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Nachrichten Kultur

Frisch und frech — Salonmusik im Stadtgarten

„Schöne Töne helfen helfen“ – unter diesem Motto hatte der Lions Club Limes –Ostalb in den Hans-​Baldung-​Grien-​Saal des Stadtgartens geladen. Salonmusik stand auf dem Programm.

Mittwoch, 09. Mai 2012
Rems-Zeitung, Redaktion
2 Minuten 2 Sekunden Lesedauer

Von Brigitte Düppe
KONZERT. Es ist gut so, dass dieses Genre heute auch bei eingefleischten Klassikfans kein Augenbrauenzucken mehr hervorruft. Man traut sich wieder, einfach zu genießen. Es wäre nicht Lions, wenn nur die im Saal Anwesenden zu einem Genuss hätten kommen können. „We serve“ – wir dienen – getreu diesem Leitspruch sollten auch andere am Genuss teilnehmen können. Präsidentin Gundi Mertens war es bei ihrer Begrüßung deshalb wichtig, dass der gesamte Erlös der Veranstaltung samt Spenden an „Lim!t Lunch“ gehe, einer Einrichtung der Sozialberatung Schwäbisch Gmünd, deren Geschäftsführer Dieter Strobel und Vorsitzender Peter Schuon an diesem Abend zu den Doppelgenießern gehören durften. „Lim!t Lunch“ biete neben vielem anderen ein preisgünstiges Mittagessen im Milchgässle 11 und damit auch die Möglichkeit der Kontaktaufnahme für Suchtkranke.
Gleich mit den ersten rasanten Takten nahmen die sechs Musiker der Salonkommode Stuttgart das zahlreiche Publikum mit in die goldene Zeit der Operetten. Wo sonst als im frühlingshaften „Wien, Wien, nur du allein“, fand man sich beim Heurigen und voller „Wiener Blut“ wieder.
Was so leicht und zum Mitsingen klang, verlangte höchste Spielkultur. Jeder einzelne hatte die Qualität eines Solisten und gemeinsam ließen sie Wien und seine „Schanigärten“ als ein „Stück vom Himmel“ vor dem inneren Auge aufblühen. Die Mitglieder der Württembergischen Staatstheater Stuttgart hatten es nicht nötig, sich dabei in alte Kostüme zu werfen oder mit ständigem Ritardando oder Fermaten für Stimmung zu sorgen. Gelegentliche kleine Tempounstimmigkeiten seien der knisternden Frühlingsatmosphäre geschuldet.
Die Sopranistin Kathrin Bechstein bezauberte mit ihrer Stimme, ihrem Auftreten, ihrem verführerischen Flair. Es war kein Wunder, dass die Blicke des Stehgeigers mindestens dem Flirtfaktor 100 entsprachen. Umschwärmt von allen, umworben von ihrem Gesangspartner Mayer, (der sie ja nur auf die Schultern geküsst hat), und bewundert vom Publikum sang sie solo oder im Duett allseits bekannte Titel von Nico Dostal, Franz Lehar, Johann Strauß oder Robert Stolz. Mühelos, klar und natürliche meisterte sie alle Lagen ohne den geringsten Druck. Mit Leichtigkeit fand sie die exakte Balance zwischen zu viel und zu wenig.
Eigentlich hätte es jeder Partner schwer haben müssen neben ihr. Nicht so der galante Bariton und Frauenversteher Klaus-​Dieter Mayer. Er fungierte schwäbisch und wienerisch als Sänger, Moderator, als philosophierender Wiener– Gschichtln-​Erzähler und Charmeur. Er brillierte außerdem als grandioser Schauspieler etwa bei „Gnädige Frau, wo war’n Sie gestern“. So überzeugend, so frisch, so frech hat man das lange nicht gehört und gesehen. Ein Potpourri aus Nico Dostals „Clivia“ bildete den offiziellen Konzertabschluss. Wer mit diesem Titel nicht so recht was anfangen konnte, vermochte spätesten bei „Ich bin verliebt“ wieder innerlich mitzusingen. Und bei „Bel Ami“, einer der vier Zugaben, durfte man sogar – erfolgreich – laut mitschmettern. Für den Heimweg gab es schließlich noch Friedrich Hollaenders herrlich frivoles Couplet „Ich bin dein Nachtgespenst“. Ein vergnüglicher Abend war versprochen worden. Im Nachhinein eine richtige Untertreibung.

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