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Nachrichten Schwäbisch Gmünd

Direktor Dr.Thomas Schnabel, Chef des Hauses der Geschichte Baden-​Württemberg in Stuttgart, lobt das Archiv Osten

Dr. Thomas Schnabel, Leiter des Hauses der Geschichte Baden-​Württemberg in Stuttgart, war gestern zu Gast in Schwäbisch Gmünd. Bei einem Gespräch im Rathaus verneigte er sich vor der ehrenamtlichen Leistung des Archiv bzw. der Sammlung Osten.

Mittwoch, 13. Oktober 2010
Rems-Zeitung, Redaktion
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SCHWÄBISCH GMÜND (hs). An der Informations– und Planungsrunde für zukünftige Aktivitäten nahm auch Oberbürgermeister Richard Arnold teil. Das Stadtoberhaupt beschrieb auch bei dieser Gelegenheit wiederholt die beispielgebende Bedeutung dieses Gmünder Archivs sowohl für aktuelle Fragen der Völkerverständigung in Europa als auch für die Integrationspolitik. Aus dem, was die Vertriebenen aus dem Osten am Ende des Krieges und kurz danach durchleiden mussten und was sie dann an kulturellen und wirtschaftlichen Integrationsleistungen gerade in Schwäbisch Gmünd gestaltet und gemeistert hätten, könnten die Menschen heute für eine gute Gegenwart und Zukunft viel lernen.
Der Hintergrund: Laut einer von Dr. Kurt Scholze mit Hilfe des Archiv Osten ermittelten Zahl, waren es exakt 14 446 Flüchtlinge und Vertriebene, die in der damaligen 20 000-​Einwohner-​Stadt Schwäbisch Gmünd ihre neue Heimat fanden. Es war ein unglaublicher Kraftakt, anfangs mit vielen sozialen Spannungen, später auch durch Bewunderung geprägt. Denn die Neubürger wurden schnell zu fleißigen Häuslebauern, sorgten mit eigenen Industrieansiedlungen auch für neue bzw. traditionelle Arbeitsplätze. Anschaulichstes Beispiel: Die seinerzeit blühende Glas– und Schmuckproduktion, die auch sehr gut zur Tradition der Gold– und Silberstadt passte. Die Anfangsjahre waren jedoch bitter: Verlorene Heimat und ein Besitz, der gerade mal in einen Rucksack oder in eine Kiste passte. Dazu die Zwangseinquartierungen in den fremden Wohnungen und Häusern der Gmünder. Wie Kurt Scholze, Marianne Döbbelin, Klaus Rollny und Burkhard Fichtner vom Archiv Osten gestern zum Ausdruck brachten, gehe es diesem Kreis von engagierten Gmündern darum, eine „Kultur des Erinnerns“ zu schaffen. Dokumente werden gesammelt, aus einer Epoche, aus der die jüngere Generation in ganz Europa lernen könne, sich weiter zu versöhnen und es zukünftig besser zu machen. Es sei bemerkenswert, wie sich immer mehr jüngere Historiker beispielsweise in Tschechien gleichfalls bemühen, die Episode der Vertreibung zu dokumentieren und ehrlich aufzuarbeiten. Über die nun offenen Staatsgrenzen hinweg gebe es bereits viele wissenschaftliche und freundschaftliche Kontakte. Das Archiv Osten, so ist bereits deutlich geworden, nimmt eine Vorreiterrolle ein. Die Vision wurde an Dr. Thomas Schnabel herangetragen: Alle Sammlungen und vor allem auch das Wissen besser vernetzen.
Der Direktor des Hauses der Geschichte, wo zuletzt eine vielbeachtete Ausstellung zum Thema stattfand, hatte da eine spontane Idee, die auch sofort von Oberbürgermeister Richard Arnold mit großer Begeisterung aufgegriffen wurde: Anlässlich des 60-​jährigen Jubiläums des Landes Baden-​Württemberg, das in zwei Jahren zeitgleich zum Gmünder Stadtjubiläum gefeiert wird, könnte er sich bestens vorstellen, dass mit Hilfe der Sammlung Osten und in dieser symbolträchtigen Stadt Schwäbisch Gmünd hier eine historische Tagung stattfinden könnte, um das Schicksal und die (Landes-)Geschichte der Vertriebenen darzustellen und geschichtswissenschaftlich aufzuarbeiten. Es sei lobenswert und beispielhaft, was hier in Gmünd bereits geleistet werde.

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