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Zeichen setzen mit Schularchitektur

Auf den ersten Blick eine Ausstellung, die mit Gmünd nichts zu tun hat: Sie zeigt Schulen in Stuttgart. Aber sie porträtiert sie als Denkmale, die einen eigenen Wert haben, für die Quartiere Bedeutung besitzen und die für die Zukunft entwickelt werden müssen.

Dienstag, 28. April 2015
Rems-Zeitung, Redaktion
2 Minuten 19 Sekunden Lesedauer

AUSSTELLUNG (rw). Die Ausstellung mit 17 Beispielen denkmalgeschützter Stuttgarter Schulen von 1890 bis in die 1970-​er Jahre, den Betrachtern auf Schautafeln im Prediger-​Innenhof dargebracht, begleitet die Internationale Städtetagung vom 7. bis 8. Mai in Schwäbisch Gmünd. Ihr Thema: „Stadt, Schule,Quartier – Bildungsbauten im Umbruch.“
Erarbeitet von der Architekturhistorikerin Dr. Kerstin Renz und mit Fotografien von Felix Pilz, veranschaulicht sie, wie Nutzungsanpassungen durch Ganztagesbetrieb, Inklusion und energetische Vorschriften mit der Schutzwürdigkeit als Denkmal vereinbar sind. Gezeigt werden Grundrisse sowie Fotografien aus der Entstehungszeit und der Gegenwart, die die Veränderungen in Nutzung und Gestalt illustrieren.
In der Art, wie sie Schultypologien abbilden, lassen sich die Stuttgarter Beispiele auch auf Schwäbisch Gmünd übertragen – von der Architektur der Kaiserzeit bis zu pavillonartigen Schulbauten der Nachkriegszeit. Schwäbisch Gmünd, sagt Kerstin Renz, sei seit dem 19. Jahrhundert dank des Lehrerseminars und der heutigen PH ein traditioneller Bildungsstandort. Sie erinnert an das monumentale Seminargebäude in der Lessingstraße, die Alte PH, und das benachbarte Parler-​Gymnasium, „eines der repräsentativsten Schulgebäude der Kaiserzeit im Land mit einer ausgesprochen aufwendigen Architektur. Es ist beispiellos. So etwas wie das Parler-​Gymnasium gibt es in ganz Stuttgart nicht.“
Dass das PG unter Denkmalschutz steht, versteht sich. Die frühen Behnisch-​Bauten, die Schiller-​Realschule und das Hans-​Baldung-​Gymnasium, werden zwar nicht als Denkmale geführt, ihnen wird aber von den Fachleuten bescheinigt, dass sie von der Stadt rücksichtsvoll saniert wurden. Erst in diesem Jahr – passend zur Tagung – wurden zwei weitere Gmünder Schulen als Kulturdenkmale eingestuft: Zum einen die Rauchbeinschule (von dem Stuttgarter Architekten Wolf Irion, 1909 – 1981) aus den frühen 50-​er Jahren, der erste Nachkriegs-​Schulbau Gmünds, mit dem die Stadt bewusst ein neues Kapitel aufschlagen wollte. Die Rauchbeinschule sollte mit ihrer modernen, offenen Architektur demokratischen Geist in die Schule bringen.
Zum anderen das Aufbaugymnasium (von Hans Auras, Jg. 1929, von 1972 – 1991 Professor an der Hochschule für Technik in Stuttgart), erbaut 1963/​64. Der enorm großzügig angelegten Schulkomplex am Herlikofer Berg, heute Finanzschule und etwas aus dem Blick geraten, war eine Konsequenz des Bildungsaufbruchs der 1960-​er Jahre (und sollte der PH den Studenten-​Nachwuchs liefern). Es gelang sogar mehr: Die Schule mit Internats-​Wohntürmen, Mensa, Musikpavillon und Schwimmhalle gilt bundesweit als einer der besten ihrer Art und Begründung eines Typus.
Diesen Schulen wurden von den Bauherrn, Stadt und Land, große Bedeutung beigemessen. Sie sollten für die Stadt und über sie hinaus ein Zeichen setzen. Beide gingen seinerzeit aus Wettbewerben hervor, „etwas, was auch nicht jede Kommune macht“, sagt Kerstin Renz.
Aber es geht nicht nur um Bauhistorie und Denkmalwert. Baubürgermeister Julius Mihm hebt darauf ab, wie Schulen ihr Umfeld prägen, wie Kinder sich mit ihr und ihrer Umgebung identifizieren und wie ihr Interesse wächst: „Meine Schule – mein Quartier – meine Stadt.“ Aus den Bildungseinrichtungen und ihrenVeränderungen erwüchsen neue Aufgaben für die Stadtplanung, aus den „Lernorten“ werden gegenwärtig „Lebensorte“. Gesellschaftliche Veränderungen ließen sich am schnellsten an den Schulbauten ablesen, sagt Julius Mihm, Kerstin Renz spricht von ihnen als „aufgeschlagenen Geschichtsbüchern.“ In der Wertschätzung als Denkmal ergäben sich für Sanierungen und Umbauten schöpferische Anknüpfungspunkte.
Was für eine Schul– und Bildungsstadt wie Schwäbisch Gmünd bedeuten sollte, dass sie hohe Ansprüche nicht nur formuliert, sondern tatsächlich einlöst.

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