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Gmünds Anfänge: Ein Nachhall für Jahrhunderte

Die Stauferzeit dauerte in Gmünd länger als sonst im Reich, nämlich bis 1297: Nur eine der überraschenden Facetten, mit denen die Ausstellung „1162. Die Staufer und Schwäbisch Gmünd“ aufwartet. Sie ist für die Stadt und das Museum ein Novum: So anschaulich und zugleich konzentriert wurden die Anfänge der Stadt noch nie präsentiert.

Dienstag, 08. Mai 2012
Rems-Zeitung, Redaktion
3 Minuten Lesedauer

Von Reinhard Wagenblast
AUSSTELLUNG. Rund 80 erlesene originale Zeugnisse, Urkunden und Modelle lassen Kunst und Kultur der Stauferzeit lebendig werden. Die Exponate stammen größtenteils aus dem Sammlungsbestand des Museums, ergänzt durch Leihgaben aus kirchlichem und privaten Besitz. Die Reiss-​Engelhorn-​Museen steuern Stelen und Tafeln zur Staufer-​Genealogie bei, ein wunderbar erhaltenes Aquamanile aus Buocher Keramik stammt aus Speyer. Eine zentrale Rolle in der Schau spielt die Johanniskirche.
Übergreifendes Thema der Ausstellung ist die Entwicklung und Behauptung Gmünds in der Stauferzeit, von den Anfängen unter König Konrad III. etwa 1130 bis zum erwähnten Jahr 1297 – drei Jahrzehnte später, als die Stauferzeit sonst in Europa zu Ende ging, mit der Enthauptung Konradins in Neapel 1268. Im Jahr 1297 gingen die Patronatsrechte über die Pfarrkirche, an deren Stelle im 14. Jahrhundert das Münster gebaut wurde, und die Johanniskirche vom Kloster Lorch an das Domkapitel Augsburg über.
Nicht im Original zu sehen – aber in einem schönen Faksimile – ist jene heute im Stuttgarter Hauptstaatsarchiv aufbewahrte Urkunde des Klosters Lorch von 1162, die Bewohner Gmünds zum ersten Mal als Stadtbürger erwähnte, natürlich lateinisch: „Hi omnes Gimundin erant cives“, „dies waren alle Bürger zu Gmünd.“ Die Rückkehr der beiden Mädchen, um die es ging, und der Zeugen, die mit im Kloster waren, stellt eine schöne Illustration von Tanja Ernst dar. Im Original zu sehen sind eine Urkunde von Konradin, am 28. Dezember 1266 ausgestellt, in der es um Schenkungen an verdiente staufische Ministerialen geht und die Papsturkunde von 1246 für das Kloster Gotteszell. Als Foto vertreten ist eine Urkunde Barbarossas über das Heiratsgut seines Sohnes, in der Gmünd als „burgum“, befestigter Ort, erwähnt wird.
Von den Archivalien geht es weiter zur Stadtentwicklung, die auf Bildern, Plänen und Modellen dargestellt wird. Bedeutsam ist die Pirschkarte von 1572, welche die innere, staufische Stadtbefestigung mitsamt ihren Türmen zeigt. Aus dem Urplan von 1831 entwickelte Baubürgermeister Julius Mihm eine Karte, die in vorzüglicher Strukturierung zeigt, in welchen Phasen die Stadtanlage Gmünds entstand. Auch vier Klöster reichen in die Stauferzeit zurück; Augustiner– und Franziskanerkloster wurden dabei regelrecht an die Stadtmauer angedockt. Ebenso die Spitäler zum Heiligen Geist und St. Katharina. Gmünd kann man dabei durchaus als beispielhaft verstehen – in die Zeit der Staufer fällt die Entstehung der städtischen Kultur und die Herausbildung kommunaler Zentren in Deutschland.
Bauzeugnisse aus der Stauferzeit gibt es in der Stadt nicht wenige, doch der einzige erhaltene Großbau, wenn auch im Laufe der Jahrhunderte stark überformt, ist die Johanniskirche. Neben frisch restaurierten Reliefstücken mit phantastischen Drachenreliefs fasziniert vor allem ein neues Baustellenmodell. „Es muss etwas schiefgelaufen sein beim Bau der Johanniskirche“, meint Dr. Monika Boosen. Ihre These: Die Nordwand wurde auf zu weichem, wasserhaltigen Grund errichtet. Dies sei während des Baus bemerkt worden, worauf die Wand weiter südlich neu errichtet wurde. Ein Teil der Westfassade wurde wieder abgebrochen. Daher die auffällige Asymmetrie der dreischiffigen Basilika.

Der dritte Raum ist einer Kirche aus staufischer Zeit vorbehalten, die es bis auf einige kleine Reste nicht mehr gibt, die aber kaum weniger groß war als die Johanniskirche: die Marienkirche, abgerissen, als um 1350 mit dem Chor des Münsters begonnen wurde. Marienkirche /​Münster und Johanniskirche standen vermutlich in einem auch architektonischen Konkurrenzverhältnis. Dabei war die Marienkirche immer die Pfarrkirche, die Johanniskirche dürfte das gewesen sein, was Klaus Graf vermutet: eine Memorialkirche, Gedächtniskirche für die Staufer.
Die größte Kostbarkeit der Johanniskirche, die staufische Madonna mit Kind, so die These Monika Boosens, stammt ursprünglich aus der Marienkirche, wie auch einige weitere Plastiken, die von der hohen Steinmetzkunst der Stauferzeit zeugen. Aus Kirchenbesitz in Süßen kommt ein wertvolles, bronzenes Vortragekreuz aus dem 12. Jahrhundert, einer der wenigen erhaltenen Metallgegenstände aus staufischer Zeit. Abgerundet wird die Schau durch einen Überblick über die Burgen, darunter ein wunderbares Modell der Burg Rechberg. So entsteht das Bild einer Stadt, in der am Ende des 12. Jahrhunderts bereits 3000 Menschen lebten. Es muss ein Gemeinwesen von einer grandiosen Dynamik gewesen sein – mit einem Nachhall für Jahrhunderte.

„1162. Die Staufer und Schwäbisch Gmünd“ wird am Freitag, 11. Mai, 19 Uhr im Prediger-​Innenhof eröffnet. Es sprechen OB Arnold und Dr. Monika Boosen.

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