Der Bundesvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen, Cem Özdemir, zu Gast in der Ditib-Gemeinde
In der heißen Phase des Landtagswahlkampfes ging es gestern beim Besuch des Grünen-Politikers Cem Özdemir bei der Ditib-Gemeinde um Atomkraftwerke, Bildungspolitik und Kopf– tücher, aber eben auch um die Frage, warum der Moscheebau in Gmünd auf so große Akzeptanz stößt.
Donnerstag, 24. März 2011
Rems-Zeitung, Redaktion
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Unter anderem ging er auf die doppelte Staatsbürgerschaft und die für den westlichen Balkan, nicht aber für die Türkei aufgehobene Visumspflicht ein. Für die Grünen, so Özdemir sei nicht wichtig, „wo die Menschen herkommen oder wie reich ihre Eltern sind, sondern allein, wo sie hinwollen“. Nach einem flammenden Appell, das Wahlrecht auszuüben — „in anderen Ländern kämpft man dafür und ein Rechtsstaat ist immer nur so gut, wie die Menschen, die ihn ausmachen“ — stellte sich der Bundespolitiker den Fragen der Versammlung. Er begründete die Notwendigkeit eines Atomausstiegs und bezichtigte die Regierung der Lüge: „Es gibt keine Stromlücke, trotz abgeschalteter Kraftwerke exportieren wir noch immer Strom.“ Dringend notwendig sei eine Änderung des Bildungssystems — hier habe es große Versäumnisse gegeben. Özdemir sprach von der notwendigen Vereinbarkeit von Beruf und Familie; die „Herdprämie“ müsse gestrichen werden, sie sei in den Kindertagesstätten besser aufgehoben. Auch Ganztagesschulen waren ihm wichtig: Kein Kind dürfe die Schule ohne ein gesundes Essen und erledigte Hausaufgaben verlassen: Ob die Eltern bei den Hausaufgaben helfen können, dürfe nicht darüber entscheiden, welche Chancen ein Kind habe. Wenn Kinder bereits nach der vierten Klasse getrennt würden, entscheide allein die Herkunft, nicht die Begabung. Deutschland, das dringend Akademiker benötige, könne sich so viele „Bildungsverlierer“ nicht leisten. Özdemir appellierte an die Ditib-Gemeinde, unbedingt darauf zu achten, dass auch die begabten Töchter das Gymnasium besuchen dürften. Beim Kopftuch gelte schlicht der alte Satz, nicht was auf dem Kopf, sondern was im Kopf sei, entscheide.
Als Marianne Späh ihn bat, für humanitäre Hilfe Deutschlands in Libyen einzutreten, respektierte Özdemir deren Pazifismus. Mit scharfer Kritik am derzeitigen Kurs der Bundesregierung verlangte er aber auch, „dass respektiert wird, wenn ich nicht nur zuschauen will, wenn ich nicht zulasse, dass Menschen vergeblich auf Hilfe warten.“
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