Direkt zum Inhalt springen

Nachrichten Kultur

Jazz beim Gschwender Musikwinter: Jose Luis Monton

Flamenco in Gschwend? Jetzt schon? Das setzt doch immer den Schlusspunkt hinter die Saison? Und Flamenco in der Jazz-​Reihe? Nun ja, einfach mal hingeh’n und schau’n, was einem da so geboten wird.

Dienstag, 19. November 2013
Rems-Zeitung, Redaktion
2 Minuten 18 Sekunden Lesedauer

JAZZ (hat).Tony Lakatos hatte mit seinen „Gipsy Colours“ den Meilenstein gelegt, den es in jedem Fall wieder zu erreichen galt – und er wurde erreicht. Allein schon dadurch, dass es den Musikwinter-​Machern wieder gelungen ist, Musik und Musiker nach Gschwend zu holen, die in ihrer Art einzigartig sind: José Luis Montón an der Gitarre, Isabel Amaya – Tanz und Gesang, Juan Carlos Aracil – Flöte und den Percussionisten Andi Pupato, der schon 2012 mit Nick Bärtsch und seiner Formation Ronin sehr erfolgreich in Gschwend debütierte.
Es verstand sich fast von selbst, dass Montón – nachdem er 2012 bei ECM seine Solo-​Platte „Solo Guitarra“ veröffentlicht hatte – den Abend mit einem Solo-​Stück eröffnete. Einfühlsam mischte er verträumte, verhaltene Zurückhaltung mit eruptiver Emotion, aber auch nachdenkliche, sehr agogische Passagen vereinigten sich mit präziser Kraft zu einer berauschenden Klangcollage. An dieser Stelle auch gleich ein großes Lob an die Tontechnik des Abends: Selten hört man so fein abgemischte Gitarrentöne so präzise überall im Raum!
Zusammen mit dem Auftritt der drei anderen Musiker lieferte das zweite Stück die Antwort auf die „Jazz-​Frage“: Wer kurzfristig – kam doch optisch eine „waschechte“ Flamenco-​Tänzerin auf die Bühne – noch ein Tablao erwartete, wurde vorerst enttäuscht, doch nicht lange, denn eine berauschende Mischung aus traditionellem Flamenco, Jazz und teilweise auch südamerikanischen Momenten nahm nun den Raum ein und musste einfach begeistern! Allein schon Isabel Amayas Tanz, der sich – wie auch die Musik – zwischen artifiziellen, dem Ausdruckstanz nahen Passagen und klassischen Flamenco-​Figuren bewegte, machte deutlich, wie tief das Programm des Abends im Flamenco verwurzelt war, aber auch, wie weit es sich, in einem Stück des zweiten Sets buchstäblich bis nach Japan, davon entfernte, ohne im Ganzen auch nur einen winzigen Bruch zu verursachen.
Nach der dritten Nummer im ersten Set war der Abend endgültig im Jazz – mit eindeutig südamerikanischen Einsprengseln – angekommen: Percussion und Flöte eröffneten mit einem gewitterhaften Stimmungsbild, worunter sich der leicht behauchte und teilweise mit Gesang unterlegte, obertonreiche Flötenton Juan Carlos Aracils hervorragend mischte. Langsam, fast unmerklich entwickelte sich ein Grundrhythmus, mischte sich die Gitarre mit melodiösen Elementen dazwischen, die zusammen mit der Flöte immer mehr Raum ergriff. Mit den Rhythmen von Percussion und Tänzerin lag plötzlich eine betörende Mischung aus Flamenco und Jazz im Raum, wie sie bislang nur selten zu hören war. Damit waren die bestimmenden Elemente des ganzen Abends grundgelegt, Zuhörer und Zuschauer konnten sich zurücklehnen. Doch halt, eines fehlte noch: der Gesang! Bestach Isabel Amaya schon mit ihren ersten Tanzschritten, legte sie mit ihrer geraden, etwas, aber genau im rechten Maß scharfen Stimme noch eine Schippe drauf. Da saßen Vier auf der Bühne, für die die Bezeichnung Profis – obwohl sie sicherlich und in jeder Hinsicht solche sind – hoffnungslos unzureichend ist.
Musik und Ausdruck im Jetzt, jeder Solist jederzeit auf der Höhe seines Könnens und doch viel mehr als technische Fertigkeiten, bloße Virtuosität oder musikalische Hispanismen. Wie weit die Spanne von Montóns musikalischem Interesse reicht, konnte man an der zweiten Zugabe ermessen, die dem restlos begeisterten Publikum noch einmal den Gitarristen des Abends auf die Bühne zauberte: Wann hat man zuletzt „A whiter shade of pale“ auf einer akustischen Gitarre gehört?

14 Tage kostenlos und unverbindlich testen?
Das RZ-Probeabo - digital oder klassisch mit Trägerzustellung

4357 Aufrufe
555 Wörter
3833 Tage 15 Stunden Online

Beitrag teilen

Hinweis: Dieser Artikel wurde vor 3833 Tagen veröffentlicht.


QR-Code
remszeitung.de/2013/11/19/jazz-beim-gschwender-musikwinter-jose-luis-monton/