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Spiel– und Theaterwerkstatt Ostalb und die Integration : „Jasmin und Yasemin“

Jasmin und Yasemin“ heißt das aktuelle Jugendstück der Aalener Spiel– und Theaterwerkstatt Ostalb, das den Schulen der Region einen Einstieg in die Alltagsprobleme türkischer Jugendlicher geben will.

Freitag, 01. Juli 2011
Rems-Zeitung, Redaktion
1 Minute 54 Sekunden Lesedauer

THEATER (wil). Inhaltlich grob vereinfacht, aber schauspielerisch ansprechend umgesetzt werden die verschiedenen Lebenswelten facettenreich vorgestellt und in einer knappen Stunde zur Eskalation getrieben.
Jasmin und Yasemin sind zwei Teenager, wie sie unterschiedlicher kaum sein könnten. Beide sind in der selben Stadt geboren, für beide ist dieser Ort Heimat. Das deutsche Mädchen wurde von ihrer jugendlichen Mutter in die Obhut der Oma gegeben und langweilt sich nun tödlich in jenem Kaff — das türkische Mädchen steht unter der Fuchtel ihres Bruders Kerim und malt sich aus, was sie würde, wenn sie dürfte.
Dinah Politiki von der Stoa hat dieses Stück mit vielfältiger Unterstützung öffentlicher und kultureller Hände entwickelt und Anfang März dem Publikum vorgestellt. Natürlich bedient sie Klischees, lässt diese auch von ihren beiden Akteurinnen Sarah Gros als Yasemin und Ronja Wiefel als Jasmin offen aussprechen, bringt die unterprivilegierten Jugendlichen mit ihrem schichtkonformen Äußeren und ihren megageilen Sprüchen quasi als Spiegelbild der Zuschauer auf die Bühne und gibt somit reichlich Gesprächsanlass für jede Nachbereitung.
Ein erster Handlungsstrang führt Jasmin mit ihrem Freund Bull in die Schlingen eines Ladendiebstahls, den die dort minijobbende Yasemin aufklären könnte — aber nicht will. Die Sorgen der anderen sind ihr egal, sie hat ihre eigenen.
Und nun schildert Yasemin ihr Gefühlsleben, die erwachende Liebe zu einem deutschen Jungen, den sie pikanter Weise beim Heimaturlaub in der Türkei kennen lernte. Und natürlich die stereotype Reaktion ihres Bruders, wobei Dinah Politiki alle Vorurteile aufeinander prasseln lässt. Wie sehen die deutschen Jugendlichen die Türken, wie sehen sich die türkischen Jugendlichen selbst und wie türkisch oder wie deutsch wollen sie sein? Yasemin nennt Freistadt ihre Heimat, aber von den Deutschen grenzt sie sich ab. Für deren alltägliche Gewohnheiten zeigt sie nur Verachtung, plappert nach, was andere ihr vorsagen und merkt nicht, wie sehr ihre Gefühle und ihre Aussagen differieren.
Das Trennende wird hochgepuscht, für das Verbindende darf es in den Gefühlen keinen Platz geben. Natürlich sind die Jungs die Bösen, die nicht friedlich miteinander Fußball spielen können, sondern den Platz als Revier betrachten, den es zu verteidigen gilt — ebenso wie die Ehre der Schwester, den Koran und was noch so dazugehört. Schauspielerisch begeisternd mimen Gros und Wiefel nicht nur die Mädchen sondern auch Freund und Bruder, Polizist und Großmutter.
Und als sich die Frauen dann zusammensetzen werden die idealen Lösungen für alle Probleme dieser Welt gefunden, der Gerechtigkeit die Bahn gebrochen und der Eierkuchen gebacken. Ein offenerer Schluss hätte dem Stück, das sich vor allem an Schulklassen richtet und problemlos in Schulen aufgeführt werden kann, besser getan, aber durch ihre überzeugende Darstellung öffnen die beiden Schauspielerinnen vielleicht doch den einen oder anderen Zuschauermund.

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