Auch in den Ferien geht dem Amtsgericht in Schwäbisch Gmünd die Arbeit nicht aus
Wenig Ferienstimmung herrscht im Gmünder Amtsgericht, denn auch jetzt gibt es genug Fälle, die verhandelt werden. Zwar sind es nicht unbedingt die großen Straftaten, die zur Sprache kommen, sondern eher die kleinen Fälle, die jedoch ebenfalls oft genug einen mehr oder wenig großen Schatten auf die heile Welt fallen lassen. Von Dietrich Kossien
Mittwoch, 18. August 2010
Rems-Zeitung, Redaktion
3 Minuten Lesedauer
Der gutmütige Lorcher sagte aus, der Mann sei in seine Werkstatt gekommen, habe sich als Künstler ausgegeben und nach Schrott gefragt, mit dem er mit drogenabhängigen Jugendlichen arbeiten wolle. Der Schrott sei Super-Material für Skulpturen.
So ganz geheuer aber schien dem Werkstattbesitzer die Sache aber nicht zu sein. Er habe ihm gesagt, wenn er ihn auf einem Schrottplatz erwischen würde, würde das Folgen haben. Er merkte sich die Autonummer und startete einen Rundruf an die Schrotthändler, die ihm sonst diesen abnahmen: Falls ein Wagen mit dem Kennzeichen käme, sollten sie den Schrott nicht kaufen. Kurze Zeit habe ihn schon einer angerufen. Die Frau habe geholfen, den Schrott ins Auto zu laden. Der Händler aus Stuttgart sagte aus, der Mann sei mit dem Wagen auf die Waage gefahren, nachdem er gesagt habe, er hätte Schrott zu verkaufen.
Die Strafregistereintragungen des Mannes kündeten von einer steilen Karriere mit 33 Voreintragungen quer durch die kleinkriminelle Landschaft. Erst vor kurzem hatte er wieder eine Bewährungsstrafe wegen Fahrens ohne Führerschein erhalten. Die Vertreterin der Staatsanwaltschaft, Annika Jäger, stellte fest, der Tatnachweis sei geführt. Er habe den Schrott für sich verkaufen wollen. An den Aussagen der Zeugen habe sie keinen Zweifel. Sie beantragte eine Freiheitsstrafe von neun Monaten, für die es wegen des Bewährungsbruches keine Bewährung geben könne. Die Angeklagte sei jedoch frei zu sprechen. Sie sei bei dem Gespräch mit dem Besitzer des Schrotts nicht dabei gewesen. Strafrichter Hans-Dieter Grimm verurteilte den Angeklagten zu sieben Monaten Haft, die er neben den bereits ausgesprochenen verbüßen soll und sprach die Angeklagte frei.
Der Exfrau geholfen
– Führerschein weg
In einem weiteren Fall sah man einen Angeklagten, den das Erscheinen vor Gericht sichtlich mitnahm. Er hatte, nachdem er mit 1,19 Promille erwischt worden war, den Führerschein verloren und dazu eine saftige Geldstrafe erhalten. Nun aber wollte sein Verteidiger, Rechtsanwalt Lang, dass man bei der Strafzumessung die Hintergründe beleuchte.
Das geschah. Der allein lebende Mann sagte aus, er habe nach der Arbeit daheim Wodka getrunken und sei dann schlafen gegangen. Dann habe seine Exfrau angerufen. Sie habe wegen des Schlüssels und wegen eines Nachbarn wohl Schwierigkeiten gehabt. Da sei er dorthin gefahren. Die Polizei sei schon da gewesen. Er habe seine Exfrau beruhigt und sei dann wieder nach Hause gefahren und in eine Kontrolle geraten. Er habe seit 38 Jahren den Führerschein und noch nie so etwas mitgemacht. Sein Anwalt wies auf das Zeugnis seiner Firma hin, die ihn als gewissenhaften und zuverlässigen Mitarbeiter im Außendienst bezeichnete.
Die Staatsanwältin, Annika Jäger, zeigte Einsehen. Zwar sei er schuldig, doch habe er nicht vorgehabt, mit dem Auto zu fahren. Auch hielt sie ihm zugute, dass er keine Voreintragungen habe. Man könne sowohl die Geldstrafe als auch die Dauer des Führerscheinentzuges reduzieren. Dem entsprach Richter Grimm. Er reduzierte die Geldstrafe und den Führerscheinentzug beträchtlich.
Ein Rentner aus Schwäbisch Gmünd hatte gleichfalls einen Strafbefehl erhalten. Er hatte wohl seine ehemalige Vermieterin, mit der er anscheinend in Dauerfehde liegt, wieder einmal telefonisch und obszön beleidigt. Vor Gericht aber verteidigte er sich, er habe an dem angegebenen Zeitpunkt im Bus gesessen, und ein Handy habe er nicht.
Außerdem machte er ein psychiatrisches Gutachten geltend. Das bescheinigte ihm eine Wahrnehmungsstörung in Form einer Wahnidee. Er könne sich zeitweise kein Urteil über die Realität machen. Eine deutliche soziale Beeinträchtigung liege vor. Und eine psychotische Störung sei strafrechtlich insofern bedeutungsvoll, als von paranoidem Erleben auszugehen sei mit der aufgehobenen Einsichtsfähigkeit für Recht und Unrecht.
Angesichts dessen baute ihm der Richter eine goldene Brücke. Das Verfahren könne eingestellt werden, wenn er verspreche, seiner ehemaligen Vermieterin in Zukunft weder Briefe zu schreiben noch sie anzurufen. Das versprach er, aber gegen Unrecht werde es sich weiter wehren. Mit Einverständnis der Staatsanwaltschaft stellte der Richter das Verfahren ein.
Hinweis: Dieser Artikel wurde vor 5003 Tagen veröffentlicht.