienst, dass dennoch weder Verständlichkeit noch Information verloren gingen. Büchners Beleuchtung der politischen, psychologischen und philosophischen Befindlichkeit der Revolutionsmacher litt nicht darunter. So wirkt auch der Auftritt Robert Eders als Robespierre absolut authentisch. Sein Vortrag als „Unbestechlicher“ macht deutlich, in welch nahezu auswegloser Situation dieser sich befand. Bis zur letzten Konsequenz sich der Revolution verpflichtet fühlend, opfert er nicht nur Danton, Camille Desmoulin und sonstige Weggefährten der Staatsräson, sondern ist auch zur Selbstopferung bereit. „So erkläre ich denn: nichts soll mich aufhalten, und sollte auch Dantons Gefahr die meinige werden“, lässt ihn Büchner sagen. Fehlt noch St. Just, von Jonas Pätzold angebracht zurückhaltend gespielt. Auch Anhänger eines kompromisslosen Vorgehens, treibt er Robespierre zur Eile an. Ebenfalls dem Stück angemessen der Bühnenauftritt der beiden Frauen. Marion, als sinnliche Bettgefährtin Dantons (Nadine Ehrenreich) und Lucile, an der Sinnlosigkeit des Sterbens irre werdende Gefährtin Desmoulins (Nora Backhaus) spielten das Verzweifeln an der Sinnlosigkeit des großen Sterbens beklemmend und eindringlich. Sie verstehen wenig von den großartigen Taten der beiden, aber sie verstehen sehr wohl ihr bevorstehendes Ende unter der Guillotine. Genial die Idee, die bei Büchner auftretenden Stimmen des Volkes immer wieder im Chor der Schauspieler erklingen zu lassen. Zum Schluss, die bevorstehenden Hinrichtungen Dantons und Desmoulins werden als unabwendbar erkannt, dringt bei beiden Todesfurcht durch, die bisher stoisch zur Schau getragene Heldenhaftigkeit bricht zusammen. Ausdrucksstark wurde die verloren gehende Nonchalance im emotionalen Spiel von Eleftheriadis und Matthias Zajgier — emotional aufgewühlt als Camille Desmoulin glänzend — dargestellt. Das Publikum dankte der Aufführung mit langem Beifall.

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