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Nachrichten Schwäbisch Gmünd

Gleichstellungstag: Viele Menschen versammelten sich auf dem Johannisplatz, um zu verdeutlichen, was es heißt, eine Gemeinschaft zu sein

„Inklusion beginnt im Kopf.“ Das war das Motto des Gleichstellungstages auf dem Johannisplatz. Doch Moderator Ralf Tödter meinte gleich zu Anfang, dass Inklusion, also „Einbeziehung“, vor allem im Herzen beginne und sprach damit im Namen vieler Beteiligter.

Freitag, 06. Mai 2011
Rems-Zeitung, Redaktion
3 Minuten Lesedauer

Von Diana Guss
SCHWÄBISCH GMÜND. Der Tag wurde begleitet von festlicher Musik, leckerem Essen und einer ganz besonderen Attraktion in Form eines Dunkelcafés.
Lautes Geklatsche, tosender Applaus und eine jubelnde Menge. So sah gestern Mittag der mit vielen Menschen gefüllte Johannisplatz aus, als die Band der Martinus-​Schule ihre musikalische Begrüßung beendet hatte.
Viele Menschen hatten sich an diesem Tag versammelt, um zu verdeutlichen, dass wir in einer Gemeinschaft mit den Behinderten leben und uns für deren Rechte einzusetzen haben. Ist es schließlich nicht so, dass es die Sehbehinderten gewesen sind, die uns die Augen geöffnet haben? So meinte es zumindest Oberbürgermeister Arnold in seiner Begrüßungsrede und kündigte gleich noch mehrere Dinge an. Um 16 Uhr sollte im Rathaus eine Finissage stattfinden, wobei der Erlös der zu jeweils 100 Euro verkauften Bilder einer Spende zugutekommen sollte. Des Weiteren folgte die Bekanntgabe des neuen und behindertengerechten Stadtplans, der später neben der Bühne zu begutachten war. Er zeigte alle Tücken in Form von Zeichen auf, die den Behinderten in der Stadt begegneten, wie beispielsweise Toiletten, Unterführungen und Treppen.
Zudem wurde ein Ferienprogramm angekündigt, bei dem Kinder mit und ohne Behinderung die Möglichkeit haben werden, zusammen zu kochen, Sommercocktails zu mixen und einen Ausflug in die Wilhelma zu unternehmen. Außerdem meinte Arnold, dass der Tennisverein in Kooperation mit der Klosterschule und der Martinus-​Schule vorhabe, einen Probetag mit behinderten Kindern zu veranstalten, an dem ihnen die Möglichkeit geboten wird ihre Tenniskünste unter Beweis zu stellen, woraufhin er gerne willens war, den Schirm des Schirmherrn entgegenzunehmen.
Für Unterhaltung sorgten an diesem Nachmittag der Grundschulchor der Stauferschule mit dem dritten Streich von Max und Moritz, die Trommelgruppe Waldstetten mit einem imaginären Rundgang durch die Gmünder Baustellen, ein Stück der Theatergruppe „Eigensinn“, eine Jazztanzgruppe und ein selbsterfundener, indischer Tanz, welcher von den Tänzerinnen ohne jegliche Hilfe einstudiert wurde.
Das absolute Highlight des Mittags waren jedoch die Lieder der Gruppe „Tiramisu“, welche den Zuschauern ein lautes „Zugabe!“ entlockten.
Die Hauptattraktion dieses Tages war natürlich das Dunkelcafé im Prediger. Zuerst hielt Rotraut Klingner eine kleine Ansprache und lud in das Café. Hier wurden in einem Abstand von 20 Minuten – man wollte den Effekt bewahren – Gruppen mit maximal zwölf Personen gleichzeitig in einen von Licht völlig abgeschirmten Raum geladen und mussten sich in der Dunkelheit mit einem Taststock als einziger Hilfe zurechtfinden. Der Trost: Der Raum ist ein Café, in dem es Café, Kuchen und andere Leckereien zu holen gab. Doch auch hier trat wieder ein Problem auf, denn der Café musste, bevor er getrunken werden konnte, selbst eingeschenkt werden.
Doch die BG-​Leiterin hatte einen passenden Tipp parat: „Halten sie einfach einen Finger an den Rand der Tasse, dann wissen sie, wann sie voll ist.“ Zudem standen zu Klingners Tipp noch ein paar Sehbehinderte in dem Raum zur Verfügung, die jederzeit gerne Ratschläge erteilten. „Das ist nur was für Mutige“, meinte Klingner zu ihrem Versuch, „Handgriffe, die als selbstverständlich gelten, können plötzlich zu einer Herausforderung werden.“ Selbst die Wartezeit, die aufgrund des 20 minütigen Einlasses erfolgte, war kein Problem.
Auch hier hatte man für Unterhaltung gesorgt. An dem Tisch von Erika Nothdurft waren zahlreiche Blindenschriften und Alphabete zu finden. Nachdem man diese, mit der Hilfe von Nothdurft studiert hatte, konnte man versuchen, verschiedene Texte zu entziffern. Die Fachfrau selbst meinte zu ihrer Blindheit: „Ich bin geburtsblind, daher macht mir die ganze Sache nichts aus. Ich kenne es nicht anders. Leute jedoch, die zu Lebzeiten erblinden oder noch einen Sehrest haben, haben es schwerer, da sie auf diesen angewiesen sind oder sich immer noch an die Zeit erinnern, in der sie noch nicht blind waren.“
Für die, die auf das Risiko verzichteten, sich im Dunkeln was zu brechen, standen Plakate zur Verfügung, auf denen man seine Kommentare zum Thema „Behinderung“ aufschreiben durfte. Eine Person beispielsweise schrieb: „Sie sind intelligente und kluge Menschen, die Unterstützung brauchen“, was auch der generellen Meinung aller entsprach.
Der Schlüssel, der vorgestellt wurde, war kein gewöhnlicher. Gesprochen wird von einem speziellen Toilettenschlüssel, der für das Öffnen von Blindenklos zuständig ist. Das hat den Vorteil, dass die Besitzer diesen nun nicht mehr länger holen und nicht mehr so lang anstehen müssen. Dies ist der Anfang des Wegs zu einem barrierefreien und behindertenfreundlichen Schwäbisch Gmünd.

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