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Seltenes Stück — die restaurierte Orgel der Johanniskirche

Spielbar war die Orgel in der Johanniskirche eigentlich immer, aber das 130 Jahre alte und nahezu vollständig erhaltene Instrument hatte die Restaurierung bitter nötig. Sie ist fast beendet. Das rare Stück, aus dem Dornröschenschlaf erweckt, wird am 24. Juni wieder eingeweiht.

Montag, 11. Juni 2012
Rems-Zeitung, Redaktion
1 Minute 59 Sekunden Lesedauer

MUSIK (rw). Vor drei Jahren packte man die Orgel in der Johanniskirche, die Carl Gottlob Weigle aus Echterdingen 1880 gebaut hatte, erst einmal ein, nahm die Pfeifen heraus und begaste das Instrument gegen den Holzwurmbefall. Das war der erste Schritt. Noch drei Jahre früher, 2006, hatten Münsterorganist Stephan Beck und Pfarrer Robert Kloker bei einem Konzert über die nötigen Arbeiten an diesem historischen Instrument informiert. Angesichts der Kosten konnte man von einer baldigen Restaurierung nur träumen. Eine große Privatspende sowie Beiträge des Arbeitskreises Alt-​Gmünd und der Kirchengemeinde machten sie aber erstaunlich rasch möglich.
An der Orgel in Gmünds Stauferbasilika war in all den Jahren wenig geschehen, sieht man davon ab, dass die Prospektpfeifen im Ersten Weltkrieg eingeschmolzen wurden. Statt solcher aus Zinn-​Blei-​Legierung wurden Zinkpfeifen eingesetzt. Die nach dem technisch aufwändigen Kegellade-​System gebauten Orgeln, zu denen die in der Johanniskirche gehört, gerieten zu Beginn des 20. Jahrhunderts aus der Mode. Die meisten wurden umgebaut oder ersetzt, wiewohl die Kegellade-​Orgeln einst eine süddeutsche Spezialität waren.
Die Orgel in der Johanniskirche blieb als eines der wenigen Exemplare überhaupt klanglich völlig unverändert, sagt Stephan Beck, „es hat nie jemand einen Modernisierungs– oder Verbesserungsversuche mit ihr unternommen“. So wurde sie zum von Fachleuten heute bestaunten Orgel-​Denkmal.
Und wenn die Orgelbaumeister Andreas Stoffel und Frank Retterath von Klais aus Bonn alle Pfeifen wieder eingebaut haben und die Orgel registriert ist, dann wird man auch über den Klang des mit 12 Registern auf zwei Manualen und Pedal relativ kleinen Instruments staunen (zum Vergleich: die Münsterorgel hat 55 Register). Er sei dank eines großzügig angelegten Gebläses durchaus raumfüllend, meint der Organist, und trage dank der langen Kirchenwände und der Holzdecke sehr gut. Alle Prospektpfeifen sind nagelneu und tragen den halbmatten, tiefen Glanz von Blei und Zinn zur Schau.
Eine alte Prospektpfeife fanden die Fachleute noch, sie war an einer anderen Stelle eingesetzt. Sie und das Maß des alten Rasterbretts im Prospekt dienten der Rekonstruktion. Insgesamt sind 61 Pfeifen neu, im Inneren auch zwei kleine Holzpfeifen. Auch der Orgelprospekt wird restauriert. Er besteht aus Fichtenholz, dem eine Lasur den Anschein von Eiche gibt. Am 20. Juni soll das Gerüst abgebaut werden, das jetzt noch die Orgel umgibt. Und am Sonntag, 24. Juni, am Johannestag, wird sie feierlich von Weihbischof Johannes Kreidler eingeweiht.
Die Stückeauswahl stimmt Stephan Beck auf die Orgel ab: Er spielt Werke aus der deutschen Romantik des 19. Jahrhunderts, Stücke von Mendelssohn, Reger und Edvard Grieg, aber natürlich auch ein barockes von Johann Sebastian Bach.

Wortgottesdienst mit Orgelweihe in der Johanniskirche; Sonntag, 24. Juni, 17 Uhr, mit den Michaelchorknaben unter der Leitung von Harald Elser und Stephan Beck an der restaurierten Weigle-​Orgel.

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