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Es ist nicht mehr viel vom Ideal der Ritterlichkeit übrig, bedauert Asfa-​Wossen Asserate in Schwäbisch Gmünd

Das Rittertum gilt als überholt, und dies nicht erst heute. Das dürfte weitgehend darauf zurückzuführen sein, dass man, wie in vielen anderen Fragen, Äußerlichkeiten und zeitgebundene Erscheinungsformen mit Grundsätzen verwechselt. Asfa-​Wossen Asserate, Prinz aus dem äthiopischen Kaiserhaus, sprach dieser Tage in Gmünd zu eben diesem Thema.

Freitag, 29. Juni 2012
Rems-Zeitung, Redaktion
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AUTOREN (cl). In einem Zeitalter, in dem die Schrift durch das stets sich wandelnde, flüchtige Bild verdrängt wird, verflacht auch der Sinn für innere und beständigere Werte. Diese Verbindung der Ritterlichkeit und deren Verhaltenskodex zur heutigen Zeit erörterte am Donnerstag Abend in einer Soiree im Rathaus . Asfa-​Wossen Asserate, Prinz aus dem äthiopischen Kaiserhaus, und bekanntgeworden als Autor des Buches „Manieren“. Asfa-​Wossen Asserate, 1948 in Äthiopien geboren, kam zum Studium nach Deutschland und ist heute als Unternehmensberater und Autor tätig. In seinem rund einstündigen Vortrag legte er ausführlich die Entstehung des Rittertums und deren Erscheinungsformen mit Grundsätzen dar.
Zuerst als rein militärische Organisation gedacht, fiel dem Rittertum zwangsläufig im Laufe der Zeit auch eine Verwaltungs– und damit eine politische Rolle zu. Um dieser gerecht zu werden, brauchte das Rittertum höhere Leitsätze, an denen es sich orientieren konnte. So existierten bereits in der mittelalterlichen Gesellschaft eine Reihe von soziokulturellen Leitbildern, die der ideale Ritter oder Herrscher möglichst verfolgen sollte. Edelmut und geistige Freiheit waren bezeichnend für Rittertum und Ritterlichkeit. Letztere entwickelte sich aus der höfischen Ritterethik, die in der Hauptsache auf die antike Tugendlehre zurückgeführt werden könne: Weisheit, Tapferkeit, Gerechtigkeit und Besonnenheit.
Hier brachte Asserate den Begriff Demut ins Gespräch. Bei seinen Betrachtungen und Erörterungen zeigt sich sehr deutlich, was Ritterlichkeit bedeutet: „In Demut dienen – den Mut zu dienen“.
Dies fordere eine faktische Lebenstätigkeit, welche aus einer Ritterlichen Geisteshaltung entspringt und als christliche Grundlage schlechthin gilt. Gegenüber den Menschen bewies der Ritter seine Demut durch Mitleid und Barmherzigkeit. Demut fungiert als persönlicher Mut, der nicht darin bestehe keine Angst zu haben, sondern darin, sie zu überwinden und trotz aller Angst zu handeln, wie es das Gewissen befiehlt.
Hier brachte Dr. Asserate immer wieder Wolfram von Eschenbachs „Parzival“ ein, bei welchem Demut auf seinem Weg vom Ritter zum Gralskönig den ersten Platz einnahm. Mit seiner Aussage „Liebet und ehret die Frauen“ zog Dr. Asserate schließlich eine Verbindung zum Frauenbild im mittelalterlichen Europa. Durch die Marienverehrung sei die Frau zur Krone der Schöpfung geworden, ja gar zur Madonna: „Sie ist Herrin und dennoch schwach.“
Abschließend vertiefte Asfa-​Wossen Asserate den Begriff Ritterlichkeit in der heutigen Zeit. Heute seien die meisten ritterlichen Tugenden selten geworden. Der Glaube verfalle und mit ihm der selbstlose Dienst um Gotteslohn; auch der Mut gehe im allgemeinen Konformismus unter. Die persönliche Ehre trete gegenüber dem angeblichen Ideal des Lebensstandards zurück. Es gibt nur noch wenige Menschen, die der materiellen Versuchung Nein sagen, um geistige Werte zu erkämpfen oder zu verteidigen. Das sei der tiefere Grund, warum Europa, das ein geistig-​religiöses Erbe zu verwalten habe, sich heute in tiefer Krise befinde

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