Direkt zum Inhalt springen

Nachrichten Ostalb

Orgelempore über Weihnachten gesperrt Nach der offensichtlichen Überlastung in der letztjährigen Christmette will die Lauterner Kirchengemeinde kein Risiko eingehen

Über die Weihnachtsfeiertage wird die Orgelempore in der Lauterner Pfarrkirche Mariä Himmelfahrt gesperrt. Die Kirchengemeinde sieht sich aus statischen Gründen zu diesem Schritt veranlasst. Eine akute Gefahr besteht allerdings nicht, und nach Weihnachten wird die Empore wieder geöffnet. Über Weihnachten zwingen eher organisatorische Gründe zum Handeln.

Samstag, 18. Dezember 2010
Rems-Zeitung, Redaktion
2 Minuten 24 Sekunden Lesedauer

HEUBACH-​LAUTERN (rw). „Es ist schon eine brisante Geschichte“, räumt der Lauterner Ortsvorsteher Bernhard Deininger ein, der zugleich in der katholischen Kirchengemeinde aktiv ist und als Sprecher fungiert. Untersuchungen der Empore laufen schon einige Zeit, „unser Problem ist, dass es erst so kurz vor Weihnachten akut wird“, sagt Bernhard Deininger. Es müssen wohl baulich-​statische Maßnahmen zur Sicherung der Empore ergriffen werden, sie brauchen noch einige Zeit und sind mit dem bischöflichen Bauamt in Rottenburg abzuklären.
Wie alle Kirchen wird auch Mariä Himmelfahrt in Lautern an Heiligabend und über die Weihnachtstage sehr gut besucht, zumal die schöne, im späten 18. Jahrhundert errichtete Barockkirche immer beliebter wird. Besonders anziehend: die Christmette mit dem Krippenspiel der Kinderweihnachtsfeier am Nachmittag. Letztes Jahr war zudem die Mögglinger Kirche wegen Renovierung geschlossen. Das Lauterner Gotteshaus konnte den Andrang nicht fassen, es war überfüllt — und die beiden Ebenen der Empore sowie die Treppe, auf der ebenfalls Kirchgänger standen, waren überlastet. Das spürten sie unmittelbar am Schwingungsverhalten der Holzkonstruktion: „Es ist unangenehm, man meint, der Boden fließt“, sagt der mit der Untersuchung betraute Lauterner Architekt Hans Haag, „es wurde schlicht die Kapazität der Kirche überschritten.“ Die Konsequenz: „Wenn man Kenntnis hat von einem Problem, darf man’s nicht ignorieren.“
Die Lauterner Kirche wurde 1783/​85 vom Gmünder Baumeister Johann Michael Keller erbaut, sie war ausgelegt für ein Dorf für 500 Seelen. Architektonisch ist sie ein Schmuckstück, entstanden an der Wende zum Klassizismus, ausgestattet im heiteren süddeutschen Rokoko-​Stil. Im Laufe der Zeit wurden manche Veränderungen an der Empore ausgeführt, manchmal wohl etwas nachlässig. Die Orgel wurde 1901 auf der zweiten Ebene eingebaut, „und die war nie dafür gedacht, dass mehr als das Instrument und Organist darauf stehen, ein paar Sänger trägt sie freilich auch noch“, so der Architekt. Auch die Unterzüge der ersten Emporen wurden nicht für eine größere Besucherzahl ausgelegt. An die Anforderungen von DIN-​Normen hat damals sowieso niemand gedacht.
Alte Pläne gibt es nicht. Also machte man eine Bauaufnahme, öffnete den Boden der Empore für eine Sichtprüfung und berechnete die Konstruktion statisch nach. „Altes Holz bricht nicht so schnell“, sagt Hans Haag. Andererseits: Eine unbeschränkte Kapazität hat die Empore nicht und wird sie nie haben.
Im Kirchengemeinderat sei das Thema lange diskutiert worden. Man sei zum Entschluss gekommen, „eine klare Linie zu fahren“, sagt Bernhard Deininger: Totalsperrung der Empore an Weihnachten, zumal sich noch die Öffnungen im Boden befinden. Totalsperrung aber nicht etwa, weil eine akute Gefahr im Verzug ist, sondern aus organisatorischen Gründen: „Eine Frage des Handlings“, so Bernhard Deininger. Wie sollte man vor dem Gottesdienst Kirchgängern, die auf die Empore wollten, erklären, dass 50 hinauf dürfen, der 51. aber nicht mehr, eventuell gar einer, der dort oben sozusagen Stammgast ist? Und Ordner habe die Kirchengemeinde an Weihnachten schon gar nicht einsetzen wollen.
Dabei wird es natürlich nicht bleiben. Vorgesehen ist die konstruktive Ertüchtigung: Die Unterzüge sollen verstärkt werden, ebenso die Balkenverbindungen. Die sind nach alter Zimmermannskunst mit Holzzapfen ausgeführt. Verdeckte Verschraubungen können sie verstärken. Der Zugang zur Orgelempore, der zweiten Ebene, wird wohl beschränkt bleiben. Das Denkmalamt hat ein Wort mitzureden, die Finanzierung muss auch geregelt sein. Eine Entscheidung erwartet der Architekt im März oder April. Dann sei es nur eine Frage von Tagen, bis die Reparatur ausgeführt sei.

14 Tage kostenlos und unverbindlich testen?
Das RZ-Probeabo - digital oder klassisch mit Trägerzustellung

1929 Aufrufe
578 Wörter
4881 Tage 10 Stunden Online

Beitrag teilen

Hinweis: Dieser Artikel wurde vor 4881 Tagen veröffentlicht.


QR-Code
remszeitung.de/2010/12/18/orgelempore-ueber-weihnachten-gesperrt-nach-der-offensichtlichen-ueberlastung-in-der-letztjaehrigen-christmette-will-die-lauterner-kirchengemeinde-kein-risiko-eingehen/