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Jugendgruppe des Obst– und Gartenbauvereins Eschach hat ihren Einsatz für den Erhalt von Streuobstbäumen dokumentiert

Pflanzlöcher ausheben, Unkraut jäten und Streuostwiesen pflegen — das ist doch was für alte Leute. Wer so denkt, liegt voll daneben. Der Eschacher Obst– und Gartenbauverein beweist mit seiner erfolgreichen Jugendarbeit, wie sehr sich Kinder für naturverbundene Arbeit begeistern können.

Dienstag, 03. Mai 2011
Rems-Zeitung, Redaktion
3 Minuten Lesedauer

Von Gerold Bauer

Der Obst– und Gartenbauverein wurde im April 1994 gegründet und hat sich die Förderung des Obst– & Gartenbaus, der Gartenkultur, der Landschaftserhaltung, der Heimatpflege und des Umweltschutzes. Durch Lehrfahrten, Fachvorträge, Kurse etc. erhalten die Mitglieder Kenntnisse über laufende Arbeiten und Maßnahmen im Obst– & Gartenbau. Auch die Weitergabe von Fachkenntnissen durch die Berater, Fachwarte und erfahrende Mitglieder sowie die Untersuchung von Bodenproben hat einen hohen Stellenwert in der Vereinsarbeit. Denn mehr Wissen bedeutet mehr Freude und mehr Erfolg, heißt es beim OGV Eschach. Darüber hinaus wird aber auch die Geselligkeit nicht außen vor gelassen.
Seit 2008 hat der Eschacher Obst– und Gartenbauverein auch eine Jugendgruppe. Sie wird von Claudia und Thomas Günther geleitet. In einer Dokumentation hat der OGV-​Nachwuchs — untermalt mit vielen Fotos — in ausführlicher Weise dargestellt, wie das Bemühen um Streuobstwiesen durch junge Leute in Eschach immer wieder konkrete Formen annimmt. Zunächst machen die Jugendlichen in ihrem Dossier deutlich, dass Obstbäume nicht nur ein Naturprodukt sind, sondern seit langer Zeit auch ein Kulturgut. Ein kurzer Abriss, den die Gruppe ausgearbeitet hat, veranschaulicht die lange Tradition des planmäßigen Anbaus von Obst.
Schon die Römer hatten in der Antike Obstgehölze kultiviert. Im Gmünder Raum wurde erst ab dem 15. und 16. Jahrhundert gezielt auf größeren Flächen Obst angebaut, doch im 30-​jährigen Krieg kamen viele Obstbäume zu Schaden. Auch im 18. und 19. Jahrhundert kam es zu starken Einbrüchen im Obstbau — allerdings nicht aufgrund von Kriegswirren, sondern durch einige sehr kalte Winter.
Auf Grund der schlechten Lebensmittelversorgung der stark gewachsenen Bevölkerung wurde ab Mitte des 18. Jahrhundert auf Anweisung der Landesherren wieder verstärkt Obst angebaut. Alle Bürger wurden verpflichtet zu bestimmten Anlässen Obstbäume zu pflanzen und auch zu pflegen. So kam es, dass Obstbäume auch auf Äckern und Wiesen gepflanzt wurden und „Streuobstwiesen“ entstanden — die gerade jetzt im Frühjahr während der Blütezeit dem Landschaftsbild einen besonderen Reiz verleihen.
Streuobstwiesen, so erläutern die Eschacher „Obstwürmer“ in ihrer Darstellung, hatten hierzulande im und nach dem 2. Weltkrieg noch eine große Bedeutung für die gesunde Ernährung. Durch die Veränderung in der Landwirtschaft und durch umfangreiche Obstimporte seit den 60-​er Jahren ging der heimische Streuobstanbau allerdings stark zurück. Weil damit kein Geld mehr zu verdienen ist, sind leider viele Obstbäume in schlechtem Zustand, ungepflegt und überaltert.
