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Dritte Juvenale: Wolkenwandler und Seitenwechsler

Nach der Gmünder Art im vergangenen Jahr bietet die dritte Juvenale vom 15. bis zum 29. September jungen Künstlern ein Forum. Im Fokus steht der Ortsbezug in der künstlerischen Auseinandersetzung.

Samstag, 08. September 2012
Rems-Zeitung, Redaktion
3 Minuten Lesedauer

KUNST (rz). Die Juvenale 2012 greift als Thema Frage nach dem Ort künstlerischer Arbeiten auf. Dabei ist das Feld der Arbeiten keineswegs auf installative Praktiken beschränkt, die meist im Zentrum der Diskussion um Raumbezug und Ortsspezifik stehen. Stattdessen wird die Frage nach Ort und Raum weiter gefasst. Wenn gemeinhin unter ortsspezifischen Arbeitsweisen eine Reaktion der künstlerischen Arbeit auf Gegebenes verstanden wird, so soll dem entgegenhalten werden, dass jedes künstlerische Werk per se seinen ihm eigenen Ort begründet und von dort aus Räume eröffnet. Der Begriff der Ortsspezifik soll dahingehend erweitert werden, dass ortsspezifische Arbeitsweisen in der Kunst als Interferenz zweier Orte gelesen werden können, indem sich das lokal Gegebene und der dem Werk eigene Ort wechselseitig durchdringen und erklären.
In den Arbeiten der Künstler der Juvenale 2012, Sebastian Gräfe, Ana Navas und Thomas Straub zeigt sich der Bezug zu Ort und Raum jeweils in einer anderen Facette ihrer Arbeiten. Ist bei Sebastian Gräfe oftmals die eigene Verortung innerhalb und in Bezug zur Natur thematisch, so setzt sich Ana Navas mit dem wechselseitigen Verhältnis von kulturellen Identitäten und örtlichen Eigenheiten auseinander, während Thomas Straub immer wieder die Grenze zwischen profanem und sakralem Raum in seinen Arbeiten auslotet.
Eine weitere Möglichkeit zur Auseinandersetzung für die Besucher der Ausstellung bieten die Künstlergespräche, in denen der Kurator Christoph Poetsch jeweils im Gespräch die künstlerischen Positionen vorstellt und sich die Anschluss die Möglichkeit zur Diskussion bietet. Die Gespräche finden jeweils um 19 Uhr in der Gaststätte „Drei König“ (Kalter Markt 42) statt. Die einzelnen Gesprächs-​Termine sind: Mittwoch, 19. September (Sebastian Gräfe); Samstag, 22. September (Ana Navas); Donnerstag, 27. September (Thomas Straub).
Sebastian Gräfe, der in seinen Arbeiten immer wieder in einfachen Gesten das Verhältnis von Mensch und Natur auf poetische Weise hinterfragt, wird in seiner Arbeit „wolkenwandeln“ (2012) für die Juvenale die Innenstadt von Gmünd einmal täglich ab 12 Uhr durchqueren und dabei der Richtung folgen, in der die Wolken über Gmünd ziehen. Ausgehend von den täglichen Wetterdaten wird Gräfe seine Laufrichtung und –geschwindigkeit von der Beaufort-​Skala aus ins menschliche Maß übersetzen. Dabei sind die Bürgerinnen und Bürger von Schwäbisch Gmünd jeden Tag eingeladen, an dieser Aktion teilzunehmen. Der Startpunkt der Aktion wird täglich neu ermittelt und in einem zentralen Aushang und unter www​.juve​nale​.de bekannt gegeben.
Ana Navas hat für die Juvenale 2012 ein Konzept erarbeitet, welches die Frage nach Orten unter einem kulturellen Blickwinkel angeht. Ana Navas, die in Venezuela geboren ist und in Deutschland an der Karlsruher Kunstakademie studiert hat, thematisiert in ihren künstlerischen Arbeiten immer wieder das Verhältnis unterschiedlicher kultureller Herkünfte im Spannungsfeld des Visuellen, aber auch natürlich in einem immer globaler vernetzten Kunstsystem.
Navas Projekt greift auf das Zeitalter der Entdeckungen im ausgehenden 15. Jahrhundert in Europa zurück. Wurden dort Zeichnungen von fremden Kulturen und Gebrauchsgegenständen lediglich nach Erzählungen und Beschreibungen für die heimische Bevölkerung in Büchern gemacht und damit schon dem eigenen Bildfundus angepasst, so dreht Navas den Prozess um: An Hand von Texten in Audioguides ethnologischer Museen hat sich Navas im Zuge des Projekts einen Fundus an Gegenstandsbeschreibungen angelegt und diese anschließend – ohne die Gegenstände je selbst gesehen zu haben – mit eigenen Materialien nachgebildet und sich damit ganz buchstäblich „ein Bild gemacht“. Visuelles und Akustisches treten also vor dem Hintergrund von Wissen einerseits und räumlicher und kultureller Verschiedenheit andererseits in einen spannenden Wechselprozess.
Thomas Straub, der in seinen Arbeit sowohl immer wieder das Verhältnis von Kunst und Sakralraum als auch das Wechselverhältnis von Sichtbarkeit und Unsichtbarkeit in diesem Verhältnis untersucht, wird in der Uferstraße 2 eine Installation erstellen. Die Arbeit mit dem Titel The Hut /​Die Hütte (2012) wird sich auf die stilisierte dorische Tempelfassade des Torhauses am Fünfknopfturm beziehen und sich mit dieser vor dem Hintergrund von Straubs früheren Arbeiten auseinandersetzen. Zudem bietet die Lokalisation des Gebäudes an der Nahtstelle von Altstadt und Umgebung einen spannenden Ansatzpunkt für das Thema der diesjährigen Juvenale, die sich mit der Frage nach dem Ort in der Bildenden Kunst auseinandersetzt.
Die Juvenale findet nach 2009 und 2010 zum dritten Mal statt. Ihr Anliegen ist es, in der Stadt eine Diskussion über junge, zeitgenössische Kunst anzuregen. Mit der Juvenale verfolgt das Kulturbüro kulturpolitische Ziele: die Förderung von Kreativität im künstlerischen Bereich sowie die Vermittlung von neuen Impulsen aus der neuen, jungen bildenden Kunst.

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