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Nachrichten Schwäbisch Gmünd

Blick auf die neue Produktion des Kolping-​Musiktheaters: „Scarlet Pimpernel, das scharlachrote Siegel“

Ein Tanzschritt kann danebengehen, ein Fechthieb aber ins Auge. Das ist wohl der Grund, warum das Fechten in Kolpings hochspannender Mantel-​und-​Degen-​Inszenierung die größte Herausforderung genannt wird.

Donnerstag, 30. Dezember 2010
Rems-Zeitung, Redaktion
3 Minuten Lesedauer

SCHWÄBISCH GMÜND (bt). Günter Härtel vom TSB, der sich als Fechttrainer zur Verfügung gestellt hat, hat alle Hände voll zu tun, die Kämpfe echt und gefährlich aussehen zu lassen. Auch die Guillotine darf auf keinen Fall wie ein Spielzeug wirken; sie muss Angst machen. Bei allem Witz, bei spielerischem Geplänkel und Dialogen, die geschliffenen sind wie die Degen während der Franzöischen Revolution: Dieses Mal ist die Handlung entscheidend. Gefahr, Abenteuer, Terror, Liebe und nicht zuletzt die großen Fragen der Menschheit: Welches Risiko muss eingegangen werden, um anständig bleiben zu können. Das ist wohl der größte Unterschied zwischen „Scarlet Pimpernel“ und den letzten Gmünder Musicals: Damals stand der Swing im Mittelpunkt, Lieder von Cole Porter, Gershwin und Irving Berlin, um die irgendwie eine Handlung gebastelt war. Kolping-​Chor und Kolping Musiktheater freuen sich auch in diesem Jahr an den Liedern — doch auch diese tragen die Geschichte. Wenn die Heldin mit strahlendem Lächeln davon singt, dass der Liebste ihr fremd geworden ist — „zwischen uns ist eine Wand“ -, dann hat sie die schöne Melodie gewürdigt, das Lied aber vergeigt.
Sie sind Helden und
sie sind blasierte Dandys
Der Held der Geschichte ist der jungverheiratete Sir Percy Blakeney, der nicht fassen kann, dass seine Frau, die französische Schauspielerin Marguerite, seinen besten Freund Armand — ein in Frankreich verfolgter Adliger — ans Messer geliefert hat; für ihn besteht diese Ehe fortan nur noch auf dem Papier. Außerdem zieht er mit einer Handvoll aufrechter Gesinnungsbrüder – Bernhard Stütz, Thorsten Hammer, Joe Marra, Michl Pick, Joachim Reißmüller sowie Alexander und Michael Bofinger – los, um für das Gute zu kämpfen. Es soll ein Ende haben mit dem Blutbad, mit der völlig aus dem Ruder gelaufenen französischen Revolution. Alles riskierend, befreien sie im nächtlichen Paris von der Guillotine bedrohte Adelige; ihr Erkennungszeichen ist das scharlachrote Siegel – das „Scarlet Pimpernel“. Weil niemand von ihren geheimen Ausflügen wissen darf, spielen sie in England sehr überzeugend nichtsnutzige affektierte Dandys, die sich nur für Mode interessieren; diesem Doppelspiel der in Gmünd so beliebten Truppe dürfte Kultstatus sicher sein. Michael Schaumann ist Chauvelin, der den Scarlet Pimpernel und seine Freunde mit allen Mitteln jagt: Böse, niederträchtig, gewalttätig, unfair ist dieser Mann, feiger Kriecher, Erpresser, grausamer Verbrecher. „Ich freu mich so sehr darauf, ihn zu spielen“, sagt Michael Schaumann, und gibt eine Kostprobe. Ja, er kann abscheulich sein.
Schaumann, der auch Regie führt, hat lange gesucht, bis er dieses Musical gefunden hat. Wichtigste Voraussetzung war, es musste spielbar sein — etwa was die technischen Anforderungen anbelangt; der Chor musste sich integrieren lassen, und es durfte nicht zu düster sein, immerhin freut sich das Publikum auf einen richtig schönen Abend. So wie sich die Darsteller freuen. Schaumann kann manchmal kaum glauben, dass diese noch nach der zehnten Wiederholung einer Szene mit spürbarer Spielfreude ihr Bestes geben: „Routine muss sich einschleifen, durch ständiges Wiederholen, nur so kann erreicht werden, was Profis aus dem Stegreif gelingt“. Hört sich nach harter Arbeit an. Ist es auch. Zu Weihnachten gab’s die Hausaufgabe, anhand des Büchleins „Wir können alles, auch Hochdeutsch“ mit phonetischen Übungen den Dialekt anzugehen.
Bei allem Druck, den enormen Erwartungen gerecht zu werden: Zeit, zu lachen, finden sie immer. Etwa, wenn einer plötzlich im Eifer des Gefechts in eine frühere Rolle fällt. Oder wenn sich ein Fehler einschleicht: Beim ersten Mal wird’s vom Betreffenden zur Kenntnis genommen, beim zweiten Mal muss er lachen, beim dritten Mal kann die Szene gar nicht mehr gespielt werden, weil alle lachen. Dann muss Günther Helle, einer der Schergen, die Robespierre dienen — Ernst Kittel, man darf gespannt sein — Miriam Lapini abführen: Er packt sie am Arm und fällt unversehens aus seiner Rolle, weil ihn die muskulösen Oberarme der jungen Dame so erstaunen. Und wieder wird unter allgemeinem Gelächter deutlich, dass sie sich alle miteinander mögen, dass sie’s nicht erwarten können, wieder anzufangen. Dass es richtig viel Spaß macht, dabei zu sein.
Die Mick Baumeister Bigband unter der Leitung von Tanja Goldstein sorgt dafür, dass die Musik — die an opulente Filmmusik erinnert — gestemmt werden kann. Das Tanzstudio Vera Braun übernimmt unvertraute Aufgaben, ganz gleich ob es um Tänze am englischen Königshof geht, oder darum, den geifernden Pariser Pöbel zu dirigieren, der sehen will, wie Köpfe rollen. Die restliche Crew ist ebenfalls fast schon selbstverständlich wieder dabei. Mischa Mang und Asita Djavadi — die Profis im Team — spielen Sir Percy Blakeney und Marguerite St. Just. Auch auf sie darf man sich freuen.

Aufführungen im Stadtgarten: Freitag, 25. Februar, Premiere um 20 Uhr; Samstag, 26. Februar, 15 Uhr; Sonntag, 27. Februar, 19 Uhr; Freitag, 4. März, 20 Uhr; Samstag, 5. März, 15 und 20 Uhr; Sonntag, 6. März, 18 Uhr. Vorverkauf im i-​Punkt.

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