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Nachrichten Schwäbisch Gmünd

Vortrieb und Ausbau des Haupttunnels laufen auf Hochtouren /​Blick in die gewaltigen Kavernen tief unterm Lindenfirst

22 Monate nach Beginn des bergmännischen Vortriebs für den insgesamt 2,2 Kilometer langen B-​29-​Tunnel läuft jetzt im westlichen Teil auch schon der Innenausbau auf Hochtouren. Und nur noch etwa 90 Meter trennen die Ortsbrust des Haupttunnels vom Punkt des Durchschlags nahe der Rems an der Pfitzerkreuzung. Die Tunnelbauer vollbringen besonders in diesem Bereich ein Meisterstück.

Freitag, 03. September 2010
Rems-Zeitung, Redaktion
2 Minuten 58 Sekunden Lesedauer

SCHWÄBISCH GMÜND (hs). Projektleiter Dipl.-Ing. Andreas Decker von der Arbeitsgemeinschaft Tunnel Schwäbisch Gmünd (Firmen Züblin, Baresel, Hinteregger und Ostustettin) nimmt uns mit auf die Reise – sozusagen zum Mittelpunkt der Gmünder Erde. Es ist immer wieder ein faszinierendes Erlebnis, in diese unterirdische Großbaustelle einzufahren. Nun zeigt uns Andreas Decker erstmals die tief unterm Lindenfirst seitlich der Tunnelröhre in den Berg gesprengten und gebaggerten Kavernen. Die beiden gigantischen, halbrunden „Hallen“ werden dazu dienen, einen Großteil der Belüftungs– und Sicherheitstechnik aufzunehmen. Die Kavernen befinden sich ziemlich genau in der Mitte des Tunnels. Fast 120 Meter beträgt hier die Überdeckung zur Erdoberfläche; wir befinden uns also mitten im Lindenfirstmassiv. Die kleinere Kaverne wird nach dem Endausbau auch die Notstromversorgung für den Tunnel beherbergen. Andreas Decker erläutert Beruhigendes: Auch wenn durch irgendein Ereignis die komplette Stromversorgung von außen zusammenbrechen würde, könnten die dann hier aufgereihten Akkus für eine ausreichende Evakuierungs– oder Überbrückungszeit sicherstellen, dass im Tunnel nicht die Lichter ausgehen. Noch größer ist die Abluftkaverne. In dieser werden die über den Fahrbahnen vorgesehenen Entlüftungsschächte zusammenlaufen. Insgesamt 157 Meter hoch werden Schacht und Kamin sein, um die Tunnelabluft mittels eines Gebläses überm Lindenfirst zu entsorgen und bestmöglich zu verteilen. Wie mehrfach berichtet, ist es noch raumtechnisch machbar, in dieser Kaverne die allseits gewünschte und von der Raumschaft im Norden Gmünds erwartete Filteranlage unterzubringen. Das Bundesforschungsministerium prüft hierzu die Realisierbarkeit eines umwelttechnologischen Pilotprojektes an diesem Standort. Doch das sei nicht seine Baustelle, gibt der Projektchef der vereinigten Baufirmen zu verstehen. Er freut sich vielmehr, dass der alles andere als unkomplizierte Tunnelbau in Schwäbisch Gmünd bislang ohne größere Zwischenfälle oder gar Unglücke mit bleibenden Folgen für die Gesundheit seiner Leute über die Bühne gegangen sei. Immerhin sind es bis zu 25 Mineure und Betonarbeiter gleichzeitig, die derzeit im Tunnel beschäftigt sind. Zusammen mit weiteren Mitarbeitern der Verwaltung, der Werkstatt, der Bauüberwachung und der Fuhrunternehmen sind es rund 200 Leute, die mit dem Tunnel beschäftigt sind. Projektleiter Andreas Decker richtet sein Augenmerk derzeit ganz besonders in den östlichen Abschnitt: Der Vortrieb für den Haupttunnel unterquert und berührt jetzt den kritischen Bereich der Rems. Wie Decker erklärt, sei es trotz sorgfältiger Vorbereitung und Sondierung der Geologie nie völlig ausgeschlossen, dass es durch Klüfte zu einem überraschenden Wassereinbruch komme. Die Teams ganz vorne an der Ortsbrust seien jedoch darauf vorbereitet. Beispielsweise könne durch das Einbringen von speziellen Materialien in Felsen und Erdreich schnell erreicht werden, dass Fugen geschlossen und/​oder labile Schichten verfestigt werden. Vorsichtig gehe der Vortrieb vonstatten. Dennoch rechne er damit, dass nahe der Pfitzerkreuzung nun auch schon im Herbst der Durchlag für den großen Fahrtunnel erfolgen könne.
Plötzlich brummt da der Berg. Fühlt sich an wie ein kleines Erdbeben. Dann scheinen sogar die Hosenbeine durch eine leichte Druckwelle zu flattern. „War nur eine Sprengung!“ beruhigt Andreas Decker. Und auch die Rems bleibt draußen: Gesprengt werde gerade seitlich, um Platz für die zukünftigen Pannenbuchten zu schaffen.
Derzeit weiterer Schwerpunkt auf der Großbaustelle unterm Lindenfirst: Der Betonschalwagen ist in Zehn-​Meter-​Schritten unterwegs und hat schon etwa 450 Meter der Sohle im Haupttunnel betoniert. Wenn dieses Fundament auf voller Länge fertig ist, folgt postwendend der Innenausbau von Strosse (Mittelteil) und Kalotte (Deckenbereich). Unablässig pendeln die Betonmischer. Vor dem Schalwagen wird zunächst der Tunnelrohbau mit speziellen Planen und Matten dreifach präpariert. Dann folgt die kunstvolle Eisenarmierung, ehe dann vom Schalwagen aus pro Zehn-​Meter-​Segment etwa 80 Kubikmeter Beton in die Sohle fließen. Die Arbeit ist perfekt getaktet: Schon am nächsten Tag folgt der nächste Abschnitt.
Bei der Ausfahrt noch kurz Station an der Kfz-​Werkstatt. Auch ein Zeichen des Baufortschritts. Ein erster Rohrschirm-​Bohrwagen wird gerade gereinigt und überholt. Das 750 000-​Euro-​Fahrzeug hat in Gmünd bereits ausgedient und wird fit gemacht für andere Baustellen. Der Mechaniker fühlt sich angesichts der Werte seiner Spezialfahrzeuge fast schon wie ein Millionär, ist stolz auf das – nach hartem Einsatz – wieder blitzblanke Gerät. „Darf ich auch mal meinen alten Golf zu Ihnen reinstellen?“ Mit so einem bissle Blech gibt sich der Experte ganz gewiss nicht ab.

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