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Der beste Nachwuchs-​Landschaftsgärtner des Landes kommt aus Heuchlingen – und freut sich auf die Deutsche Meisterschaft

Er ist Baden-​Württembergischer Meister der Landschaftsgärtner und hat sich für den Bundesentscheid qualifiziert. Klar freut ihn das. Doch ungleich wichtiger ist für Johannes Gaugel, dass er den richtigen Beruf gefunden hat.

Freitag, 24. Juni 2011
Rems-Zeitung, Redaktion
3 Minuten Lesedauer

HEUCHLINGEN (bt). Am Eröffnungstag der Gartenschau in Horb traten die sechs besten Nachwuchsteams des Garten– und Landschaftsbaus gegeneinander an. Sie hatten nur sieben Stunden. Und im Prinzip durfte gar nichts schief gehen. Nun fanden sich aber viele hundert Hobbygärtner ein, die kommentierten, Ratschläge gaben, Witze rissen. Irritiert das nicht? Johannes Gaugel hat das gar nicht mitgekriegt. Er hat gearbeitet. Nur einmal gab’s bewussten Austausch mit dem Publikum – als sich seine Berufsschulklasse meldete, die diesen Tag für ihren großen Ausflug genutzt hatte. Das kostete keine Zeit, keine Nerven. Im Gegenteil: So wie sich Sportler freuen, wenn sie im Wettkampf angefeuert werden, gab das noch ein Quäntchen Energie und Freude. Das Gefühl: Ich kann’s und es wird gut.
Einfach war es nicht, in nur sieben Stunden auf neun Quadratmetern eine Schnecke aus Natursteinband anzulegen, zudem eine Natursteinmauer – und das bedeutet, dass jeder einzelne Sandsteinquader zurecht geschlagen werden muss –, und dann auch noch die Bepflanzung bis hin zu den Bodendeckern stemmen. Einfach sollte es ja auch nicht sein, immerhin mussten die Sieger so souverän und überzeugend sein, dass sie das Land im Bundeswettbewerb nicht blamieren.
Johannes Gaugel ist 23 Jahre alt, ein Heuchlinger. Als Bub war er viel mit dem Vater im Wald unterwegs, vielleicht hat ihm das ein Gefühl dafür gegeben, was sich richtig anfühlt und gut tut. Über die Familie seiner früheren Freundin kam er zum Gartenbau. Begonnen hat alles mit einem Ferienjob und dem Gefühl, am Abend zu wissen, zu sehen, was „geschafft“ worden war. Dieses erste sechswöchige Schnuppern sah ihn vier Wochen lang auf einer Baustelle in Mutlangen. Die Familie, erzählt er, freute sich unglaublich daran, den Garten buchstäblich wachsen zu sehen. Eine Holzterrasse entstand, Wasserspiele und eine Wasserrinne durch den Garten, und als dann ganz zum Schluss der Rollrasen ausgelegt wurde, war nicht klar, wer sich mehr daran freute – die, die ihn sich gewünscht hatten, oder der, der zum allerersten Mal wusste: „Das haben wir gemacht“.
Johannes Gaugel ist ein guter Fußballspieler. In der Bezirksliga ist sein Name ein Begriff. Seit diesem Sommererlebnis verbrachte er freilich mehr und mehr seiner Ferientage und seiner Samstage beim „jobben“: „Es hat einfach Spaß gemacht.“ Aber war Gartenbau zukunftsträchtig? Was, wenn er’s irgendwann bedauerte? Er studierte also zwei Jahre Maschinenbau in Karlsruhe, bis er es nicht mehr aushielt, hinschmiss und das für ihn Richtige tat. Schwere Steine tragen, jedem Wetter ausgesetzt sein, schmutzig, müde, in der Erde wühlen. Aus ganzem Herzen ja sagen zu diesem Beruf, denn es hieß auch, Pläne zu machen, etwas wachsen zu sehen und alles nur mögliche zu nutzen, um einem Stück Land gerecht zu werden. Abends zurückzublicken und zufrieden zu sein. Für diesen Traum, sagt er, hatte er nach einem von mehreren Praktika den idealen Ausbilder gefunden, Klaus Gröning in Göppingen. Hier lernte er, wie viel Freude es macht, frei zu gestalten, aber auch, nach andrer Leute Plan vorzugehen und zu sehen, wie sich ein Stein an den anderen fügt. Natürlich gibt es nicht nur Sternstunden. Es kommt vor, dass eine maßgenau geschnittene Platte eben doch nicht passt und die Baustelle deshalb nochmal in Angriff genommen werden muss. Dass sich Auftraggeber plötzlich eines anderen besinnen. Aber bereut hat er seine Berufswahl noch nie.
Sein Partner beim jüngsten Erfolg, Micha Schade aus Hardthausen, wurde ihm zugewiesen – die beiden kannten einander nicht, geschweige denn, dass sie bereits miteinander gearbeitet hatten. Dass sie sich, nachdem sie sich nur einmal getroffen hatten, so gut ergänzten, kann nur als Glücksfall bezeichnet werden. So waren sie sich sehr schnell einig, wie sie ihr Gartenstück anlegen wollten, dass sie etwa ein Mosaikpflaster legen würden, weil das „Ruhe reinbringt“ und „fürs Auge angenehm ist“. Die sechs bei überbetrieblichen Lehrgängen ausgewählten Teams aus ganz Baden Württemberg traten gegeneinander an, kämpften gegen Zeitnot und die Tücken des Materials, gegen Müdigkeit und Erschöpfung. „Ich hätte nie gedacht, dass wir gewinnen würden“, erklärt der junge Heuchlinger.
Wenn er demnächst seine Ausbildung abschließt, will er Erfahrungen sammeln, mehr lernen, anderes lernen — zunächst im Heuchlinger Betrieb, in dem er immer ausgeholfen hat. Klaus Gröning reagierte mit Verständnis auf diesen Wunsch und lässt ihn ziehen.
Irgendwann kann sich Gaugel den Schritt in die Selbständigkeit vorstellen; wie sehr er sich wünscht, in irgend einer Form in die Arbeiten rund um die Gmünder Gartenschau eingebunden zu werden, lässt sich denken. Vorläufig jedoch freut er sich auf die Deutsche Meisterschaft, die im Herbst im Rahmen der Bundesgartenschau in Koblenz stattfindet.

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