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Nachrichten Schwäbisch Gmünd

Interkulturelle Frauenbegegnungen: Gestern Abend wurde eine Moschee-​Führung angeboten

„Wir kennen uns noch immer nicht, weil wir seit 40 Jahren neben-​, aber nicht miteinander leben“. Mit diesem Satz sprach Ismail Öztürks gestern bei der interkulturellen Begegnung in der Mosche den türkischen und den deutschen Frauen aus dem Herzen. Fazit: „Es wird Zeit, dass sich das ändert“.

Sonntag, 20. Juni 2010
Rems-Zeitung, Redaktion
2 Minuten 40 Sekunden Lesedauer

SCHWÄBISCH GMÜND (bt). Fast nur bekannte Gesichter: Die meisten Frauen, die sich gestern Abend in der Ditib-​Moschee einfanden, haben sich schon öfter getroffen. Weil sie an religiösem und kulturellem Dialog interessiert sind, oder weil’s einfach nett ist, miteinander einen Gedichteabend, einen Ausflug oder einen Kochkurs zu organisieren, zu diskutieren, zu lachen, mehr zu erfahren über das Leben der anderen.
Der gestrige Abend in der neuen Moschee wurde von Nurhan Öztürk und Moscheeführerin Aysun Yilmaz geplant; besonderes Interesse galt den Frauenräumen der Moschee sowie der künftigen Jugendarbeit des größten muslimischen Vereins in Gmünd, aber auch den Ausführungen Ismail Öztürks, Vorsitzender der türkisch-​muslimischen Gemeinde zu Schwäbisch Gmünd (Ditib), der im Gebetsraum vom Islam erzählte und die Pläne der Moschee erläuterte – die ausdrücklich ein für alles offenes Haus der Begegnung und, ganz wichtig, der Bildung sein soll. Dank der Fachfrauen unter den Gästen kamen theologische Gemeinsamkeiten und Unterschiede ebenso zur Sprache wie die Ausbildung der Imame oder der Grundsatz, dass Politik in der Gmünder Ditib-​Moschee nichts zu suchen hat. Von Schicksal und Selbstverantwortung war die Rede, und vom sozialen Gleichgewicht, das durch die Armensteuer so viel besser gewahrt werde, als durch Zinsen.
70 bis 80 Prozent der Muslime in Gmünd beten in diesem Haus; dass da der Imam mit der Seelsorge hoffnungslos überfordert ist, wurde von einer Frau vermutet und von Öztürk bestätigt; deshalb gebe es ja auch die Familienmentoren, die zudem Begleitung und Unterstützung anbieten, wenn es um Themen wie Erziehung, Schule und Berufausbildung geht. Kinder sollen stark gemacht werden. Und Familien gegebenenfalls zur Erkenntnis gebracht, dass sie Hilfe benötigen.
Freude über den Islamunterricht
an der Rauchbeinschule
Auch der in Kooperation mit der Ditib-​Gemeinde auf den Weg gebrachte Islamunterricht in der Rauchbeinschule kam zur Sprache und wurde von Gmünds Integrationsbeauftragter Melanie Jester als Glücksfall für die Stadt vorgestellt — Safiyet Brucks wurde als Religionslehrerin gewonnen; sie soll Kinder aus mehreren Ländern unterrichten und befähigen, mit ihren Mitschülern in einen Dialog zu treten. Ismail Öztürk freute sich ebenfalls sehr, dass es gelungen ist, dieses Modellprojekt nach Gmünd zu holen; es handle sich um ein Zeichen der Wertschätzung. Auch kritische Fragen wurden gestellt, die Öztürk offen beantwortete — um auch schon mal klarzustellen, dass „Machogehabe“ nichts mit Religion zu tun hat.
Wie praktisch immer bei diesen Begegnungen gab’s gut und reichlich zu essen. Türkische, aber auch einige deutsche Frauen hatten etwas zum Buffet beigetragen, für dessen unterschiedlichste Leckereien eilends ein zweiter Tisch organisiert werden musste. Es gab Baklava und Börek und gefüllte Weinblätter und all die Dinge, die fast schon verboten gut schmecken. Die Gastgeberinnen wollten zeigen, dass die türkische Küche „genau so farbig ist wie das Kulturmosaik des Landes“, wie’s eine passionierte Köchin während der Vorbereitung formuliert hatte. Vor allem aber wollten sie über Pläne und Projekte sprechen, über Ängste und Hoffnungen Es sei eine sehr spannende Zeit, so Nurhan Öztürk; es gebe unglaublich viel zu tun, es sei aber auch ein überwältigend gutes Gefühl, dass auf dieser Baustelle alle Gemeindemitglieder Hand in Hand arbeiteten, Männer und Frauen, Jung und Alt, sogar Kranke ließen es sich nicht nehmen, mitzuhelfen. Ebenso erfreulich: Alle spendeten nach Kräften.
Organisiert werden diese Begegnungen von den Frauen der Moschee, von Frauenforum, Frauenbeauftragter, Frauenarbeit in der evangelischen und katholischen Kirche, Süddialog und Spitalmühle.

Bei der nächsten interkulturellen Frauenbegegnung am Dienstag, 6. Juli, wird von 9 bis 12 Uhr durch den Weleda Heilpflanzengarten geführt, ein Empfang im Erlebniszentrum mit einem Getränk steht ebenso auf dem Programm wie Filmvorführung und Einkaufsmöglichkeit. Bei diesem
Termin wird um Anmeldung gebeten,
Tel. 0 71 71 /​603‑1610

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