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Benefizkonzert im Münster mit Stephan Beck

Die gute Tradition der Orgelbenefiz-​Konzerte mit Münsterorganist Stephan Beck am 1. Advent ist Garant für ein volles Heilig-​Kreuz-​Münster. Schneefall hält niemanden ab.

Dienstag, 04. Dezember 2012
Rems-Zeitung, Redaktion
2 Minuten 25 Sekunden Lesedauer


KONZERT (-ry). Münsterbauverein, Pfarrer Robert Kloker und die große Hörergemeinde wissen einfach, was sie an Stephan Beck haben. Nämlich einen höchst sensiblen Künstler, der mit Gespür für das Notwendige und der Akribie gründlicher Vorbereitung Ziel und Zweck befördert: die besinnliche Einstimmung der Menschen im Advent auf das Fest der Geburt des Herrn sowie die finanzielle Unterstützung für die Johanniskirche. Jedes Orgelkonzert wird mit Spannung erwartet, nicht nur wegen der Werkauswahl, sondern auch wegen der gelungenen Improvisationen des Künstlers.
Das überaus facettenreiche, eher stille Programm begann mit Louis-​Claude Daquin: Noël Étranger, einem Rondo im Wechsel von Zungen und Plenum. Der Echodialog mit seinen punktierten Rhythmen war voller Leben.
Der Lübecker Altmeister Dietrich Buxtehude war mit zwei seiner für viele andere Komponisten vorbildhaften Choralbearbeitungen vertreten: „In dulci jubilo“ und „Puer natus est in Bethlehem“, beide als Trio mit hervorgehobenem cantus firmus (Sesquialter bzw. Zunge) mit Tremulant. Dazwischen stand die Ciacona in d von Johann Pachelbel, einem leider viel zu wenig gehörten Werk, das über einer ostinaten Melodie (meist im Pedal) ein wahres Feuerwerk an Ideen ausbreitet. Die minutiös strukturierte Steigerung erfolgte über kontinuierlichen Registerzuwachs samt Nutzung des Schwellers. Bei elementar kurzem Thema entwickelte sich eine Fülle an Linien und Farben, höchst kunstvoll gesetzt und ausgeführt.
Psychologisch geschickt wurde Buxtehudes berühmtes Präludium in C ins Programm gefügt — nur hatte man sich gründlich geirrt, wenn man ein pompöses Spiel erwartet hätte. Hier zeigte sich wieder einmal mehr die Kunst des Münsterorganisten. Wie dezent die Fugati flossen, wie fein das Pedal zeichnete! Klare, fast zarte Linien überlisteten die Akustik. Natürlich kamen die Höhepunkte kräftig: bereits im Pedalsolo zu Beginn oder in der Schlusskrönung, aber eben nicht durchgängig, wie andere Organisten postulieren, was eher den Eindruck von Gleichförmigkeit und Penetranz vermittelt.
Dann begann der romantische Programmteil mit Felix Mendelssohn Bartholdys G-​Dur-​Präludium — mit der tragenden Portunalflöte gleichsam ein Lied ohne Worte in ruhigem meditativen Fluss — eine gelungene innere Einkehr. Dem schloss sich Léon Boëllmanns „Offertoire sur des Noël“ an (Gabenbereitung der Eucharistiefeier) durch Zungenmischung und eine plötzlich anhebende Aufforderung (des „sursum corda“ = erhebet die Herzen) und eine Rückbesinnung auf den Anfang (ABA’).
Dieses Jahr war die Improvisationskunst Stephan Becks Teil des Programms, schlicht als „Improvisation über Advents– und Weihnachtslieder“ betitelt. Dahinter verbarg sich ein wahrer Kosmos an Musik. Mit dem zarten Glanz von Arpeggien rauf und runter wurde man neugierig gemacht auf das nun Kommende: „O Heiland, reiß die Himmel auf“; dann tiefgründig „Es kommt ein Schiff geladen“ und — melismatisch eingeleitet — „Maria durch ein’ Dornwald ging“ — alles ein Seelenbalsam für offene Ohren und Herzen! Nach den Liedern in Moll kam das helle Dur zu seinem Recht: Trillerketten intonierten „Süßer die Glocken nie klingen“, die Melodie natürlich mit den Glocken des Schwellwerks und Tremolandi-​Begleitung; „Josef, lieber Josef, mein“ über einem Pedalorgelpunkt mit Hornquinten (Zungen, Flöten); „Über dem Berge, da wehet der Wind“ bis zu „Ihr Kinderlein, kommet“ — mit Vorhalten und koloriert — fantastische Assoziation einer Kirmesorgel. Den Abschluss bildete „Kling, Glöckchen, klingelingeling“. Wem da nicht das Herz aufging, dem war nicht zu helfen!
Aus dieser Besinnlichkeit „weckte“ Stephan Beck (wie nach autogenem Training) mit Jacques-​Nicolas Lemmens „Fanfare“, der selbstredend alle Ehre gemacht wurde.
Nach solch einer Leistungsanforderung an den Künstler erbat der begeisterte Beifall natürlich eine Zugabe — improvisiert: „Schneeflöckchen, weiß’ Röckchen“ und „Leise rieselt der Schnee“ (chromatisch linearisiert) — eine treffende Replik auf die Wetterkapriolen und: die weltlichen Melodien so fein „getauft“, dass einem nochmals das Herz aufgehen musste.

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