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In Rekordzeit wurde am Klinikum eine ambulante Krebsberatungsstelle eingerichtet

Vorhänge fehlen noch, ansonsten ist alles für die Einweihung der Psychosozialen Krebsberatungsstelle Ostwürttemberg am Mittwoch bereit. Die Diagnose Krebs bedeutet immer eine Ausnahmesituation, höchste Belastung für Patienten und Angehörige: Hier sollen sie Hilfe erfahren.

Dienstag, 29. September 2009
Rems-Zeitung, Redaktion
3 Minuten Lesedauer

SCHWÄBISCH GMÜND /​MUTLANGEN (bt). Chefarztsekretärin Astrid Peck ist heute als Schatzmeisterin des Fördervereins Onkologie unterwegs und legt gemeinsam mit Marita Ellwanger, Sekretärin der neuen Beratungsstelle, letzte Hand an. Kaum zu glauben, dass die hellen, freundlichen Räume noch im Juni die Gemeinschaftsunterkunft und ein kleines Appartement des Krankenhaus-​Wohnheims waren. Seither wurde im Rekordtempo gearbeitet — zwei neue Wände eingezogen, ein neuer Boden, Fenster und Rollladen ersetzt. Die Maler waren da, natürlich. Der kleine Raum ist für die eigentliche Beratungsarbeit vorgesehen, der große Raum dient als Wartezimmer, bietet aber auch Platz für Vorträge, Gruppenabende, Gruppentherapie und Selbsthilfegruppen. Am 1. Oktober wird hier die von der hochqualifizierten Marita Ellwanger unterstützte Psychologin Barbara Vratil ihre Arbeit aufnehmen. Martin Redenbacher, der das Ganze auf den Weg gebracht hat, ist sichtlich zufrieden: Gute Psychologen seien schwer zu finden und Barbara Vratil identifiziere sich mit ihrer Aufgabe.
Dass Dank Dr. Martin Redenbacher und seiner Mitstreiterinnen und Mitstreiter in den vergangenen Jahren etwas sehr Wertvolles entstanden ist, hat nicht nur Landrat Klaus Pavel mehrfach betont. Welchen Stellenwert auch Krankenhausdirektor Walter Hees einer entscheidend verbesserten Betreuung von Patienten mit Krebs einräumt, zeigt sich daran, dass er dem Förderverein Onkologie nicht nur die Räume im Klinik-​Bau „6“ zur Verfügung stellt, sondern auch veranlasste, dass diese auf Kosten des Klinikums von Grund auf renoviert wurden.
Fast jeder Mensch hat im Freundes– oder Bekanntenkreis, gar in der Familie selbst, jemanden, der an Krebs leidet — das wird im Gespräch mit Martin Redenbacher deutlich. Auch, dass die Ärzte im Ostalbkreis gute Arbeit leisten. Für die psychologische Betreuung allerdings werde fachlich geschultes Personal benötigt, und Redenbacher setzt alles daran, den Förderverein Onkologie die entsprechenden Kosten aufbringen zu lassen. Alle Beteiligten bitten deshalb um langfristige ideelle und materielle Hilfe, auch mit den Hinweis darauf, dass der Staat nicht alles leisten kann. Die Patienten schon gar nicht: „Diese Beratung muss unbedingt kostenlos bleiben“.
Die umfassende psychoonkologische Betreuung der Betroffenen in Ostwürttemberg war noch vor wenigen Jahren Wunschtraum: Alle Pläne scheiterten an der Finanzierung — zumindest bis Martin Redenbacher und andere einen Förderverein auf den Weg brachten, der sich Anfang 2007 der Öffentlichkeit präsentierte. Auch Dank dieses Fördervereins konnte eine Palliativstation unter anderem für Tumorpatienten im Endstadium eingerichtet werden, die ein anderes Umfeld und besondere Betreuung benötigen.
Seit April 2007 wird durch die Psychologin Gordana Winneberger, die seit einiger Zeit von ihrer Kollegin Gabriela Halaskova unterstützt wird, psychoonkologische Beratung für die stationären Patienten angeboten. Gemeinsam bieten die Fachfrauen Hilfe bei der Auseinandersetzung mit der Erkrankung und den Folgen der Behandlung – also etwa einer Chemotherapie. Therapeutische Unterstützung bei Angstzuständen und Depressionen zählt ebenso zu ihren Aufgaben. Diese Beratung wird nicht nur von Patienten der Stauferklinik verzweifelt nachgefragt, und deshalb war der Aufbau einer ambulanten Beratungsstelle von Anfang an ein wichtiges Ziel. Neben der Arbeit der Psychologin ist die Sozialarbeit wichtig, die vorerst noch von Fachkräften des Klinikums übernommen wird: Familien in dieser Notsituation haben nämlich mit einer Vielzahl von Problemen zu kämpfen — wer hilft wo, was leistet die Krankenkasse, welche sozialrechtlichen Ansprüche gibt es und dergleichen.
Es gibt mehr als genug Untersuchungen zur Bedeutung dieser Betreuung für die Patienten; Studien belegen zudem eindeutig günstige Auswirkungen. In seiner langjährigen Berufspraxis hat der frühere Chefarzt Dr. Redenbacher selbst genügend Beispiele dafür erlebt, wie wichtig ein Gespräch ist, das über die rein medizinischen Aspekte hinausgeht; leider bleibe dafür kaum Zeit.
In der Behandlung von Patienten gebe es immense Forschritte, aber auch wenn Krebs mit Hilfe von Medikamenten erfolgreich bekämpft werde oder einen chronischen Verlauf nehme, lebten die Patienten mit einem Damoklesschwert, mit enormer psychischer Belastung unter der ganze Familien zerbrächen — so erklärte bei der Gründung des Fördervereins auch der jetzige Chefarzt Prof. Dr. Holger Hebart, warum er sich als stellvertretender Vorsitzender im Förderverein engagiert: „Diese Menschen brauchen Hilfe.“ Psychoonkologie bzw. die psychosoziale Beratungsstelle im Klinikum Schwäbisch Gmünd ist eine von vier im Land und die einzige, die keine große Institution wie eine Uniklinik oder die AWO im Rücken hat. Der Bedarf, so erklärt Martin Wickert, Leiter der Tübinger Einrichtung, der am Mittwoch den Festvortrag halten soll, zeigt sich unter anderem daran, dass Patienten Anfahrtswege von bis zu hundert Kilometer in Kauf nehmen. „Unglaublich“ findet er es, in welch kurzer Zeit in Mutlangen ambulante Krebsberatung für die gesamte Region organisiert und finanziert wurde.

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