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Kann denn Schauen Sünde sein? Hardy Langers Bilder

Die Mehrzahl der Gemälde Hardy Langers gibt ihre Herkunft geradezu plakativ preis: „Schöner wohnen“ heißt die Serie, aus der sie entnommen sind. Aber möchte man in solcher Architektur, in solcher Umgebung wirklich wohnen?

Freitag, 10. Januar 2014
Rems-Zeitung, Redaktion
1 Minute 27 Sekunden Lesedauer

AUSSTELLUNG (rw). Dem 56-​jährigen Künstler aus Plüderhausen, Künstlermitglied in den Kunstvereinen von Schwäbisch Gmünd und Schorndorf, sind die Traumhaus-​Fotos aus den einschlägigen Zeitschriften Vorlagen, nicht anders als die Fotos, die er selbst macht oder die Ansichten, die er sich einprägt. Sie erregten seine Aufmerksamkeit, sein Blick blieb länger daran haften als sonst. Und dann sorgt er dafür, dass es dem Betrachter seiner meist großformatigen Bilder, gemalt mit Acryl– und Ölfarben, genauso ergeht: ihr Blick bleibt hängen. Irgendetwas stimmt hier nicht.
Es ist nicht die übliche Verfremdungsmanier, die einen innehalten lässt. Es sind eher die kleinen Unstimmigkeiten, die man auf den zweiten Blick bemerkt. Traumhäuser ja, mit erleuchteten Fenstern zur Gartenseite oder zum Park, ordentlich perspektivisch, wie man es von Architekturfotografie gewohnt ist. Bewohner sind nicht sichtbar. Dafür silhouettenhafte, wie eingeklebt wirkende Hunde – Dobermänner, die aufmerksam wie Wächter in Richtung Bildbetrachter schauen. Tut man was Verbotenes? Ist Schauen unstatthaft? Dringt man als Voyeur in Privatsphären ein? Und schon tut sich eine neue Bildebene auf. Alexa Heyder sprach darüber bei der Ausstellungseröffnung im Gmünder Kunstverein am Freitagabend, deutete Hardy Langers Gemälde als „zauberhaftes Spiel mit der Wirklichkeit“ und „kleine Welt wie auf der Theaterbühne“, die immer mehrere Möglichkeiten der Interpretation bieten und manchmal, wie das Gemälde „Die Selbstvertreibung“, schon stark symbolisch aufgeladen sind. Ein Mann, eine Art Adam – schließlich ist er nackt – trägt einen Hirsch über den Schultern. Das Tier mag für Reinheit und für Potenz stehen, der Mann schaut unfroh, er lässt den Wald hinter sich und verlässt seinen paradiesischen Ort in Richtung Bildbetrachter.
Der wiederum denkt sich gerne in Langers Paradies hinein, versetzt sich in seine Häuser. Denn dann, im eigenen Kopf, beginnen die Geschichten, und deshalb verweilt man vor den Bildern des Remstälers gerne länger. So richtig unheimlich sind sie nicht, auch wenn der Yeti durch sie stapft und Hirsche halb in weindunklem Wasser versinken: ein angenehmer Grusel geht von dieser Sichtung aus.

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