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Nachrichten Schwäbisch Gmünd

Studierende der Filmakademie verfilmen im alten Schlachthof eine Stephen King-​Geschichte

Gruselig ist’s derzeit im alten Schlachthof mit all den Stahlbögen, Ketten, Haken. Es war viel Mühe, dieses Szenario zu schaffen. Aber es hat sich gelohnt. In der Stephen King-​Geschichte, die Studierende der Filmakademie um den Gmünder Regisseur Milos Savic derzeit verfilmen, geht es um Folter. Um den Willen zu überleben, um jeden Preis.

Samstag, 04. Februar 2012
Rems-Zeitung, Redaktion
2 Minuten 44 Sekunden Lesedauer


SCHWÄBISCH GMÜND (bt). Milos Savic ist ein Gmünder. Das ist ein Grund dafür, dass hier gedreht wird. Vor allem aber hat dasselbe Team der Filmakademie Baden-​Württemberg in Ludwigsburg hier bereits 2008 den Kurzfilm „Crew united — wozu hat man Freunde?“ gedreht, für den Regisseur Savic, der auch das Drehbuch geschrieben hat, große Anerkennung erfuhr und der alle Beteiligten durchs Vordiplom gebracht hat. Gmünd hatte also Glück gebracht, und so lag es nahe, für die Diplomarbeit wieder remsaufwärts zu fahren. „In the Deathroom“, im Todesraum, basiert auf einer Kurzgeschichte von Stephen King, der über hundert solcher Geschichten geschrieben und die Rechte daran für jeweils einen Dollar freigegeben hat, um so junge Filmschaffende zu fördern. Jede dieser Geschichten wurde von King kommentiert, und zum Deathroom hat er angemerkt, er habe „eine Geschichte mit Happy End“, schreiben wollen, „so unwahrscheinlich das sein mag.“ Das hat ihre Phantasie gefesselt – und letztendlich den Ausschlag gegeben.
Und so hat also Szenenbildnerin Nuria Narro in wochenlanger Arbeit „Stahlkonstruktionen“ im Schlachthof aufgebaut und alles für eine perfekte Folterkammer arrangiert. Hier wird nun Fletcher (Nicolai Tegeler), den eine unbekannte Gruppe zuvor entführt hat, „verhört“. Er soll preisgeben, wann und wo der nächste Anschlag geplant ist. Allein, sie haben en Falschen erwischt; Fletcher hat nicht die leiseste Ahnung, wovon die Rede ist. „Folter war noch nie ein verlässliches Mittel, um an Wahrheit zu gelangen. Sie ist als Kontrollfunktion wirkungslos. Sie wissen nie, ob sie angelogen werden“, sagt Escobar (Udo Schenk, bekannt aus „In aller Freundschaft“), was ihn aber nicht daran hindert, Fletcher foltern zu lassen. Ist das zu rechtfertigen, wenn das Leben so vieler Unschuldiger auf dem Spiel steht? Eine Grundsatzfrage. Ramon (Steven Wilson) verprügelt den Gefangenen, Heinz (Vladislav Grakovskiy) traktiert ihn mit Stromschlägen, und im Hintergrund gibt die Schöne, die er Frankensteins Braut nennt (Gabrielle Scharnitzky, „Verliebt in Berlin“ oder auch „In aller Freunschaft“), eiskalt und menschenverachtend den Ton an. Nicht nur im Schlachthof wurde gedreht, auch im Rokokoschlösschen – dieser Handlungsstrang ist den Drehbuchschreibern zu verdanken –, das mit seiner Schönheit, seiner Helligkeit und seiner Weite der Gegenentwurf zum klaustrophobischen Kerker ist. Denn den Zuschauern einfach so ein „unwahrscheinliches Happy End“ um die Ohren zu schlagen, fanden die Filmemacher wenig befriedigend: Irgendwie müssen sie erklärt werden, der Mut, und die Kraft, die Fletcher in sich entdeckt, der Wille zu überleben, um jeden Preis.
Nikola Vujacic und Laura Müller produzieren den Film, Savic hat gemeinsam mit Michael Knoll das Drehbuch geschrieben. und übernimmt wieder die Regie. Ralph Häcker vom Kulturbüro habe auch dieses Mal alles daran gesetzt, ihnen unbürokratisch zu helfen und Hindernisse aus dem Weg zu räumen: Ihm gilt ein herzliches Dankeschön.
Gedreht wird auf der Red und der Alexa, beide HD, also hochauflösend und digital; nur einige Spezialeffekte werden auf 16-​Millimeter-​Film festgehalten und später entsprechend nachbearbeitet. Wenn am morgigen Sonntag die Dreharbeiten abgeschlossen werden, ist das Projekt für die Filmstudenten noch nicht zu Ende. Parallel arbeitet bereits der Cutter; der Rohschnitt ist so gut wie fertig, der Ton angelegt, das gesamte Material gesichtet. Premiere soll im Mai sein; wann und wo steht noch nicht fest. Die jungen Leute wollen ihren Film in die nationale und internationale Festivalwertung geben und erhoffen sich einiges davon – ganz bewusst wurde darauf geachtet, „keinen typisch deutschen Film“ zu drehen. Sie haben ein gutes Gefühl: Die Geschichte ist Klasse, und dass sie sich genau die Schauspieler sichern konnten, die sie sich gewünscht haben, nennen sie einen „ganz großen Glücksfall“ – alle Schauspieler spielen im übrigen unentgeltlich, wie es bei Studentenprojekte üblich ist. Dass sie selbst etwas können, zeigt sich etwa am Deutschen Kamerapreis, mit dem Savic ausgezeichnet wurde. Auf diesen Film darf man gespannt sein.

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