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Nachrichten Schwäbisch Gmünd

Kommentar: Nicht Wut-​, sondern Mutbürger fordern die Tunnelfiltertechnik

Es ist widersprüchlich und bedauerlich, wie sich die Politik in Sachen Tunnelfilter Augen und Ohren zuhält. Dabei erfüllen die Kommunalverwaltungen, Abgeordneten und engagierten Bürger von Gmünd, Großdeinbach, Wetzgau/​Rehnenhof, Lindach, Mutlangen, Alfdorf und Iggingen, die hinter der „Lindenfirst-​Erklärung“ stehen, doch genau das Muster der Erwartungen, die Ministerpräsident Mappus in seiner Regierungserklärung an die Bevölkerung gerichtet hat: Baden-​Württemberg weiterhin als Land der Tüftler und Erfinder voranbringen und zu einer internationalen Hochburg der Zukunfts– und Umwelttechnologien zu machen.

Dienstag, 01. Februar 2011
Rems-Zeitung, Redaktion
2 Minuten 2 Sekunden Lesedauer

Und so sind im Ringen für Realisierung des Pilot– und Vorzeigeprojekts Gmünder Tunnelfilter auch nicht jene „Wutbürger“ am Werk, die nach Meinung der Regierenden Fortschritt verhindern, sondern es sind „Mutbürger“, die sich mit einem freundlichen und überparteilichen Protest bemühen, die Politik zu ihrem Glück zu zwingen. Sarkastisch gefragt: Muss man denn erst Bäume besetzen und mit Kastanien auf Polizisten werfen, um sich in der großen Politik als kleiner Bürger Gehör zu verschaffen?
Die Umweltprobleme in den Metropolen weltweit wachsen. Auch in Europa werden zugunsten des Gesundheitsschutzes die Vorschriften zur Luftqualität immer strenger. In Gmünd (Image „Stadt der Gesundheit“) liegt ein umwelttechnologisches Vorzeigeprojekt zum Greifen nahe: Komplettreinigung der Abluft aus einer 2,2 Kilometer langen Ortsdurchfahrt einer vielbefahrenen Fernstraße. Trotz redlichen Bemühens aller Gmünder Abgeordneten und der konstruktiven Bürger-​Protestbewegung ist diese Botschaft in Stuttgart und Berlin immer noch nicht angekommen. Stattdessen trägt und rechnen Regierungsbehörden die Harmlosigkeit des Tunnelschornsteins auf dem Lindenfirst vor. Doch: Vor zwei Jahren hat das Umweltministerium festgestellt, dass an der Messstelle „Lorcher Straße Gmünd“ nach „Neckartor Stuttgart“ die schlimmste Feinstaubbelastung im Land vorhanden sei, so dass den Gmündern bürokratisch höchst aufwändige Aktionspläne u.a. mit Umweltzone und Plakettenpflicht aufgezwungen wurden. Liest man nun die gestern vorgelegten Zahlen (z.B. Gesamtfeinstaubmenge in der Stadt 90 Tonnen, davon B-​29-​Ortsdurchfahrt nur 0,66 Tonnen), dann wundert man sich sehr über die damaligen Messergebnisse mit Aktionismus der Ministerialbürokratie. Und: Angesichts der Darstellung einer vermeintlich so geringen Belastung durch die Tunnelabluft scheint der Bau des gewaltigen Abluftwerks im und auf dem Lindenfirst doch völlig unnötig. Denn das „bisschen Dreck“ bräuchte man mit einem solchen Investitions– und Betriebsaufwand nicht an den Himmel über die nördlichen Stadtteile und Mutlangen blasen, sondern eine Entlüftung wäre über die beiden Tunnelportale und Direktkamine im Talkessel doch völlig ausreichend. Der anschaulichste Vergleich dessen, was da nun mit Uralt-​Technik passieren soll, ist immer noch der: Welche Hausfrau bzw. Hausmann würde wohl im Wohnzimmer den Staubsauger in Gang setzen, auf einen Staubbeutel verzichten, um zwecks besserer Verteilung des Drecks die Luft nur hinauf in die Schlafzimmer pusten. Und die deutlichste Warnung zum Kern des Problems war schon bei verschiedenen Veranstaltungen aus berufenem Munde des Lungenfacharztes und Arbeitsmediziners Dr. Freibott (Stauferklinikum) zu hören: Der Bau des modernsten und teuersten Straßentunnels Deutschlands ohne Gesundheitskomponente Feinstaub– und Abgasfilter würde allen Bestrebungen und Bemühungen des aufgeklärten Gesundheitsschutzes widersprechen. Oder passiert wieder das: Statt bei uns werden solche Technologien in Japan oder China umgesetzt und dann exportiert? Wir hören heute schon den Katzenjammer der deutschen Politik.

Heino Schütte

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