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Beglückend: Junger Kammerchor Ostwürttemberg im Prediger

Das war nicht nur ein Hörvergnügen, vom optischen Vergnügen eines so jungen, attraktiven Ensembles abgesehen. Der Junge Kammerchor Ostwürttemberg gab ein Konzert im Predigersaal.

Dienstag, 15. Januar 2013
Rems-Zeitung, Redaktion
2 Minuten 5 Sekunden Lesedauer

Von Brigitte Düppe
KONZERT. Das war ein sinnliches Eintauchen in wunderbar vertonte Texte alter Mythen, Sagen und Märchen, garniert mit köstlichen Tiergeschichten, einer liebevoll frechen Parodie auf den Sonntagsnachmittagskaffeeklatsch und Volksliedern, um nur einigem vorzugreifen. Und dank des umfangreichen Textblatts mit allen Übersetzungen konnte die musikalische Umsetzung der Inhalte noch viel intensiver genossen werden.
„Versunken und vergessen“ hieß nach „Unendlich sanft“ und „Trotz und Trost“ das neue Winterprojekt des regionalen Chores. In zwei Probephasen von insgesamt nur sieben Tagen haben die Chorleiter Thomas Baur und Wilfried Lang dieses anspruchsvolle Konzert vorbereitet.
Fast vierzig junge Musikbegeisterte aus Ostwürttemberg haben sich dazu zusammengefunden. Das geht natürlich nur, wenn selbstständiges Üben vorausgesetzt werden kann. Dass alle außerdem mit großer Freude am Singen, Fleiß und guter Begabung ausgestattet sind, bewies dieses großartige Konzert.
Die Anforderungen, welche die ausgesuchten Werke an den Chor stellten, waren nämlich enorm. Mit einem Chorsatz von Johannes Brahms a cappella und sechsstimmig in ein Konzert einzusteigen, ist ganz schön mutig. In Wilhelm Müllers Textvorlage wird romantisch von der versunkenen „Wunderstadt“ Vineta (an der deutsch-​polnischen Ostseegrenze?) erzählt. Im drei-​Achte-​Takt spülten die Wellen den dumpfen Glockenklang aus der Tiefe herauf auf die zauberhaft schimmernde Oberfläche und verlangtem vor allem dem Sopran in der Höhe alles ab. Komponisten aus dem 20. Jahrhundert wie etwa der Amerikaner Eric Whitacre, der Däne John Hoybye, der Engländer John Rutter oder der Litauer Vytautas Miskinis dürften den wenigsten Zuhörern vorher bekannt gewesen sein. Es ist den beiden Chorleitern und ihrem Team zu danken, dass man diese teils spannende, auch witzige und jedenfalls außergewöhnliche Chormusik in fünf verschiedenen Sprachen kennenlernen durfte.
Leonardo da Vincis bewegender Traum vom Fliegen, die bezaubernde Hochzeit von Eule und Katze, die mit Hackfleisch und Quittenscheiben gefeiert wurde, der zungenbrecherische Sixpence Song oder das ergreifende Agnus Dei von Samuel Barber – das alles zu singen, verlangte höchste Konzentration, ständiges Umschalten und sogar extra schauspielerische Einlagen für den schlauen Herrn Ma Lang, ein Werk, das man schon fast als Musiktheater bezeichnen könnte.
Renaissanceklänge tauchten auf, es groovte aber auch, swingte und rappte, es summte, raschelte und entrückte, wie etwa am Ende der Ma-​Lang-​Geschichte – ein berührendes Klangerlebnis zum mit nach Hause nehmen.
Bei Rossinis Neujahrsgruß spürte man förmlich die Champagnerperlen auf der Zunge und bei Wilhelm Killmayers musikalisch humorvoller Milieustudie hätte man am liebsten im Waschhaus mit Doktor Schneider Karten gespielt.
Mit einem in der Melodieführung für Sopran, Alt und Tenor wunderbar arrangierten „Kein schöner Land“ des Oberallgäuers Wolfram Buchenberg am Programmende verabschiedete sich auch der Heidenheimer Chorleiter Wilfried Lang nach sieben Jahren erfolgreicher Arbeit mit dem Chor.
Vorstandsmitglied Wolfgang Heinecker bedankte sich bei ihm aufs herzlichste, nachdem er vorher mit vielen Informationen und „bonmots“ durchs Programm geführt hatte. Es hätten schon noch einige Besucher mehr in den großen Predigersaal gepasst, aber für die Anwesenden war es ein beglückender Abend, der nicht in der Versenkung verschwinden wird und sicher auch unvergessen bleibt.

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