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Nachrichten Schwäbisch Gmünd

Am Beispiel „Limit Fee“: Sozialberatung Schwäbisch Gmünd mit tagesstrukturierenden Angeboten für Drogenabhängige

Limit Fee ist eines der Projekte, mit denen die Sozialberatung Schwäbisch Gmünd dabei hilft, aus von Sucht bestimmten Kreisläufen auszubrechen. Immer wieder ist das ein erster, ganz wichtiger Schritt weg von der Sucht, hin zum Leben.Die RZ wollte mehr wissen.

Freitag, 20. März 2015
Rems-Zeitung, Redaktion
3 Minuten Lesedauer

SCHWÄBISCH GMÜND (bt). Fee steht für „Frauen erleben einander“. Donnerstags gibt’s für drogenabhängige Frauen und ihre Kinder im Limit, Milchgässle 11, gegen einen geringen Unkostenbeitrag ein gesundes Frühstück. Hört sich nach nicht viel an, ist aber gerade für Mütter, die versuchen, ihren Kindern so etwas wie Familie vorzuleben, ganz wichtig – ein gemeinsames Frühstück ist kein Konzept, dem im Drogenalltag große Bedeutung zukommt. Generell freuen sich die Frauen auf den Donnerstagvormittag; da wird diskutiert, auch mal gelacht, gemeinsam Problem für Problem durchgesprochen – und da steht so einiges an. Gewalt in der Beziehung, Kindererziehung, Schwierigkeiten in der Schule, Probleme mit Behörden, Geldsorgen, vor allem auch Rückfälle. Die Fee-​Frauen haben gelernt, sich zuzuhören, zu vertrauen, zu unterstützen, auch mal harte Worte zu finden, wenn Ermutigung allein nicht ausreicht. Nach dem Frühstück gibt es eine Gesprächsgruppe mit Heike Taglang, sozialpädagogische Fachkraft, und mit Suchthelferin Ines, die selbst abhängig war und nunmehr seit fast zehn Jahren ohne Drogen lebt. Allein durch ihr Dasein und das Glück, das sie im Alltag gefunden hat, ist Ines für die Frauen wichtig geworden. Bei Ines hat damals Welpe Sunny den Ausschlag gegeben, den ihr Heike Taglang unter der Bedingung anvertraut hatte, „dass sie sich jeden Tag mit Hund im Limit meldet“. Unterschiedlichste Faktoren geben den Ausschlag für den letzten, entscheidenden Schritt aus der Sucht. Für viele Frauen ist es das eigene Kind – erst dieser Tage wurde eine junge Mutter mit ganz vielen guten Wünschen und Gedanken in Entgiftung und Therapie verabschiedet. Verantwortung zu übernehmen ist ein entscheidender Faktor. Manchmal ist es auch nur die Erfahrung, dass es Gutes gibt im Leben. Bei einem Ausflug in die Gartenschau letztes Jahr wurden einige solcher Glücksmomente erlebt – „ich wusste gar nicht, dass ich mich an sowas noch freuen kann“. All die Blumen zu sehen, den Wald zu riechen, Kaffee zu trinken bei den Landfrauen wie alle anderen auch: Dass es noch anderes gibt als die Sucht ist eine Erkenntnis, die jede für sich gewinnen muss, und die ebenso wichtig ist wie das Wissen um das Ausweglose einer Drogenkarriere. Im Gesprächskreis wird manchmal aufgearbeitet und vertieft, was man einander vorher, beim Marmeladenweckle, anvertraut hatte. Es ist ein Ort des Rückzugs, der jeden Donnerstag neu entsteht, ein Ort der Gemeinschaft, auch ein Ort, an dem Belastendes nicht mehr ganz so schwer scheint. Barbara (alle Namen geändert) empört sich darüber, dass sie nun zwar endlich eine Arbeitsstelle gefunden habe, ihr die Kollegen jedoch mit Vorurteilen begegneten. „Seit es bekannt ist, dass ich in Substitution bin, trauen mir die Kollegen nicht mehr und trauen mir auch nichts mehr zu.“ Samantha hat ebenfalls Arbeit gefunden. Sie hätte nun gute Voraussetzungen, clean zu werden, hat aber Angst vor dem Entzug. „Wenn mein Freund mitmachen würde, wäre es leichter, doch er hat keine Kraft, es geht ihm nicht gut.“ Ann-​Kathrin selbst hat keine Suchterkrankung, befindet sich jedoch in Beziehung zu einem suchtkranken Partner und versucht sich aus der Co-​Abhängigkeit zu befreien. „Ich muss meinen eigenen Weg gehen, auch wenn es weh tut.“Susanne ist neu in der Gruppe und in der Stadt und steht vor einer Langzeittherapie. Sie wünscht sich eine Normalisierung ihrer Lebenssituation, möchte arbeiten, eine Familien gründen. „Im Alltag stehe ich mit meinen Problemen alleine da. Aus Angst vor Ablehnung spreche ich kaum darüber . Hier kann ich offen reden und finde Verständnis.“ Veronika fühlt sich von ihrem Partner bei der Kindererziehung alleine gelassen und sucht Rat, wie sie mit der Situation umgehen soll. In der Gruppe Limit Fee im Milchgässle fühlen sie alle sich gut aufgehoben.
Eine Anschubfinanzierung der Agnes Philippine Walter Stiftung ermöglichte den Start. Alles andere muss irgendwie gestemmt werden, doch die Erfolge rechtfertigen den Aufwand, heißt es im Limit.

Weitere Angebote: Dienstags sind Kinder willkommen; Klientinnen und Klienten können die Kleinen vormittags betreuen lassen, um Beratungsgespräche oder Arzttermine wahrzunehmen, Behördengänge zu erledigen, oder einfach Zeit zu haben.
Einmal im Monat gibt es einen Aktionstag „Limit Aktion“ – das kann eine Wanderung sein, ein Ausflug, oft Kreatives wie ein gemeinsames Adventskranzbasteln.
Die Sportgruppe „Limit Sport“ trifft sich einmal in der Woche in der Schwerzerhalle
Pastoralreferent Wolfram Kaier und Franziskanerin Schwester Joyce bieten einmal in der Woche die Besinnungsgruppe „Limit Leben“ an, in der es um Wünsche, Träume, Ängste und Sinnfragen geht.
Aufbauend auf der Entspannungs– und Massagegruppe, in der eine Mitarbeiterin im Rahmen ihres Praxissemesters vermittelte, wie Symptome von Stress und Belastung zu verringern sind, gibt ‘s ab April die Gruppe „Limit Relax“.

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