Diesem Trend soll durch gezielte und nachhaltige Pflanzung von Streuobstbäumen durch den OGV Eschach entgegen gewirkt werden. In Zusammenarbeit mit der örtlichen Grundschule führt der Verein regelmäßig Aktionen auf der vereinseigenen Streuobstwiese durch. Dabei geht es dann — wie auch bei Aktionen der OGV-​Jugendgruppe „Obstwürmer“ — um die Frage, wie man vorgehen muss, um fachgerecht einen Obstbaum zu pflanzen.
Zunächst geht es dabei um theoretisches Wissen, denn folgende Fragen sind vor dem Graben der Pflanzlöcher zu klären: Wer hat schon einen Baum gepflanzt oder wenigsten dabei zugesehen? Was für ein Obstbaum soll es sein? Was soll aus der Ernte werden? Welche Sorte passt zu unserem Klima? Wie soll der Baum wachsen? Wird der Baum gepflegt? Was müssen wir zu seinem Schutz tun damit er gedeihen kann? Wo haben wir einen Platz an dem er wachsen kann?
Nachdem dank der fachkundigen Ratschläge erfahrener Vereinsmitglieder alles weitgehend geklärt ist, können die Spaten und Schubkarren aus dem Schuppen geholt werden. Der Apfelbaum, den die Kinder pflanzen wollen, ist kein wildes Gewächs, sondern von Menschen gezüchtet worden. Wenn wir einen Apfelkern aussäen, wird wohl ein kleines Pflänzchen wachsen. Vielleicht wird sogar ein guter Baum mit tollen Früchten daraus — allerdings gehört dazu eine ordentliche Portion Glück. Deshalb hilft der Mensch der Natur nach.
Um einen Apfelbaum mit den gewünschten Eigenschaften zu erhalten muss ein Sämlingsbaum veredelt werden. Wie das gemacht wird, haben sich die Eschacher „Obstwürmer“ im vergangenen Jahr an den Zwetschenbäumchen von Fachwart Hermann Kistenfeger zeigen lassen. Bei Besuchen auf der Streuobstwiese hat die Jugendgruppe dann verfolgt wie die eingepfropften Zweige angewachsen und gediehen sind. Es geht aber auch einfacher und viel schneller, um an den gewünschten Apfelbaum zu bekommen. Im Teilort Holzhausen gibt es nämlich die Baumschule Sigmund. Das dort von den Kindern ausgesuchte Bäumchen ist schon veredelt und trägt damit sicher die gewünschte Apfelsorte.
Die Wurzeln bilden für den Baum die „Unterlage“ und entscheiden darüber, wie der Baum wachsen soll. Da auf der Streuobstwiese genügend Platz für einen großen Baum ist, wurde für das Projekt der Jugendgruppe ein Hochstammbaum ausgewählt. Wenn er dann in 20 Jahren eine Höhe von etwa zwölf Metern erreicht hat, ist er ausgewachsen.
Nach der Wurzel gibt es am Stamm eine Verdickung — die sogenannte „Veredlungsstelle“. Dort wurde in der Baumschule ein „Auge“ der gewünschten Apfelsorte eingesetzt. Nach dem Anwachsen entstand ein Trieb, und als der groß genug war, wurde der ursprüngliche Stamm einfach abgeschnitten. Der eingewachsene Trieb übernahm von da an die Rolle des Stamms.
Der obere Teil des Obstbaum heißt „Krone“, und wie die aussieht, können die Eschacher Kinder durch gezielte „Erziehungsmaßnahmen“ beeinflussen. Deshalb wurde aus den natürlich gewachsenen Ästen die besten für den Kronenaufbau aus. Die untere Astreihe soll etwa 1,80 Meter über dem Boden beginnen. Dafür sind drei gut um den Stamm herum verteilte Äste nötig. Die übrigen werden, sobald der Baum eingepflanzt ist, abgeschnitten.
Endlich ist es soweit, dass die Gruppe junger Gartenbau-​Fans mit den Werkzeugen auf der Streuobstwiese zur Tat schreiten kann. Sie rüsten sich mit Spaten, Schaufel, Drahtkorb, Pfahl, Einschlagwerkzeug für den Pfahl, Seil zum Anbinden, gut verrotteten Kompost zur Bodenverbesserung, Gießkanne mit Wasser aus. Und natürlich haben sie auch das Wichtigste dabei — ihren Baum.

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