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Erich Hauser: Origami mit Stahlplatten

„Die Form verändert sich, wie ich mich selbst verändere“, sagte Erich Hauser über seine Arbeiten. Aber wer so im Kunstgeschehen steht wie dieser Bildhauer, schafft weit mehr als subjektive Entwürfe, sondern künstlerische Zeugnisse seiner Zeit, die bestehen. Wie es der Künstler im Sinn hatte.

Mittwoch, 07. März 2012
Rems-Zeitung, Redaktion
2 Minuten 16 Sekunden Lesedauer

AUSSTELLUNG (rw). Davon kann man sich in der Predigergalerie überzeugen. Dort wurde am Freitag die Schau „Erich Hauser — Dimensionen im Raum“ eröffnet. Der Rede von Heiderose Langer (Kunststiftung Erich Hauser, Rottweil) lauschte im Innenhof ein großes Publikum.
Hauser gelang etwas, was Künstler immer auch anstreben, zumal jene, die nicht im stillen Kämmerlein arbeiten. Erich Hauser (1930 — 2004) strebte bewusst nach künstlerischer Unsterblichkeit. Nicht nur, dass er mit Nirosta-​Stahl ein dauerhaftes Material verwendete. Sein für die Ewigkeit angelegtes Kunst– und Lebensprojekt verwirklichte er in der ehemaligen Landessaline in Rottweil, wo in seinem Skulpturenpark noch sehr symbolisch eine gläserne Wohnpyramide steht. Und sein eigenes Werk brachte Erich Hauser in eine Stiftung ein. In der Tat: Er hat Bleibendes hinterlassen.
Erich Hauser sei ein Ausnahmemensch gewesen; Künstler, Handwerker, Sammler und Kunstaktivist in einer Person. „Er war extrem in seinen Gefühlsäußerungen und in seinem denken, bodenständig und weltoffen, von barocker Lebensfreude erfüllt und zugleich sehr diszipliniert, ein erfolgreicher Manager und Unternehmer in eigener Sache“, so Langer. Vielleicht ein später Künstlerfürst.
In der Gmünder Ausstellung sind alle Werkphasen Hausers seit den 60-​er Jahren vertreten, sie führt die Vielfalt von Hausers Formensprache in Zeichnungen, Reliefs und fast raumhohen Skulpturen vor Augen.
Bis auf eine kurze Phase hat Hauser immer mit dem harten, aber nach der Bearbeitung sehr elastisch wirkenden Material Stahl gearbeitet. Dreikantplatte schweißte er als Schale, Hülle und Gehäuse zusammen. Bis Mitte der 60-​er entstehen so Hohlkörper, die wie von einer im Inneren wirkenden Kraft gestaucht und aufgebläht scheinen. Schweißpunkte erscheinen als Narben, die Gewalt der Bearbeitung bleibt sichtbar. Hier wirkte das Informel nach.
Ende der 60-​er Jahre bewegte sich Hauser von den urwüchsigen Formgebilden weg und findet zu einer Formensprache, in der technische Perfektion zum Ausdrucksmittel wird. Er setzt sich mehr und mehr mit Architektur und deren Prinzipien auseinander. Seine eleganten Raumsäulen und formschönen Säulenwände, die rhythmisierten Flächen und Reliefs widerspiegeln das Jahrzehnt mit seinen technologischen und industriellen Veränderungen: Es roch nach Fortschritt und Raketentreibstoff, nach Machbarkeit und Modernität.
Nicht zuletzt gewann das Licht für Hauser eine große Bedeutung, es sollte seine Plastiken gewissermaßen in die Unendlichkeit fortführen. In einer dritten Werkphase seit den 70-​er Jahren nehmen seine Skulpturen expansive, ja explosive Formen an. Langer: „Erich Hauser, der zu den gefragtesten Künstlern im öffentlichen Raum zählte, will gesellschaftspolitisch agieren, im wahrsten Sinn des Wortes anecken.“
Die Spitzen seiner Skulpturen werden in der Tat messerscharf. Der Bildhauer kehrt zu einem Grundmotiv zurück, dem Dreieck, mit diesem entwickelt er seine Formvariationen: „Seine Skulpturen wollen den Raum erobern und machen zugleich eine balancierende Instabilität zu ihrem Gestaltungsprinzip. Sie verkörpern Momente der Vollendung und des Brüchigen, Harmonie und Dissonanz, Schwere des Materials und Leichtigkeit der Form. Wie gefaltete Papierarbeiten, Origami, wirken die Stahlskulpturen, suggerieren leichte Formbarkeit und Beweglichkeit. Schwergewichte sind es dennoch, aber von einem fast schwebenden Geist und großer Vitalität getragen.“

„Erich Hauser. Dimensionen im Raum. Skulpturen, Reliefs und Zeichnungen“. Predigergalerie, bis 6. Mai. Öffnungszeiten: Di, Mi, Fr 14 — 17 Uhr, Do 14– 19 Uhr, Sa /​So /​Feiertage 11 — 17 Uhr. Montags und am Karfreitag, 6. April, geschlossen.

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