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Nachrichten Schwäbisch Gmünd

Mutter und ihre zwei Buben starben im Badezimmer eines Mehrfamilienhauses vermutlich an einer Kohlenmonoxidvergiftung

Welche Verzweiflung verbirgt sich hinter dieser grausam-​traurigen Tat? Eine 44-​jährige Mutter hat in Lorch zusammen mit ihren Buben, sieben und zwölf Jahre alt, den Freitod gewählt. Der Ex-​Mann und Vater entdeckte gestern Morgen die drei Leichen im Badezimmer, wo offenbar schon vor Tagen ein Grill angezündet worden war, der zu einer Kohlenmonoxidvergiftung der drei Opfer führte.

Donnerstag, 16. September 2010
Rems-Zeitung, Redaktion
2 Minuten 57 Sekunden Lesedauer

LORCH. (hs). Auch erfahrenen Streifenpolizisten und Kriminalbeamten war gestern am und rund um den Ort des Geschehens an der Bäderhalde in Lorch das Entsetzen ins Gesicht geschrieben. Auch Rettungsdienst und Feuerwehr waren im Einsatz, doch alle Hilfe kam viel zu spät: Notarzt und Kriminalbeamten beurteilten nach ersten Untersuchungen und Ermittlungen die Auffindesituation dahingehend, dass die furchtbare Tat eher schon einige Tage zurückliegen könnte. Genaueres wird erst noch die Gerichtsmedizin festzustellen haben. Überhaupt liegen die näheren und persönlichen Umstände noch völlig im Dunkeln. Die Ermittler bemühten sich, die Hintergründe durch Befragung von Angehörigen und Nachbarn aufzuhellen.
Fest steht: Die alleinerziehende 44-​jährige Mutter lebte getrennt von ihrem Ehemann zusammen mit ihren beiden Söhnen in einer der beiden Erdgeschosswohnungen des auffallend modernen und schmucken Achtfamilienhauses an diesem „Sonnenhügel“ Lorchs mit einem schönen Blick von der Terrasse hinab nach Lorch. Ein intaktes, bürgerliches Wohnumfeld also. Der Garten gepflegt und aufgeräumt. Die Terrasse mit einer hübschen Sitzgruppe aus Korbmöbeln versehen.
Ex-​Mann und Vater entdeckte das furchtbare Geschehen und alarmierte die Polizei
Gleich daneben löst der Anblick einer kleinen Szenerie von Gegenständen bei Ermittlern, vielen Journalisten und anderen „Zaungästen“ gleichermaßen Betroffenheit aus. Säuberlich aufgereiht stehen da noch die Schuhe der zwei Buben. Dazu ein Fußball. Und dann: Holzkohle, ein Gasanzünder sowie Teile eines Grills. Diese Utensilien müssen bei der Vorbereitung des Unerklärlichen eine Rolle gespielt haben. Nach Angaben von Ostalb-​Polizei-​Pressesprecher Bernhard Kohn, der sich mit Details verständlicherweise noch sensibel zurückhielt, wollte gestern Morgen um 10.47 Uhr der Vater und Ex-​Mann seine Familie besuchen. Der Vater hatte sich Sorgen gemacht, weil eines der Kinder nicht zum Unterricht erschienen war und kein telefonischer Kontakt zur Familie hergestellt werden konnte. Weil aufs Klingelzeichen niemand öffnete, ging er um das Haus herum.
An der Erdgeschoss-​Wohnung waren die Rollläden heruntergelassen. Als der besorgte Mann den Rollladen des Badezimmerfensters vorsichtig nach oben schob, erkannte er hinter der Fensterscheibe die leblosen Körper. Er alarmierte sofort die Polizei. Die wiederum setzte auch Rettungsdienst, Notarzt und die Lorcher Feuerwehr zwecks Türöffnung in Marsch. Den Polizisten und Rettern und besonders dem Vater bot sich dann ein Anblick, der an Schrecken und Tragik kaum zu überbieten ist. Polizei-​Pressesprecher Bernhard Kohn suchte, ja rang in seiner ersten Erklärung am Mittag nach zurückhaltenden und sensiblen Worten: „Die polizeilichen Untersuchungen und die bislang erfolgte Spurensicherung erbrachten mit dem jetzigen Stand ausschließlich Anhaltspunkte für einen sogenannten erweiterten Selbstmord. Hinweise auf die Mitwirkung eines außenstehenden Dritten ergaben sich bislang nicht.“
Nach den ersten, dann im Laufe des Nachmittages vorliegenden Erkenntnissen der Kriminaltechniker und des Notarztes wurde der glühende Holzkohlegrill in das Badezimmer gestellt, der den Sauerstoff im Raum verbrauchte und so Ursache für ein tödliches Gasgemisch wurde. Weiter wurde bekannt, dass für die Vorbereitung des Freitods eine Matratze auf die Badewanne gelegt worden war, auf der zumindest eines der beiden Kinder noch lag. Der andere Junge solle möglicherweise zu Boden gestürzt sein und habe sich hierbei eine Kopfverletzung zugezogen. Doch bei allen Nachfragen wurden auf die weiteren Ermittlungen und die noch ausstehende Obduktion der drei Verstorbenen verwiesen.
Die gesamte Szenerie deutet aber eher nicht auf eine Kurzschlusshandlung innerhalb von einer auf die andere Sekunde. Das gesamte Umfeld spricht auch nicht für eine Verwahrlosung. Im Gang vor der versiegelten Wohnungstüre liegt ein blitzsauberer Fußabstreifer mit einem freundlichen Motiv, das die Wohnungsinhaber als Katzenliebhaber zu erkennen gibt. Auf der besagten Terrasse stehen auch zwei Futterschälchen, dazu ein kleiner Teppich, so als hätten sich Frauchen und Herrchen bis zuletzt um das Wohlergehen ihrer Tiere gekümmert.
Zur abschließenden Klärung der Todesursache der drei Opfer, der Feststellung des Todeszeitpunktes und des näheren Tatablaufs hat die Staatsanwaltschaft bei allen Leichnamen eine Obduktion veranlasst, deren Ergebnis heute bekannt werden soll. Außerdem wird zur Klärung des Tatgeschehens ein forensisch-​toxikologisches Gutachten eingeholt.
In Absprache mit der Staatsanwaltschaft Ellwangen ermittelt die Kriminalpolizei Schwäbisch Gmünd nun den genauen Tathergang, insbesondere, ob die Mutter ihre Kinder im Sinne eines erweiterten Suizids mit in den Tod genommen hat. Das Motiv des Familiendramas liegt noch im Dunkeln.

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